Rocket Man – Der Beste aller Zeiten: Wiederholungsspiel

Gerade schickt der amerikanische Regisseur Roger Spottiswoode den Kater „Bob, der Streuner“ auf die Leinwand. Quasi parallel dazu veröffentlicht Studio Hamburg ein frühes Komödienwerk von Spottiswoode, das seinerzeit nicht einmal in die deutschen Kinos kam. Das mag daran liegen, dass „Rocket Man – Der Beste aller Zeiten“ (OT: The Best of Times“) ein typisch amerikanischer Sportfilm ist und somit zu einem Genre gehört, das hierzulande nicht sonderlich beliebt ist. Mit Robin Williams und Kurt Russel hat der Film aber zwei tolle Hauptdarsteller und einen gehörigen Schuss Humor zu bieten.
Es gibt so Flecken, die scheinen vom Schicksal zu einer Randexistenz auserkoren. Die amerikanische Kleinstadt Taft gehört wohl dazu. Obwohl hier zu Zeiten als die Stadt noch Moron hieß, Öl gefunden wurde, konnten die Einwohner daraus kein Kapital schlagen. Mitte der 1980er dümpelt Taft so vor sich hin, viele Geschäfte stehen leer und die meisten vernunftbegabten Leute wollen hier am liebsten Weg. Der Bankangestellte Jack Dundee (Robin Williams) allerdings nicht. Jack hadert aus gutem Grund mit dem Schicksal: Seit ewigen Zeiten gibt es ein jährliches Football-Spiel der Highschool-Mannschaft gegen das Team aus der großen, erfolgreichen Nachbarstadt und regelmäßig werden die Jungs aus Taft abgeledert. Nur ein einziges Mal in der Geschichte wäre es beinahe anders gelaufen: 1972- hätte nicht ausgerechnet Jack den entscheidenden Pass zum  Sieg fallengelassen.

Seitdem geht es bergab mit der Stadt, zumindest empfinden es die meisten Einwohner und vor allem Jack so. Auch der ehemalige Quarterback der Mannschaft, Reno Hightower (Kurt Russel) hat es nicht gerade weit gebracht: Reno musste den Sport nach einer Knieverletzung an den Nagel hängen und betreibt nun mehr schlecht als recht eine Autowerkstatt. Außerdem hat er Probleme mit seiner Ehefrau Gigi (Pamela Reed), die unbedingt aus der Stadt raus will. Und regelmäßig geht ihm der schuldbeladene Jack mit seinem schlechten Gewissen auf den Senkel.

Der fatale Fangfehler nagt noch immer gehörig an Jacks Selbstbewusstsein und macht ihn zum perfekten Sündenbock. So kommt er auf die fixe Idee, das Spiel mit den damaligen Mannschaften einfach noch einmal zu veranstalten. Allerdings halten das alle anderen für einen extrem schlechten Einfall, bis Jack zu härteren Methoden greift, um eine zweite Chance zu bekommen.

Roger Spottiswoodes Football-Komödie „Rocket Man“ ist beileibe kein Film, den man auf keinen Fall verpassen darf, sondern eher ein vordergründig erstaunlich typischer Vertreter amerikanischer Sportfilme. Allerdings – und da wird die Sache unterhaltsam- ist sich der Film seines Eskapismus, also seiner Realitätsflucht, durchaus bewusst und bringt das mit zwei ziemlich klugen Schauspielern fein auf den Punkt.Es macht mir nach so vielen Jahren immer noch Spaß, „Rocket Man“ zu sehen. Der zeitliche Abstand zwischen der ersten TV-Ausstrahlung und heute ist zwar etwas größer als die Zeit, die die Protagonisten zwischen den beiden Spielen hinter sich gelegt haben, aber die Größenordung kommt hin und eröffnet auch eine ganz neue Sichtweise auf den Verlauf der jeweiligen fiktiven Biographien.

