Daft Punk Unchained: Roboter im Haus

daft-punk-unchained-doku__b3Spätestens seit das französische Elektro-Duo Daft Punk bei den Grammy 2014 abräumten, braucht man die Legende der House-Musik nicht mehr große anzukündigen.  Und es passt zur Karriere der beiden Soundtüftler, dass sie auch bei den Grammys für ein Novum sorgten: Erstmals gingen fünf der Auszeichnungen an einen Act aus der Elektro-Szene.  Die Doku „Daft Punk Unchained“ blickt hinter die Kulissen und auf die außergewöhnliche Karriere des Duos, das für seine Roboter-Outfits ebenso bekannt ist, wie für die ständige Neudefinition der eigenen Musik.

Bis in die späten Neuziger Jahre hat sich die internationale Musikszene, abseits von Chansons, wenig um französische Musik geschert, dann aber ging die Post ab und plötzlich war „French House“ der Brenner auf den globalen Tanzflächen, kam sogar in den USA sogar zu MoMa-Ehren. Nacherzählt wird das unter anderem in dem französischen Spielfilm „Eden“, der 2015 in die deutschen Kinos kam.

Warum das an dieser Stelle Erwähnung findet? Weil Daft Punk, das französische Duo, das aus den Schulfreunden Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter besteht, maßgeblichen Einfluss auf die französische Techno-Szene hatten und den erfolgreichen und tanzbaren Sound entscheidend mitgeprägt haben. Die Eckdaten des Werdegangs von Daft Punk nun herunterzubeten, scheint mir überflüssig. In der zwanzigjährigen Karriere des Duos gibt es allerdings einige sehr ungewöhnliche Aspekte, die die Doku auch beleuchtet.

daft-punk-unchained-doku__b2Daft Punk haben es geschafft, die kreative Kontrolle über ihre Musik zu behalten. Vor allem der Deal mit Virgin Records brachte Daft Punk enormen Credit unter anderen Musikern und gerade in der Hip-Hop-Szene. Die absurd erscheinende Idee aus den Videoclips zum Album „Discovery“ einen fortlaufenden Anime-Film („Interstella 5555“) zu machen, hat die Band zwar fast in den Ruin getrieben, aber auch eine vielbeachtete Kollaboration mit Kazuhisa Takenouchi,  einem der großen japanischen Manga- und Animekünstler, hervorgebracht. Überhaupt sind Kooperationen mit anderen Künstlern aus unterschiedlichsten Sparten immer wieder die Impulse, die Daft Punk musikalisch weiterbringen und zugleich für eine größere Hörerschaft sorgen.

Zudem legten Daft Punk immer höchsten Wert darauf sich  musikalisch und technisch weiterzuentwickeln. Statt nach einem Albumerfolg oder Charthit gleich einen ähnlichen nachzulegen, um ordentlich abzukassieren, suchte das Duo stets nach anderen Sounds und wegen, etwas Neues zu kreieren. Zwar ist ihre Musik definitiv in der Disco-Musik der 1970er Jahre verhaftet, Daft Punk haben die Technik des Samplens beispielsweise auf ein völlig neues Level gehoben.

daft-punk-unchained-doku_b1Auch der legendäre Auftritt von Daft Punk beim US-amerikanischen Coachella-Festival 2006 zeigt, die Lust des Duos an Innovation und Performance. Die riesige LED-Pyramide, die damals die Bühne füllte ist inzwischen legendär und habe auch dafür gesorgt, dass sogar die Business-Leute aus der Rocksparte endlich staunend begriffen haben, worum der ganze „Daft Punk“ –Hype sich dreht. Gemessen daran, wie konsensfähig die Musik von Daft Punk inzwischen geworden ist, scheint an dieser Aussage etwasdran zu sein.

Am erstaunlichsten allerdings ist die Verwandlung der beiden Musiker in Roboter. Das Outfit ist inzwischen zum Markenzeichen der Musiker geworden.  Stilecht zur Jahrtausendwende, während die ganze Welt noch darauf wartet, ob der Millennium Bug tatsächlich alle Computer lahmlegt, oder doch nur ein paranoides Hirngespinst der Nerds ist,  transformieren sich Guy-Man und Thomas in Maschinen. Das mag zunächst als imageträchtiger Promotion-Gag gewirkt haben, aber die Musiker ziehen das konsequent durch und tauchen in der Öffentlichkeit nicht mehr als Personen auf. Ein Journalist bemerkt in der Doku sogar, dass in einem dreistündigen Interview nicht ein einziges Mal das Wort ich gebracht wurde. Daft Punk als Individuen ordnen sich der Musik, dem Sound unter. Und in gewisser Weise ist das auch ein Befreiungsschlag für die Musiker, denn seither haben sie als Personen öffentlichen Interesses ihre Privatsphäre wiedergewonnen.

daft-punk-unchained-doku__b4Die Musik-Doku „Daft Punk Unchained“ von Regisseur Hervé Martin Delpierre würde für die BBC produziert und lief in französischen und britischen Fernsehen als einstündiger Beitrag. Nun hat Polyband die Musikdoku auf DVD und Blu-ray mit 84 minütiger Spielzeit herausgebracht. Anzusehen mit deutscher Tonspur, die über dem Original liegt, oder (eleganter) mit deutschen Untertiteln. Dabei sind als Bonusmaterial auch noch zwei Filme enthalten, die von der dokumentarischen Machart ebenso  gut in den Hauptfilm gepasst hätten, aber die Dramaturgie gesprengt hätten. Insofern ist es gut, dass sich Delpierre entschieden hat die zwanzig minütige Sequenz über die frühen Jahre von Daft Punk und die sechs Minuten über die Entwicklung der Roboter-Helme aus der Doku herauszuschneiden. Sehenswert sind beide Beiträge allerdings trotzdem. Außerdem wird  die Edition für den Hausgebrauch von einem Poster und einem umfangreichen Booklet begleitet. Für Fans also eine lohnenswerte Anschaffung.

Von der Machart ist die Musikdoku „Daft Punk Unchained“ eher herkömmlich aufgebaut. Inhaltlich und stilistisch sorgen Montage und Stil allerdings für einen kurzweiligen und informativen Ausflug in die erstaunliche Karriere von Daft Punk. Absolut empfehlenswert.  Und egal, ob man mit der elektronischen Tanzmusik von Daft Punk etwas anfangen kann oder nicht, das Duo ist ein Phänomen, das die Musikwelt verändert hat.

Film-Wertung:8 out of 10 stars (8 / 10)

daft-punk-unchained-doku_coverDaft Punk Unchained
OT: Daft Punk Unchained
Genre: Dokumentation, Musik, Biographie
Länge: 84 Minuten, UK / F, 2015
Regie: Hervé Martin Delpierre
Mitwirkende: Thomas Bangalter, Guy-Manuel de Homem-Christo, Pharrell Williams
Bonus:  Les origines de Daft Punk, Les premiers robots, Poster, Booklet.
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Polyband, BBC Worldwide France
DVD- & BD-VÖ-Datum:    28.10.2016

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