Mit der ebenso epischen wie actionreichen Wikinger-Saga „Karl der Wikinger“ hat Panini Comics Ende Juli 2017 ein Kleinod der Comicgeschichte auf den deutschen Markt gebracht. Die Wikinger-Stories aus den 1960ern wären bestimmt auch in der Versenkung verbleiben, wäre nicht der englische Comic-Künstler Don Lawrence für das Artwork zuständig gewesen. Der Schöpfer von „Storm“ und „Trigan“ ist bei „Karl“ schon auf der Höhe seines zeichnerischen Könnens.
Während eines Raubzuges der Wikinger nach Britannien wird ein Säugling aus Respekt vor der Tapferkeit von dessen Vater verschont. Der Wikinger-Häuptling Eingar nimmt den Jungen, den er Karl nennt, als Sohn bei sich auf. Trotz einer britannischen Amme wächst Karl wie ein Wikinger auf.
Die Story
Karl ist bereits ein junger Mann, als Eingar von einem Raubzug nicht wieder zurückkehrt. Die Wikinger brauchen einen neuen Anführer. Karl ist allerdings nicht der einzige Bewerber. Auch Skurl will Häuptling werden und nicht jeder der Nordmänner sieht Karl als echten Wikinger an. Der Rat entscheidet, dass derjenige der neue Anführer wird, der Eingars Schwert findet und nach Hause bringt.
Der englische Comic-Künstler Don Lawrence hat mit seinen fantastischen Helden und Welten, die er in „Trigan“ und “Storm“ zum Leben erweckte, Comic-Geschichte geschrieben. Lawrence ist sicher einer der einflussreichsten Comic-Zeichner seiner Zeit gewesen. Don Lawrence hat einen ziemlich einzigartigen Stil entwickelt, den man sofort wiedererkennt. Daneben haben auch seine filigrane Art und Weise der Kolorierung dazu beigetragen, seine Comics so beliebt zu machen.
Die Zeichnungen
Bei „Karl, der Wikinger“ bleibt das Artwork freilich in Schwarzweiß gehalten. Allerdings lässt sich Lawrence schon damals (1960) ziemlich ausgereifter Stil auch so schnell wiedererkennen. Die Zeichnungen sind zum Teil wirklich sehr detailliert und die actionreichen Kampfszenen kommen noch immer sehr dynamisch rüber. Der Seitenaufbau ist der Veröffentlichungsweise in einem Magazin geschuldet, das pro Ausgabe immer eine Doppelseite der epischen Geschichte um Karl erzählt. Autor dieser Abenteuer ist Ted Cowan, mit dem Don Lawrence zuvor schon andere historische Stoffe für das Lion Magazin entwickelt hat.
Und das historische Settings in diversen Serien-Formaten immer funktionieren, beweist nicht nur der TV-Serienerfolg „Vikings“ sondern jüngst auch „The Last Kingdom“, in dem die Abenteuer von Uthred erzählt werden. Basierend auf dem Romanzyklus der „Uthred-Saga“ von Bernhard Cornwell wächst auch Uthred als adoptierter Angelsachse bei den Wikingern auf.
Originale Veröffentlichung
Angelehnt an den Fortsetzungsroman in einer Tageszeitung erzählt Cowan Häppchenweise sehr lange Geschichten um Karl und die Wikinger. Dem Format ist es geschuldet, dass die Auftakt-Zeichnung jeder Episode über ein Drittel der Seite ausmacht. Sozusagen einen Establishing Shot darstellt, der ursprünglich auch noch den Titelschriftzug der Story beinhaltetet. Für die Alben-Ausgabe hat man darauf verzichtet. Logischer Weise geht es handlungsmäßig aber immer flott zur Sache. Cowan ist quasi gezwungen schnell auf den Punkt zu kommen und dem Leser auch gleich Action zu bieten. Für Lawrence eine Steilvorlage, in der er sein ganzes Können auffahren kann: Mit guten Perspektiven und ausdrucksstarken Close Ups punktet der Zeichner und schafft es immer wieder, den eigentlich eher starren Seitenaufbau ein wenig aufzulockern.
Der erste Band der Karl der Wikinger Ausgabe enthält zwei lange Stories: „Das Schwert Eingars“ und „Die lange Reise“. Während sich „Das Schwert Eingars“ noch an herkömmliche Wikinger-Geschichten hält, spielt „Die lange Reise“ auf recht abenteuerliche Weise mit Fantasy-Elementen. Die Reise bringt „Riesenechsen“ und „Indianer“ aufs Tableau und schickt die Wikinger im Prinzip ins sagenhafte goldene El Dorado. Solcherlei fantastisches Abenteuer entspricht auch immer den damaligem Zeitgeist. Vergleichbar ist das etwa mit Hal Fosters „Prince Vailant“, auf Deutsch als „Prinz Eisenherz“ erschienen. Trotz der recht statischen Bebilderung und Erzählweise kann man die Abenteuer des jungen Ritters als Vorläufer des Comics ansehen, wenn nicht gar als frühen historischen Abenteuer-Comic. „Prinz Eisenherz“ erschien ab den 1930er Jahren und erzählt von einem jungen Mann ,der ein Teil von König Artus‘ legendärer Tafelrund wird.
Zeitlose Abenteuer
„Karl der Wikinger“ funktioniert ähnlich. Die Geschichte ist durch das epische historische Setting vergleichsweise zeitlos und kann auch generationenübergreifend unterhalten. Erstaunlicher Weise waren die Comics ein ganze Weile lang verschollen. Die Bildgeschichten kursierten zuvor auch unter diversen Namen und in Deutschland wurden nur einige kurze Episoden veröffentlicht. Panini bringt also mit dem Auftakt der Albenreihe um „Karl der Wikinger“ nicht nur ein sehr gut editiertes Comic-historisches Kleinod auf den Markt, sondern quasi auch eine deutsche Erstveröffentlichung eines sehr einflussreichen und beliebten Comic-Künstlers.
Nicht nur Fans von Comic-Legende Don Lawrence und Wikinger-Fans kommen um die Abenteuer von „Karl der Wikinger“ schwerlich herum. Auch wenn die Art des Erzählens mit den Jahrzehnten etwas angestaubt wirkt, sind die Zeichnungen immer noch grandios und herausragend. Band zwei erscheint im Oktober.
Comic-Wertung: (8 / 10)
Karl der Vikinger 1: Das Schwert Eingars
OT: Karl the Viking: The Sword of Eingar, The Long Journey.
Autoren: Ted Cowan
Zeichner: Don Lawrence
Übersetzung: Kerstin Fricke, Uwe Peter
Verlag: Panini Comics, Hardcover, 96 Seiten
VÖ: 26.06.2017