Der französische Denker Paul Virilio ist zwar von der Ausbildung her Architekt und Urbanist, aber vor allem macht der philosophische Autodidakt mit seinen Theorien zur Geschwindigkeit und zur Moderne von sich reden. 2009 entstand eine TV-Doku über Paul Virilio, die nun in der Arte Edition bei Absolut Medien erschienen ist. Stéphane Paolis Film ist weit mehr als eine Einführung in das Denken des Paul Virilio.
In neun Kapiteln untersucht die essayistische Doku die Theorien von Paul Virilio und gleicht sie mit unserer modernen Welt ab. Virilio ist immer auf der Suche nach den Brüchen und Gefahren des modernen Lebens. Ein Warner und Querdenker, der in der Katastrophe die Zwillingsschwester des Fortschritts sieht, die uns allerdings von den Fortschrittsgläubigen immer wieder vorenthalten wird.
Filmmacher Paoli greift die Thesen Virilios auf und untersucht beinahe reportagehaft deren gesellschaftliche Relevanz. Dazu führt der Filmmacher zudem noch Interviews mit anderen Experten wie dem Amerikaner Jeremy Rifkin oder Hubert Védrine. Das ist hoch interessant und auch nicht immer leicht zu verstehen, selbst wenn Virilios Thesen für sich gut nachvollziehbar sind.
Verständlich, wenn einem bei all dieser Informationsfülle irgendwann der Kopf raucht. Intensive Bilder werden mit streitbaren Texten versehen, die aus dem Off gesprochen, eine in sich stringente Erzählung bilden, um den Blickwinkel Paul Virilios zu veranschaulichen. Allerdings sorgen die beiden Informationsebenen zusammen für einen geradezu beispielhaften Beleg dafür, dass unser Gehirn längst überfordert ist, mit der angemessenen Verarbeitung der jederzeit und überall abrufbaren Information.
Die Doku „Paul Virilio – Denker der Geschwindigkeit“ jedenfalls will zu viel und lässt sich zu wenig Zeit, um Virilios Denken auch beim Zuschauer ankommen zu lassen. So entsteht dann eine Art Lehrstunde, die dermaßen mit Theorien, Thesen und deren vermeintlichen Belegen vollgepropft ist, dass der Zuschauer selbst kaum Gelegenheit hat, das auch zu verifizieren. Das Mitdenken, das bei diesem streitbaren französischen Philosophen durchaus lustvoll sein könnte, wird so leider vom Film selbst ausgebremst. Für eine ernsthafte Auseinandersetzung ist mehrfaches, oder auch häppchenweises Sichten angesagt, was das Medium DVD auch erlaubt.
Im Kern ist Paul Virilio – Denker der Geschwindigkeit“ eine ambitionierte Doku, die mit der Gedankenwelt des französischen Philosophen vertraut macht. Doch in diesem Fall wäre weniger mehr gewesen. Hätte Filmmacher Stéphane Paoli die Zuschauer zum Mitdenken eingeladen, statt zu referieren, die Wirkung wäre deutlich nachhaltiger gewesen.
Film-Wertung: (6 / 10)
Paul Virilio: Denker der Geschwindigkeit
OT: Paul Virilio: Penser la vitesse
Genre: Dokumantarfilm, Philosophie,
Länge: 92 Minuten, F, 2009,
Regie: Stéphane Paoli
Mitwirkende: Paul Virilio, Muhammad Yunus, Jeremy Rifkin,
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Absolut Medien, Arte Edition
DVD-VÖ: 08.05.2015