In der Rückschau ist es außerdem interessant zu sehen, womit die Beteiligten sich in ihrer Karriere so abgegeben haben. Ebenso wie eine Football-Komödie ist der Film aber auch eine Kleinstadtchronik und eine Art Zeitzeugnis. Dabei geht es nicht nur um zweite Chancen, um das Hadern mit dem Schicksal, sondern auch um die unterschiedlichen Umgangsmöglichkeiten mit der Vergangenheit.

Regisseur Spottiswoode und Drehbuchautor Ron Shelton waren zwar 1986, als „Rocket Man“ gedreht wurde  – wie auch Komiker Robin Williams –schon ein paar Jahre im Filmgeschäft, aber der große Durchbruch sollte für alle noch auf sich warten lassen. Kurt Russel hingegen, hatte schon ettliches gedreht und vor allem seine ikonische Rolle als Snake „Klapperschlange“ Plisken hinter sich und ist so die perfekte Besetzung für einen ehemaligen Helden, der von altem Ruhm lebt – inclusive Bauchansatz und dreckigem Job.

Robin Williams, der 2014 viel zu früh verstarb, hatte seine Glanzrollen in „Good Will Hunting“ und „Club der toten Dichter“ noch vor sich, allerdings schon mit „Mork von Ork“ Serienerfolge gefeiert und als Titelheld in Robert Altmans „Popey“ auch gerade einen Flop an der Kinokasse zu verkraften. Es ist vor allem das leicht hysterische, komische Talent von Robin Williams, das „Rocket Man“ kurzweilig macht und über die eine oder andere Länge hinwegträgt.

Dabei hat Autor Ron Shelton („White Man Can’t Jump“, “Annies Männer”) sein Drehbuch mit vielen wunderbaren Einfallen garniert, um das typisch amerikanische Kleinstadtleben der 1980er Jahre einzufangen. „Rocket Man“ ist Sheltons zweite Zusammenarbeit mit Spottiswoode und sein erster Sportfilm. Später wird sich der Autor auch als Regisseur versuchen und dem Genre bis zur Jahrtausendwende treu bleiben. Anschließend verfasste er die Scripts für die Action-Komödien „Hollywood Cops“ und „Bad Boys II“.

Für Regisseur Roger Spottiswoode dauerte es nach „Rocket Man“ noch einige Jahre bis mit der Tom Hanks Komödie „Scott und Huutsch“ (1989) der Erfolg einsetze. Seitdem hat er etliche mehr oder minder erfolgreiche Filme gedreht wie „James Bond 007 – Der Morgen stirbt nie“, „The 6Th Day“, „Ripley Underground“ und „Die Kinder der Seidenstraße“.

Aber zurück zu „Rocket Man – Der Beste aller Zeiten“: Es dauert eine Weile bis das Komödiantische ordentlich Fahrt aufnimmt, aber spätestens wenn sich die ehemaligen Footballer im Club treffen, wird es hohgradig albern und in der Folge auch ein wenig anarchisch absurd.  Das Dauerthema des Regradierens, der erhofften Rückkehr in die eigene selige Kindheit, ist in der Kleinstadt Taft allgegenwärtig, nicht nur im Charakter des dusseligen Fängers Jack. Und die Football-Szenen am Ende des Films sind erstaunlich gelungen, auch wenn die Dramaturgie im Sportgenre häufig absehbar ist.

Wer Sportfilmen etwas abgewinnen kann wird sich mit der Football-Komödie „Rocket Man – Der Beste aller Zeiten“ gut unterhalten fühlen. Ein kluges Drehbuch, Kurt Russel und der viel zu früh verstorbene Komiker Robin Williams machen das das amerikanische Kleinstadt-Panorama unterhaltsam und sehenswert.

Film-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

OT: The Best of Times
Genre: Sportfilm, Komödie,
Länge: 100 Minuten, USA, 1986
Regisseur: Roger Spottiswoode
Darsteller: Robin Williams, Holly Palance, Pamela Reed, Kurt Russell,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio Hamburg Enterprises
Video-Premiere: Juni 1987
DVD-VÖ: 13. Januar 2017