Neubeginn allenthalben im Hause Murdock: Während die hochgelobte Netflix-Serie „Daredevil“ die ganze Story noch einmal aufrollt, steht auch in der Comic-Serie ein Neustart an. Matt Murdocks Umzug von New York nach San Franzisco. Und Autor Mark Waid, der die Serie schon vorher schrieb, sorgt nicht nur dafür, dass der Neustart an der Westküste das Niveau hält, sondern hat auch eine kurzweilige Reiseunterbrechung am Start.
Für Flugzeuge kann sich Anwalt Matt Murdock nicht begeistern und so kommt es wie es kommen muss, als er zusammen mit Kirsten McDuffie nach San Franzisko fliegt, irgendwas stimmt nicht an Bord und im Mittleren Westen ist Zwangsstopp. Aber auch einer der Passagiere ist merkwürdig und benötigt dringend Daredevils Aufmerksamkeit. Anschließende geht es mit dem Auto weiter in die neue Wahlheimat.
An der Westküste hat Matt nicht nur mit einem beruflichen Neustart zu kämpfen, sondern auch mit der Popularität, die mit dem Coming Out als Daredevil verbunden ist (nachzulesen in „Daredevil: Endspiel“). Für den blinden Anwalt eine ganz neue Situation, die nicht nur positive Seiten mit sich bringt. Vor allem muss Daredevil nun diejenigen Menschen schützen, die ihm nahestehen, damit seine Feinde diese nicht benutzen, um den Mann ohne Furcht unter Druck zu setzen.
Mark Waid entwickelt sich mit seinen Daredevil-Stories immer mehr zu einem meiner Lieblingsautoren. Trotzdem war ich gespannt, wie denn der geographische Neuanfang ausfallen würde. Die Relaunches von DC und Marvel waren ja nicht nur mit Goldstücken gesegnet und der eine oder andere meiner favorisierten Helden ist in deutlich harmloserer, weil teenie-geeignetere Reinkarnation zurückgekehrt; etwa John Constantine, der kaum noch was mit der Abgründigkeit von „Hellblazer“ zu tun hat.
Wie auch immer: Waid weiß sowohl die neue Stadt als auch den Umstand, dass Daredevil nun keine Geheimidentität mehr verbergen muss, lustvoll in die neuen Stories einzubauen. Da kommen alte Bekannte wie Owl und neue Querulanten wie Max Coleridge alias Shroud zum Einsatz, aFamiliengeschichte aus dem Hause Murdock und etliches mehr. Das wird mit Witz und Charme in intelligenten Stories umgesetzt, die sicher ebenso sehr neue (und jüngere) Leser ansprechen werden wie alte Fans.
Das Artwork stammt bei den meisten Stories von Chris Samnee, der ein wirklich tolles Team mit Ward bildet. Die Dynamik und das Panelling stimmen, man ist weit weg von den muskelbepackten Superhelden von einst oder von hyperrealistischen Darstellungen. Aber auch Peter Krause und Javier Rodriguez, der normalerweise für die Farben zuständig ist, fügen sich nahtlos in den Stil der Serie ein.
Eine Besonderheit des ersten Megabandes, beziehungsweise der neuen Serie „Daredevil (2014) ist, dass diese mit dem 50. Geburtstag von Matt Murdocks alter Ego zusammenfällt. In der Jubiläumsausgabe, die im Megaband enthalten ist, gibt es ein paar nette Schmankel zu entdecken.
Matt Murdocks Umzug von hells Kitchen an die Westküste ist ebenso gelungen wie Daredevils neue Abenteuer. Mark Waid schafft es, sowohl die Kontinuität aufrecht zu halten, als auch der Serie eine leichte Neuausrichtung zu verpassen. Leichter, beschwingter, sonniger, eben einfach typisch kalifornisch.
Comic-Wertung: (8 / 10)
Daredevil: Megaband 1 – In den Straßen von San Francisco
OT: Daredevil (2014) #0.1, 1-10, 1.50
Genre: Superhelden, Thriller
Autor: Mark Waid
Zeichner: Chris Samnee, Javier Rodriguez, Peter Krause
Farben:Javier Rodriguez, Matthew Wilson
Übersetzung: Robert Syska
Verlag: Panini Comics, Softcover, 308 Seiten
VÖ: 26.05.2015