Mit dem russischen Blockbuster „Salyut 7“ veröffentlicht Concorde Home Entertainment nun ein Weltraumabenteuer, das auf historischen Fakten beruht und vor allem mit seinen detailreichen Sequenzen im All zu überzeugen weiß. Dass bei der aufwändigen Produktion schon mal die Story hinterherhinkt ist keine russische Besonderheit, sondern leider weit verbreitete Praxis im Filmbusiness: je teurer die Optik, desto mehr wird am Script gespart. Aber „Salyut 7“ sorgt für kurzweilige Unterhaltung.
Im Jahr 1985 gerät die sowjetische Raumstation „Salyut 7“, die letzte dieser Baureihe zu Zeiten der UdSSR, außer Kontrolle. Durch einen Defekt ist die Station nicht mehr steuerbar und sendet auch keine Daten mehr. Dem Kontrollcenter in Baikonur bleiben nur zwei Optionen, entweder wird die Raumstation abgeschossen, oder man startet den Versuch einer Reparatur.
Beides birgt Risiken, aber bevor die US-Amerikaner ihre Challenger-Mission ins All schicken, muss die Sache geregelt sein. Deren Raumfähre hat nämlich zufälligerweise das Fassungsvermögen, um „Salyut 7“ zu bergen. Ein Andockmanöver der eigenen Raumfähre ist allerdings höchst gefährlich, denn die Raumstation rotiert in mehreren Achsen um sich selbst und das Andocken müsste unter Hochgeschwindigkeit im Orbit manuell geschehen.
Wie sich herausstellt ist keiner der ausgewählten Kosmonauten im Simulator in der Lage, das Andockmanöver erfolgreich auszuführen. Die beste Option ist ausgerechnet der ausrangierte Kosmonaut Vladimir Dzhanibekov (Vladimir Vdovichenkov). Nach seiner letzten Raummission hatte er behauptet, Lichter gesehen zu haben, und war vorerst nicht für weitere Missionen vorgesehen. Zusammen mit dem Ingenieur Viktor Savinykh (Pavel Derevyanko) mit dem Raumschiff Sojus T13 machen sich die beiden Kosmonauten auf den Weg zur Raumstation.
Als Zuschauer sollte man sich nichts vormachen; zwar beruht der Film „Salyut 7“ lose auf den Fakten der damaligen Rettungsmission, die als einer der Meilensteine der bemannten Raumfahrt gilt, aber so freizügig wie der russische Blockbuster mit den Fakten und den Charakteristika der Figuren umgeht, handelt es sich um ein klassisches Abenteuer-Drama, das kaum als Anschauungsmaterial einer Geschichtsstunde dienen kann.
Überhaupt fällt der russische Blockbuster „Salyut 7“ im direkten Vergleich mit ähnlichen amerikanischen Filmen wie „Mission to Mars“, „The Right Stuff“ oder „Apollo 13“ nur hinsichtlich der Starpower ab, da die russischen Darsteller hierzulande kaum bekannt sind. Die beiden Hauptdarsteller waren auch hierzulande schon vor der Kamera zu sehen: Vladimir Vdovichenkov brillierte in dem hochgelobten Arthaus-Drama „Leviathan“ und Pavel Derevyanko spielte unter anderem indem Kriegsdrama „Sturm auf die Festung Brest“.
Regisseur Klim Shipenko hat es vor allem auf spektakuläre Weltraumaufnahmen und die akribische Darstellung der Schwerelosigkeit in der Raumstation abgesehen. Die Story bleibt da schon mal im Genreüblichen stecken, präsentiert echte Kerle als Helden der Arbeit, die mit viel Nationalstolz zu Werke gehen, von denen aber der Pilot zumindest auch ein bisschen mondsüchtig wirkt und nach seinem ersten Ausflug ins All auf der Erde keinen Fuß mehr auf den Boden bekommt. Sinnbildlich nicht nur die Szene, in der Vladimir gedankenlos den Aschenbecher vom Balkon fallen lässt, weil er die Schwerkraft vergessen hat. Ebenso dramaturgisch herkömmlich, die Fahrkünste Viktors zu demonstrieren. Während der ehemalige Kosmonaut mit seinem Auto beinahe in Selbstmordabsicht über die Piste jagt, mühen sich seine Kollegen am Simulator mit dem notwendigen Andockmanöver.
Den Gegenpart im Kosmonautenduo von „Salyut 7“ bildet der junge Ingenieur Viktor, der demnächst zum ersten Mal Vater wird und die Raumstation einst mitentworfen hat. Im Orbit und bei der Rettung der Raumstation sind seine Experimentierfreudigkeit und sein Einfallsreichtum gefragt, und so wird im wortwörtlichen Sinne am Ende doch noch der Hammer herausgeholt.
Vor allem bei den technischen Details der Raumstation hat die CGI-Abteilung des Films ganze Arbeit geleistet und Raumfahrt-Nerds werden ihre helle Freude an der Optik und an der liebevollen Hommage an diese Technik haben. Das filigrane Ballett des kaum möglichen Andockmanövers ist nicht nur ein Spannungshöhepunkt des Films, sondern auch eine der überzeugendsten Sequenzen.
Auch bei der Darstellung der Schwerelosigkeit hat man sich Einiges einfallen lassen und durch dauernde Kamerabewegung, Darsteller, die an Seilen hängen, und ständig durchs Bild gleitende Gegenstände wirkt die Situation in der Raumstation ebenso fantastisch wie organisch. Da kann sich so mancher US-amerikanischer Weltraumfilm eine Scheibe abschneiden.
Das dramatische russische Weltraumabenteuer „Salyut 7“ hat zwar einige dramaturgische Längen, die sich aus der handelsüblichen Art der Darstellung ergeben, aber in Hinblick auf die Schauwerte und die effektive Tricktechnik ist „Salyut 7“ absolut empfehlenswert.
Film-Wertung: (7 / 10)
Salyut 7 – Tödlicher Wettlauf im All
OT: Salyut 7
Genre: Abenteuer, History, Science-Fiction
Länge: 119 Minuten, RUS, 2017.
Regie: Klim Shipenko
Darsteller: Vladimir Vdovichenkov, Pavel Derevyanko
Extras: (ca 30 Min.), Making of, Featurettes, Trailer
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Concorde Home Entertainment
DVD- & BD-VÖ: 22.03.2018