Mit der Filmreihe „Creature Feature“ hat Koch Media so einige Trash-Perlen des Horror-Genres aus der Versenkung geholt. Nun folgt als vierter Titel der Reihe „Der Polyp – Die Bestie mit den Todesarmen“ und knüpft damit nahtlos an „Mörderspinnen“, Piranhas“ und „In der Gewalt der Riesenameisen“ an. „Der Polyp“ erinnert, für B-Movies nicht unüblich an ein erfolgreiches Vorbild, an Spielbergs Überraschungserfolg „Der Weiße Hai“. Die Tentakelschlacht nötigt dem Horrorfan und dem Filmliebhaber gleichermaßen Kopfschütteln ab und ist auf marode belanglose Art sehenswert.
Oliver Hellmann hat nicht gerade viel und auch nicht gerade hochklassige Filme gedreht. Immerhin konnte sein Regie-Debüt „Wer bist du?“ (1974) zumindest noch veritable Einspielergebnisse verbuchen, obwohl sich die Handlung wie ein müdes Rip-Off von Polanskis „Rosemary’s Baby“ (1968) anlässt. Auch egal, denn Oliver Hellman ist das Regie- und Drehbuch-Pseudonym des italienischen Filmproduzenten Ovidio G. Assonitis, der immerhin für mehr als 50 Filme verantwortlich war und in Laufe seiner Karriere in den Achtziger Jahren auch bei der legendären B-Movie Schmiede Cannon beschäftigt war. Außerdem munkelt man, dass Assonitis seinerzeit James Cameron als Regisseur von „Piranhas II“ gefeuert hat, der wiederum hat danach „Terminator“ gedreht, und den Film selbst zu Ende drehte.
Aber zurück zu „Der Polyp“: Ohne hier ins zoologische Detail zu gehen, erstmal ein Abriss der Handlung: Die sonnige, kalifornische Küstenstadt Ocean Beach lebt vom Tourismus und es steht gerade eine Segelregatta an. Just zu Beginn der Regatta, häufen sich an der Küste allerdings mysteriöse Todesfälle. Erst verschwindet ein Baby, dann ein Fischer und niemand weiß wieso. Der Journalist Ned Turner (John Huston) beginnt sich für die Sache zu interessieren. Und seine Theorie ist, das die Bohrungen der Baufirma Trojan Construction, Mister Whitehead (Henry Fonda), eine monströse Tiefesee-Kreatur geweckt haben müssen, vermutlich einen Riesenkraken.
Als die ersten Leichen dann gefunden werden, wirken sie ausgesaugt wie von riesigen Saugnäpfen und der Meeresbiologe und Tiertrainer Will Gleason (Bo Hopkins) neigt ebenfalls zur Oktopus-Theorie, aber Beweise gibt es keine. Die Baufirma gibt sich alle Mühe, ihre Verantwortung zu klären, die Polizei ermittelt fleißig und mittlerweile ist Turners Schwester Tillie (Shelley Winters) mit ihrem Sohn zur Segelregatta unterwegs. Da bahnt sich eine Katastrophe an.
Es kommt nicht von ungefähr, dass sich die Story liest wie die von „Der Weiße Hai“, der 1975 für einen riesigen Erfolg, volle Kinokassen und gleich drei Oscars gesorgt hatte. In der Bugwelle des Erfolgs kamen etliche ähnlich aufgebaute, aber bei weitem schlechter und billiger produzierte Horror-Thriller in die Kinos. Einer davon ist eben „Der Polyp“.
Man mag sich heute noch müßiger Weise fragen, warum die gestandenen Hollywood-Altstars sich für ein dermaßen durchschnittliches Drehbuch hergegeben haben, denn keiner der Auftritte, der bekannten Gesichter kann den Film wirklich zu einem besseren Niveau verhelfen. Dazu sind die Rollen zu abgeschmackt und klischeehaft. Auch der eigentliche Star des Films, der Krake oder Tintenfisch oder welche absurd-fantastische Unterart der Kopffüßler (Cepahlopoden) hier auch immer inszeniert wird, hat erstaunlich wenig Szenen. Die sind zwar ganz solide abgefilmt, aber auch nicht so wahnsinnig nervenaufreibend, dass man im Vorspann den Kameramann für die Unterwasseraufnahmen namentlich nennen müsste.
So richtig spektakulär gescheitert ist „Der Polyp“ nicht, der 1977 unter dem Titel „Angriff aus der Tiefe“ in die deutschen Kinos kam. Da gab es schon schöner gescheiterte Filme wie etwa das Wirken von Ed Wood, der seinerzeit auch mit Tentakeln experimentierte, oder auch diverse kostengünstig aufgenommenen japanische Monster Movies im Fahrwasser der „Godzilla“-Filme. Was „Der Polyp“ so außerordentlich trashig macht, ist die schlicht langweilige Inszenierung: Zu keiner Zeit kommt auch nur ansatzweise Spannung auf, die Musik ist extrem aufdringlich und kündigt scheinbare Spannung schon ewig vorher an. Keiner der Darsteller kann seine Rolle halbwegs glaubhaft rüberbringen, nicht einmal die als Scream-Queen engagierte Delia Boccardo, in der Rolle von Gleasons besorgter Lebensgefährtin.
Was bleibt also von „Der Polyp – die Bestie mit den Todesarmen“? Ein erstaunlich plausibles Lehrstück, wie man Genrefilme nicht inszenieren sollte, ein heimliches Schmankerl für Trash-Gourmets und ganz wunderbar anzuschauendes Werbematerial inklusive der Trailer, dem man aus heutiger Sicht schon von Weitem ansieht, dass man diesen Horror-Thriller meiden sollte.
Film-Wertung: (3 / 10)
Trashgrad: 80 %
Der Polyp – Die Bestie mit den Todesarmen
OT: Tentacoli
Genre: Horror, Grusel,
Länge: 97 Minuten, I/USA 1977
Regie: Ovidio G. Assonitis (Als Oliver Hellman)
Darsteller John Huston, Henry Fonda, Shelley Winters u.a. Produktion Italien/USA 1977
Extras: Trailer, Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Koch Media
DVD- & BD-VÖ: 28.04.2016