Bei Universum Anime kommt ein Klassiker des japanischen Animationsfilms nun in neuem Glanz heraus. Erstmals liegt die HD-Restauration von „Akira“ auch auf deutsch und auf Blu-ray vor. Gelegenheit genug, sich noch einmal mit Katushiro Otomos Filmversion seines 2000 Seiten Mangas zu befassen, von dem das Lexikon des internationalen Films irritierender Weise meint, er sei ein „monumentalen Zeichentrick-Actionfilm mit pseudo-philosophischem Unterton“ , der „formal beachtlich“, jedoch „inhaltlich belanglos“ und „teilweise ärgerlich“ sei. (zitiert nach Wikipedia). Na denn, auf ins Neo-Tokio 2019 und in jene Belanglosigkeit, die das Genre rockte!
1988 wurde Tokio im dritten Weltkrieg durch eine Nuklearexplosion zerstört. Im Jahr 2019 ist Neo-Tokio alles andere als ein gemütlicher lebenswerter Ort. Es gibt Demonstrationen, Proteste und Krawalle, die Ordnung ist nur schwer aufrecht zu erhalten, das Bildungssystem versagt und Motorradgangs bekriegen sich auf den Straßen von Neo-Tokio. Gangleader Kaneda und seine Kumpels verfolgen eine rivalisierende Bande, die Clowns. Auch Tetsuo, den Kaneda schon seit dem Waisenhaus kennt, gehört dazu. Während die Polizei aufrückt, hat Tetsuo einen Unfall mit einem greisenhaften Kind, den beide überleben. Daraufhin erschient auch das Militär um Colonel Shikishima am Unfallort und kassiert sowohl das Kind als auch Tetsuo ein.
Bei der Suche nach seinem Freund trifft Kaneda die attraktive Kei, die einer Untergrundorganisation angehört und gemeinsam ergründen die beiden das Geheimnis um die greisenhaften Kinder und den mysteriösen Akira, der von einigen als Heilsbringer verehrt wird. Tetsuo hat nach dem Zusammenprall übersinnliche Kräfte, die er allerdings aufgrund seiner Wut nicht kontrollieren kann. An ihm werden wie zuvor an den greisenhaften Kindern Labortests durchgeführt. Das Militär fürchtet, das Tetsuo derjenige sein könnte, der Akria, ebenfalls eines jener Kinder, aufwecken könnte und damit die Zerstörung der Stadt, ja der Welt, in Gang setzt.
Ursprünglich hatte Mangaka Katushiro Otomo beim Schreiben von “Akira” nicht vor, die Story auch als Film umzusetzen. Doch der Erfolg der 1982 begonnenen Serie, die es bis 1990 auf rund 2000 Seiten brachte, führte letztlich dazu, dass Otomo seinen Manga als bislang teuerstes Anime im Film umsetzte, dafür wurden ganze Handlungsstränge weggelassen, so wie das Jahre später auch Zack Snyder bei seiner Umsetzung von Alan Moores und Dave Gibbons Comicklassiker „Watchmen“ machte, außerdem wurde die Handlung aus dem Jahr 2030 vorverlegt.
Noch heute gilt „Akira“ als einer der erfolgreichsten Animes überhaupt und die dystopische Welt von Neo-Tokio ist voller Sozialkritik, die zugegebenermaßen hinter der Action zurückbleibt; und diese Welt ist verängstigt von der spürbaren Angst vor dem Atom, die die japanische Gesellschaft nach Hiroshima und Nagasaki auf Jahrzehnte einschneidend prägte. Japan nach dem Zweiten Weltkrieg ist in der Tat eine postapokalyptische Gesellschaft, was gravierende Auswirkungen auf die Zukunftsvisionen hat, die Otomo in „Akira“ visualisiert.
Daneben gibt es in „Akira“ auch Elemente einer Coming of Age Story, sowohl von Kaneda, der sich verliebt, als auch von Tetsuo, der sich in Hass und Gewalt verirrt, und jede Menge grafisch grandios inszenierter Action in dem recht brutalen Umfeld der jugendlichen Bikergangs. Es war und ist vor allem die Aktion, die „Akira“ ausmacht und der es geschuldet ist, dass man im Westen zwar nicht erstmals, aber auf breiterer Basis begonnen hat, über Animationsfilme als Erwachsenenunterhaltung nachzudenken. Das mag auch heute noch nachwirken, wenn Pixar und Disney Animationsfilme kreieren, die zwar familientauglich, aber mit einer hohen Gag- und Detaildichte für Erwachsene massenhaft Zuschauer in die Kinos locken.
„Akira“ ist als Film nicht so grandios wie als Manga (der hierzulande bei Carlsen Comics erschienen ist), aber der Sci-Fi-Actioner bleibt stilbildend und hat nichts von seiner Relevanz verloren. Insofern wurde es auch Zeit, dass die digitale Überarbeitung, die schon ein paar Jahre auf dem Filmmarkt kursiert, auch endlich mit deutscher Sprachfassung verfügbar ist. Die Bildqualität hat sich deutlich verbessert und ist absolut HD tauglich. Zwar ist in der einen oder anderen Szene noch etwas von dem Gekritzel des Originalmaterials übrig geblieben, aber „Akira“ erstrahlt in neuem Glanz. Gelungen ist auch die Ausstattung mit mehreren Audiospuren, neben dem japanischen Original sind zwei Synchronfassungen enthalten: Jene der Kinoversion von 1991 und die, die 2005 noch einmal eingesprochen wurde. Hier ist auch der optimierte Sound zu bemerken, dem sich das Making Of widmet. Beide Synchro-Versionen haben ihre Höhen und Tiefen, ebenso wie die Untertitelung nicht immer überzeugen kann, aber das ist dann schon wieder für Puristen interessant.
Seit Jahren, ja Jahrzehnten ist von einer Realverfilmung made in Hollywood die Rede und das Projekt soll, ebenso wie eine „Akira“-Fortsetzung, noch immer in Planung sein, aber bislang gibt es nichts konkretes zu berichten. Beiden Projekten kann man als Fans durchaus kritisch gegenüberstehen. Warten wir’s ab.
Wer „Akira“ bislang noch nicht gesehen hat, kann sich auf eine großartige, actionreiche Sci-Fi-Story freuen, die anzusehen sich lohnt. Fans dürfen sich darüber freuen, dass die Überarbeitung absolut gelungen ist und die Ausstattung der Steelbox kaum Wünsche offen lässt.
Film-Wertung: (9 / 10)
Akira
Genre: Anime, Cyberpunk, Sci-Fi,
Länge: 124 Minuten, J, 1988
Manga, Drehbuch & Regie: Katushiro Otomo
FSK: ab 16 Jahren
Extras: 32-seitiges Booklet, Making Of, Animation Library, Art Works Gallery, railer, Teaser & TV-Spots
Vertrieb: Universum Anime
Kinostart: 09.05.1991
DVD- & BD-VÖ: 31.10. 2014 (Neuveröffentlichung)