Seit einigen Jahren liegt Volksmusik wieder im Trend und hat dabei nicht mehr viel mit dem angestaubten, spießigen Image früherer Zeiten oder auch der propagandistischen Ausnutzung des Völkischen zu tun. Nun hat der Filmmacher Walter Steffen die oberbayrische Volksmusikszene unter die Lupe genommen und stellt einige ihrer Protagonisten vor. „Bavaria Vista Club“ zeigt eine lebendige Musikszene zwischen Hausmusik und alternativen Ansätzen, die mit ihrem heimatlichen musikalischen Erbe durchaus progressiv umgehen. Das ist auch für Musikfreunde außerhalb Bayerns sehenswert, auch wenn der Film dort voraussichtlich seltener in den Kinos zu sehen sein wird.
Der Akkordeonspieler und Musikhistoriker Andreas Koll hat bereits für das Trikont-Label diverse Sammlungen volkstümlicher Musik herausgegeben und weiß, dass die Wurzeln dessen, was man gemeinhin Volksmusik nennt, in ihrem alltäglichen Gebrauchswert liegen. Zur Unterhaltung, zum Tanz und zur Feierei gehört das richtige Lied! Eines, mit dem sich die Menschen auch identifizieren können. In jenen Zeiten vor den Radios war das im Wesentlichen handgemacht und von den Menschen selbst fabriziert, um sich zu unterhalten.
So hat jede Region ihre Musik und ihre bevorzugten Instrumente und eine musikalische Traditionspflege. Dass man diese auch durchaus modern aufbereiten und interpretieren kann, oder auch mit Versatzstücken anderer Volksmusiktraditionen aufpeppen kann, beweisen Musikantengruppen wie IRXN oder Zwoastoa, dass bayrisches Liedgut auch wunderbar zu Jazz und Blues passt exerzieren William und Schorsch oder die Unterbiberger Hofmusik. Etliche weitere Künstler kommen in der Doku zu Wort und ans Instrument und erzählen von ihren musikalischen Einflüssen und Ideen.
Walter Steffens Doku entlehnt ihren Namen nicht umsonst von Wim Wenders erfolgreicher Musikdoku „Buena Vista Social Club“, der seinerzeit die alten Recken des kubanischen Jazz wieder in den Fokus der Öffentlichkeit brachte. Auch „Bavaria Vista Club“ rückt eine lebendige Volksmusiktradition wieder in das Licht der Bühne. Der filmische Ansatz ist zwar nicht so weitreichend wie jener, den Arne Birkenstock und Jan Tengler 2012 mit ihrer hinreißenden musikalischen Rundreise „Sound of Heimat“ verfolgten, aber auch „Bavaria Vista Club“ hat in der eher linearen Vorstellung der Musikanten seine großartigen Momente und vor allem spannende Musik zu bieten.
Wer mit offenen Ohren durch die Lande zieht, wird an der sympathischen Musikdoku „Bavaria Vista Club“ seine Freude haben. Die vorgestellte Volksmusikszene ist keineswegs so verstaubt wie ihr Ruf. Verständlich wird auch, dass bei all dem synthetischen und auf Hittauglichkeit getrimmten Radiopop die Rückbesinnung auf heimische Musiktraditionen voll im Trend liegt.
Film-Wertung: (6 / 10)
Bavaria Vista Club
Genre: Musik, Dokumentarfilm
Länge: ca. 90 Minuten, D, 2014
Regie: Walter Steffen
Mitwirkende: Barbara Lexa, Zwirbeldirn, Andreas Koll, Max Hadersbeck
Vertrieb: Konzept und Dialog
Kinostart: 25.12.2014