Der 2010 in die Kinos gebrachte Historienfilm „Young Victoria“ zeigt die englische Monarchin mit der längsten Regentschaft in der Zeit ihrer Inthronisation und in den ersten Jahren ihrer Herrschaft. Dabei legt das romantische Drama von Jean-Marc Vallée vor allem Wert auf die romantischen Aspekte der Beziehung zu Prinz Albert inmitten politischer Ränkespiele. Das ist gelungene Unterhaltung.
Victoria (Emily Blunt) wird von ihrer Mutter, der Herzogin von Kent (Miranda Richardson), weitestgehend vom englischen Königshof ferngehalten und wächst sehr zurückgezogen im Palast von Kensington auf. Als Victoria die Nachfolge ihres verstorbenen Onkels Wilhelm IV. antritt, ist sie auf diese Aufgabe nicht sonderlich gut vorbereitet.
Der charmante Politiker und derzeitige Premierminister Lord Melbourne (Paul Bettany) berät die junge Regentin und unterstützt sie dabei, sich dem Einfluss ihrer Mutter und deren Berater Sir John Conroy (Mark Strong) zu entziehen. Die sind im Wesentlichen darauf bedacht, ihren Einfluss auf die Königin zu behalten. Daran hat auch König Leopold von Belgien (Thomas Kretschmann), Victorias Onkel mütterlicherseits, ein Interesse und schickt seinen jungen Zögling Prinz Albert (Rupert Friend) nach London, damit er die Gunst der Königin erlangt und sie ihn heiratet.
Politik durch Heirat
Und tatsächlich funkt es zwischen den beiden, allerdings anders als sich die Strategen das so wünschen: Victoria und Albert erkennen einander als Gleichgesinnte, die Schachfiguren in einem Machtspiel sind und gerne aus dieser Situation herauswollen. Vor allem Victoria hat es schwer Alberts wahre Gefühle von den Machtinteressen zu unterscheiden. Daher dauert es noch einige Jahre und politische Wirrungen, bis die Beziehung zwischen Victoria und Albert letztlich in eine glückliche Ehe mündet.
Erst kürzlich wurde auf diesen Seiten die in Deutschland gerade als DVD veröffentlichte Serie „Victoria – Staffel 1“ vorgestellt, da liegt es nahe, sich auch die bereits vorhandene Adaption des Themas in Spielfilmform noch einmal vorzunehmen.
„Young Victoria“, so der Originaltitel von „Victoria, die junge Königin“ ist trotz aller politischen Ränke vor allem eine Romanze, die sich in prunkvollen Kostümen gefällt. Nicht umsonst gab es dafür einen Oscar. Dies Hauptaugenmerk des Films wird immer wieder stimmig, wenn auch historisch nicht immer gänzlich akkurat, mit Victorias persönlicher Entwicklung und ihren Herrschaftserfahrungen verquickt, so dass ein unterhaltsamer Film dabei herauskommt.
Insgesamt kommt „Young Victoria“ dramaturgisch und von der Inszenierung ein wenig altmodisch daher, was man wohlwollend als zeitgenössisch empfinden kann. Das Drehbuch von Julian Fellowes („Gosford Park“, „Downton Abbey“) ist routiniert und stimmig, die Regie von Jean-Mark Vallée, der mit seinem 2013 folgenden Film, dem AIDS-Drama „Dallas Buyers Club“ einen mehr als beachtlichen Erfolg feierte, ist dezent und zurückhaltend.
Die anfangs unterdrückte Lebenslust der jungen Königin wirkt dabei nicht gekünstelt und Emily Blunt ( „Sunshine Cleaning“, „Looper“) verleiht der Victoria einen jugendlichen und lebendigen Charme, der so gar nichts mit dem zurückgezogen Leben der späteren Regentschaft zu tun hat.
Victoria gewinnt mit ihrer Rolle als Monarchin zunehmend an Selbstbewusstsein und diese Entwicklung wird ansprechend und emotional nachvollziehbar charakterisiert. Während das Verhältnis zur Mutter und dem schlicht cholerischen Conroy eher plakativ abgehandelt wird, werden Victorias Beziehung zu Albert und das Verhältnis zu Premierminister Lord Melbourne wesentlich subtiler dargestellt.
Wachsen mit den Aufgaben
Alles in allem ist „Young Victoria“ ein unterhaltsamer Film geworden, der zwar an der einen oder anderen dramaturgischen Zuspitzung und Verkürzung der Historie laboriert, aber den Zuschauer dafür rund 100 Minuten in eine andere Welt entführt. Auch die gelungenen Besetzung und eine überzeugende Emily Blunt tragen erheblich dazu bei, dass „Young Victoria“ so kurzweilig ausgefallen ist.
Ein wenig erinnert „Young Victoria“ an eine moderne Variante der „Sissi-Filme“. Der Vergleich liegt nahe, da auch Romy Schneider 1954 in dem Remake („Mädchenjahre einer Königin“) die junge Königin Victoria spielte. Im direkten Vergleich zur ITV-Serie kommt „Young Victoria“ (logischerweise) einfach besser auf den Punkt und wirkt als historische Unterhaltung auch reifer und erwachsener, aber Filme und Serien über das britische Königshaus ziehen beim Publikum ja eigentlich immer.
„Young Victoria“ bietet stilvolle romantische Unterhaltung mit dem notwendigen Schmachtfaktor und entführt den Zuschauer in die prachtvolle und prunkvolle Welt des britischen Königshauses. Vor allem Emily Blunt überzeugt in der Titelrolle und trägt dazu bei, dass der Film mehr ist als nur eine Modenschau.
Film-Wertung: (7 / 10)
Victoria, die junge Königin
OT: Young Victoria
Genre: Drama, Historisches, Romanze,
Länge: 100 Minuten, GB, 2009
Regisseur: Jean-Marc Vallée
Darsteller: Emily Blunt, Rupert Friend, Paul Bettany
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Alive – Vertrieb und Marketing/DVD
DVD-VÖ: 26. 06. 2013
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