Franks Flimmer-Fest 2010: Freitag – finale Filme

Filmfest Hamburg Logo 2010Getreu dem Motto des ersten Freitags-Films treibe ich durch meinen letzten Tag auf den Filmfest Hamburg 2010. Zwar gibt es am Samstag, dem offiziellen Abschlusstag, neben den Preisverleihungen noch jede Menge Filme zu sehen, aber ich bin schon verplant. Wie auch immer, mit „Adrift“, „Dreamland“ und „Venice“ gibt es einen poetischen und melancholischen Ausklang.

„Adrift“ (OT: „Choi voi“) beginnt mit der Heirat der jungen Vietnamesin Duyen. Doch schon während der Hochzeitsnacht wartet sie vergeblich auf die Zuneigung ihres volltrunkenen Gatten. Auch in der Folge kann der noch sehr kindliche Mann mit seiner Frau nicht viel anfangen. Durch die Freundschaft zu einer Schriftstellerin lernt Duyen schließlich jemanden kennen, der das Gegenteil ihres Gatten ist und treibt in ein erotisches Abenteuer.

Frauen in Vietnam

Bui Thac Chuyens mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichneter zweiter Spielfilm zeigt mit sehr poetischen, teilweise ikonenhaften Bildern nicht nur die Entdeckung der eigenen Sexualität, sondern auch ein vietnamesisches Frauenbild, das zwischen Tradition und Emanzipation pendelt. Der Film lässt sich treiben und webt auf  ruhige Weise viele kleine Geschichten in die Haupthandlung ein. Beizeiten wirkt das etwas verzettelt, fügt sich aber zu einem stimigen Gesamtbild.

Untermalt werden die Bilder in „Adrift“ durch einen grandiosen Soundtrack, der als vietnamesisches Pendant irgendwo zwischen Björk, Sandy Dillon und Tori Amos pendelt. Leider scheint die Musik hier nicht erhältlich zu sein. (7/10).

Irgendwie ist die Stimmung heute anders…Das Porträt über Basquiat schenke ich mir, weil ich schreiben will und muss. Ich entscheide mich am Nachmittag für die isländische Doku „Dreamland“.

Aluminiumminimum

DreamlandAusgehend von dem 2006 erschienenen gleichnamigen Buch von Andri Snaer Magnason zeigt der Dokumentarfilm Islands zerstörerische Umweltpolitik. Zugunsten wirtschaftlicher Entwicklung werden Großprojekte geplant, ressourcenintensive Industrie angesiedelt und das einzigartige Naturerbe Islands geopfert. Im Nachhinein erweist sich diese Politik als katastrophal und trug maßgeblich zum Zusammenbruch der isländischen Wirtschaft bei.

Regisseur Gudnason kontrastiert in „Dreamland“ seine grandiosen Naturaufnahmen mit Interviews und Aufnahmen aus der Geschichte Islands und schafft so einen wichtigen Film über die Mechanismen und Zusammenhänge globalen Wirtschaftens und Ausbeutung von Rohstoffen. Neu ist die Botschaft nicht, aber gut inszeniert (6/10).

Zum persönlichen Abschluss meines dritten Filmfests setze ich auf den polnischen Film „Venice“, statt mir Stephen Frears „Tamara Drewe“ anzuschauen. Der kommt sowieso am 30. Dezember in die Kinos.

Kindheitsträume und Kriegsschrecken

VeniceEndlich auch einmal mit seinen Eltern nach Venedig (OT: „Wenecji“)  zu reisen, ist die große Sehnsucht des elfjährigen Marek, doch der Ausbruch des zweiten Weltkriegs vereitelt die Reise. Statt dessen verbringt Marek den Sommer widerwillig auf dem heruntergekommenen Landsitz der Familie seiner Mutter.

Der Krieg ist nicht so schnell vorbei, wie alle hoffen, und das Landgut wird nicht nur für die Familie zum Refugium. Als der Keller überschwemmt wird, erbaut Marek dort sein eigenes Venedig. Doch auch das tröstet ihn nicht immer über die Abwesenheit seiner Eltern hinweg. Und der willkürliche Schrecken hält Einzug in die ländliche Idylle.

Jan Jabub Kolskis „Venice“ ist die Verfilmung des Romans „Ein Sommer in Venedig“ von Wlodzimierz Odojewski. Ein sehenswertes Melodram, das vom frühen Erwachsenwerden in schweren Zeiten handelt und nebenbei auch das Porträt einer Familie zeichnet (7/10).

Etwas melancholisch trete ich aus dem Dunkel des Kinosaals, beobachte das beginnende Treiben auf dem grünen Teppich; einen Hauch von Abschied in der Abendluft.

Die Top 5 des Filmfests Hamburg

Spork

1. “Spork”

2. “Poetry”

3. “Viking”

4. “Das Labyrinth der Wörter”“

5. “Rouge Ciel”