#ffhh15 Der Clan: Leichen im Keller

Das argentinische Thriller-Drama „Der Clan“ nimmt eine absurd unmenschliche Randnotiz der jüngeren argentinischen Geschichte unter die Lupe. Nach wahren Begebenheiten inszeniert Filmmacher Pablo Trapero eine verstörende Familiengeschichte aus den 1980er Jahren. In Locarno gab es dafür einen Silbernen Löwen.

Zu Beginn der achtziger Jahre hat Argentinien es schwer, nach den brutalen Jahren der Militärdiktatur eine Demokratie aufzubauen. Noch immer wirken die alten Seilschaften im Geheimen nach und die Furcht ist nicht so schnell aus dem Leben zu vertreiben.

Die Familie der Puccios scheint nach außen eine ganz normale großbürgerliche Existenz zu führen. Sohnemann Alejandro (Peter Lanzani) ist ein gefeierter Rugby-Star und Vater und Familienpatron Arquímedes (Guillermo Francella) lenkt mit ruhiger Hand die Geschicke der Familie.

Allerdings finanziert der Partiarch seine Existenz auch auf höchst kriminelle Art und Weise. Er entführt systematisch Leute und lebt von dem Lösegeld. Als ehemaliges Mitglied der Militärdiktatur weiß er sich von mächtigen Leuten geschützt.  Auch Alejandro muss bei den Entführungen mitmachen und die Aussicht auf ein eigenes Geschäft ist stärker als die Skrupel. Außerdem fordert Vater Arquímedes bedingungslose Familienloyalität ein.

Die Entführungen der Familie Puccio beruhen auf Tatsachen. Auch die beinahe systematische Art und Weise wie etliche Angehörige der ehemaligen Diktatur auf diese Weise ihr Geld verdient haben, weil sie keine Arbeit finden konnten oder wollten, ist nachgewiesen. „Der Clan“ inszeniert diese Machenschaften mit viel Zeitkolorit und einem beschwingten Soundtrack, der zwar auch das oberflächlich heile Familienleben der Puccios dramaturgisch unterstützt, aber andererseits auch seltsam entrückt, ja beinahe etwas zynisch wirkt.

Auch die Inszenierung in Rückblenden wirkt etwas gewollt, nimmt den Entführungen ihre Thrillerspannung, versucht aber gleichzeitig, den nächtlichen Überfall auf das Haus der Puccios Jahre später als Spannungs-Element aufzubauen. Das wirkt inkonsequent. Dafür kann vor allem Guillermo Francella als Familien-Patriarch und kaltherziger, brutaler Entführer beeindrucken und verleiht seinem Charakter eine dämonische, berechnende Präsenz, die durchaus auch als Ausdruck der Militärdiktatur aufgefasst werden kann. Dass Puccio seine Verbrechen bis heute leugnet, unterstreicht das.

„Der Clan“ ist ein durchaus sehenswertes Thriller-Drama nach wahren Begebenheiten. Aufgrund einiger Inszenierungentscheidungen ist „Der Clan „ allerdings „nur“ ein guter Film ist.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Der Clan
OT: El clan
Genre: Drama, Thriller, Geschichte
Länge: 110 Minuten, Arg, 2015, spanisches O mit dt. U
Regie: Pablo Trapero
Drehbuch: Pablo Trapero
Darsteller: Guillermo Francella, Peter Lanzani, Lili Popovich, Gastón Cocchiarale, Giselle Motta
Vertrieb: Prokino
Kinostart: Frühjahr 2016

Der Clan beim Filmfest Hamburg