Springflut – Staffel 2: Die dritte Stimme

Die Scandic Noir Serie „Springflut“ um die junge Polizistin Olivia Rönning geht in die zweite Staffel. Auch in dieser Ermittlung geht es sehr persönlich zu: Nach einer Reise findet Olivia ihren Nachbar aufgehängt vor. Auch die zweite Saison des erfolgreichen Formats basiert auf einer Romanvorlage des Autorenpaars Cilla und Rolf Börjlind, die zudem erneut für das Drehbuch zur Serie sorgen. Nach der Ausstrahlung als ZDF-Sonntagskrimi erscheint „Springflut“ Staffel 2 nun bei Edel:Motion auf DVD für das Home-Entertainment.

Die Handlung in der zweiten Staffel von „Springflut“ ist in sich abgeschlossen und ohne Vorwissen und Kenntnis der vorangegangenen Ermittlung verständlich, nachvollziehbar und sehenswert. Vielleicht trägt es aber zu deutlich mehr Unterhaltungswert bei, wenn man das Personal dieses Thriller-Formats bereits kennt. Das Autorenpaar Cilla und Rolf Börjlind legt großen Wert auf die Entwicklung der Figuren.

Sowohl in der ersten Staffel von „Springflut“ als auch in der vorliegenden zweiten sind die Ermittler auch persönlich betroffen, machen private Höhen und Tiefen durch und sind emotional in die Verbrechen involviert. Wenn man als Zuschauer und/oder Leser verfolgt hat, woher die Charaktere kommen, ist das schon sehr interessant und eine der großen Qualitäten, wenn nicht ein Alleinstellungsmerkmal der Thriller-Serie „Springflut“.

Nun aber hinein in die Handlung: Gerade erst aus Mexiko zurückgekehrt, findet Olivia Rönning (Julia Ragnarson) den Zollbeamten Bengt Sahlmann aufgehängt in seinem Vororthaus. Olivia bezweifelt, dass es sich um Selbstmord handelt, auch weil Bengts jugendliche Tochter Sonja behauptet, der Laptop ihres Vaters würde fehlen. Als kurz darauf in Marseille eine übel zugerichtete weibliche Leiche gefunden wird, machen sich Abbas (Dar Salim) und sein Freund Tom Stilton (Kjell Bergquist) auf dem Weg nach Südfrankreich. Stilton ist ehemaliger Polizist, der einige Jahre obdachlos war und nun in einem Haus in den Schären an Schwedens Küste lebt. Es stellt sich heraus, dass die Tote eine Bekannte aus Abbas früherem Leben als Zirkusartist ist. Eventuell gibt es in den Ermittlungen auch eine Verbindung nach Schweden.

Oliva hat ihrer befreundeten Kommissarin Mette (Cecilia Olstätter) die Zweifel an Bengts Ableben mitgeteilt und nun untersucht die Polizei den Tod. Während die Ermittler auf eine Verbindung zum Drogenschmuggel stoßen, scheint Olivia auch der Tod von Bengts Vater mysteriös. Sandras Großvater war in einem Altenheim, das zu einer Kette von Pflegeeinrichtungen gehört, plötzlich verstorben und die Heimleitung reagierte abwehrend auf Nachfragen.

Auf den ersten Blick haben die Verbrechen und Entwicklungen in der zweiten Staffel von „Springflut“ wenig mit einander gemeinsam. Wer jedoch schon die eine oder andere Thriller-Serie gesehen hat, weiß, dass das Handlungspanorama breit gespannt werden muss, bevor sich die Atmosphäre aufbaut und die Spannung angezogen werden kann, um die losen Enden zu einem Knoten zu verdichten, der dann von den Ermittlern entwirrt werden muss. Keine Frage, die Björlinds sind als Thriller- und Drehbuchautoren Meister ihres Faches und die Kriminalhandlungen überzeugen.

Allerdings geht es auch genreüblich düster, brutal und abseitig zu. Ein wenig Sozialkritik darf auch dieses Mal nicht fehlen und der Handlungsstrang, der sich mit den Altenheimen befasst wird auf privater Ebene von Mettes Gesundheitszustand flankiert. Vor allem, weil gerade ein ungeliebter Kollege mit der Aufgabe betraut ist, die Polizei zu „verjüngen und zu veredeln“, Mette nun nahezulegen, über eine Pensionierung nachzudenken. Das kränkt die ambitionierte Kommissarin. Die anderen bekannten Hauptfiguren haben ebenso ihre privaten Päckchen zu tragen. Als Tom Stilton wieder in die Stadt zieht, lernt er eine attraktive Frau kennen.

Es sind diese privaten Momente, in denen die Figuren in „Springflut“ ganz bei sich sind und in denen sich das große Drama, das sich hinter den Thriller-Motiven verbirgt, seine Wirkung entfaltet. Die Brutalität und Verruchtheit der Verbrechen wird in der Serie immer wieder eng mit der Betroffenheit und Entschlossenheit der Polizisten und ihrer Freunde gekoppelt, so dass es zwar ein düsteres, aber kein hoffnungsloses Bild auf die Gesellschaft wirft. Wahrscheinlich ist genau das das Erfolgsrezept der Rönning/Stilton Romane. Fans dürfen also darauf hoffen, dass es noch weitere Staffeln geben wird, bislang sind ja erst zwei der fünf Bücher verfilmt, die in Deutschland bei btb verlegt werden.

Wer mit der ersten Staffel von Rönning und Stiltons Ermittlungen gut unterhalten wurde, der kann erneut bedenkenlos zugreifen. Die Markenzeichen dieser Ermittler haben sich nicht geändert, und gegenüber anderen Nordic Noir Formaten setzt „Springflut“ deutlich eher auf Charakterentwicklung und -tiefe als auf Spannung. Das ist keineswegs nachteilig und entwickelt sehr eigene Qualitäten – und starke Figuren.

Serien-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Springflut Staffel 2
OT: Springfloden – räla 2
Genre: Thriller, Krimi, TV-Serie
Länge: 450 Minuten (5 x 90 Minuten)
Idee, Drehbuch & Romanvorlage „Die dritte Stimme“: Cilla Börjlind, Rolf Börjlind
Regie: Niklas Ohlson, Pontus Klänge
Darsteller: Julia Ragnarson, Kjell Bergqvist, Dar Salim, Cecilia Nilsson
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Edel: Motion, ZDF Enterprises
DVD- & BD-VÖ: 08.11.2019