The Who: Sensation – The Story of Tommy

the-who-story-of-tommy-vorFast 45 Jahre ist es nun her, dass die Rock-Oper “Tommy” veröffentlicht wurde und damit Musikgeschichte schrieb. Nicht nur eine der ersten „Rock-Opern“ überhaupt, sondern auch ein Meilenstein dieses – wenn man so will – Genres. Nachdem das Album mächtig einschlug, ließ die Filmfassung nicht lange auf sich warten und später kam noch eine Bühnenadaption dazu. „Tommy“ gehört heute längst zum Musikalischen Kanon, darf auch mal den Musikunterricht in der Schule bereichern und  brachte die britische Band „The Who“ in den Rock-Olymp. Jetzt ist eine Doku über die Entstehung von Tommy erschienen, die mit vielen Zeitzeugen die Geschichte dieses bahnbrechenden Albums beleuchtet.

Unter dem Titel „The Who: Making of Tommy“ strahlte die BBC die Doku in  einem einstündigen Format im Oktober 2013 im TV aus. Doch die Home-Entertainment-Version kommt beinahe auf die doppelte Länge. Eagle Rock Productions gibt den Fans, was die Fans wollen: 113 Minuten sprechende Köpfe, Archivaufnahmen und Hintergrundinfos zu der Entstehung des legendären Albums „Tommy.

Als die Doku gedreht wurde, waren mit Keith Moon und inzwischen auch John Entwistle zwei Mitglieder der britischen Rock Band The Who schon verstorben, aber Gitarrist und Komponist Pete Townshend und Sänger Roger Daltrey stehen Rede und Antwort, versetzen sich in die Zeit zurück und berichten von der Rockoper. Von der ersten Idee bis zur endgültigen Albumform dauerte es eine Weile und „The Who“ standen kurz vor der Auflösung.

Das bisherige Bandkonzept als Beat-Band mit Hitsingles hatte sich überholt und passt nicht mehr in den Zeitgeist. Rock-Acts waren das Phänomen der Stunde und definierten die Rockmusik in diesen Tagen, Ende der 1960er.  The Who hatten mit „A Quick One“ (1966) und „Sell out“ (1967) bereits begonnen sich als Rockband zu verstehen, allerdings versuchte man immer noch Hit-Singles zu produzieren, um die Popularität der Band aufrecht zu erhalten.

tommy-live-2006Doch so recht erfolgreich war diese Neuerfindung der Band noch nicht. Gitarrist Pete Townshend, der auch den überwiegenden Teil der Songs der Band komponierte, hatte bereits vor einigen Jahren die Idee, einen roten Faden, ein Konzept in ein Album zu integrieren. Allerdings reichte es bislang nur für „A Quick One“ eine rund 20-minütige „Rock-Oper“. Durch den Einfluss von Manager Kit Lampert reifte die Idee, das Konzept auszubauen. Townshend kam mit der Story des traumatisierten Jungen Tommy, der taub, stumm und blind ist und durch ein hartes Leben geht, allerdings eine hohe Sensibilität entwickelt und so zu einem Flipper-Ass wird. Wie viele Prominente und vor allem Musiker der Zeit wurde auch Townshend von östlicher Spiritualität angezogen und versuchte die Lehren des Guru Meher Baba in Tommy einzuarbeiten, so dass der „Held“ auch eine spirituelle Reise unternimmt.

Daltrey, der durch seine Gesangsleistung bei Tommy zu einem „Rock-Gott“ wurde, und Townshend gehen die Vorgeschichte des Albums ziemlich chronologisch an und in der Folge wird das Album quasi Song für Song abgearbeitet. Freunde und Weggefährten geben ihre Kommentare ab und Regisseur Smith kann auch noch diverse Archivaufnahmen der Zeit herauskramen. Zumeist sind es Live-Aufnahmen, die zeigen, dass „The Who“ auf der Bühne eine legendäre Energie entfalteten.

Gegen Ende der Doku geht es dann auch noch um den Einfluss des Albums, den großen Erfolg und die Verfilmung, die 1975 folgte, sowie das erfolgreiche Broadway-Musical, das in den 1990ern das Licht der Welt erblickte.

Tommy_The_MovieEs ist der nostalgische Charme, der „Sensation – The Story of Tommy“ ausmacht. Regisseur Martin Smith, setzt auf die vertraute und typische Doku-Mixtur (Talking Heads und Archiv) ohne viele Sperenzchen. Daltrey und Townshend sitzen stilgemäß (allerdings einzeln) in Studioatmosphäre herum und reden über die wilden alten Zeiten. Das ist vor allem für Fans interessant und für Leute, die sich der Rockgeschichte verpflichtet fühlen. Die rund zwei Stunden der Doku sind dann allerdings ziemlich kurzweilig. Vielleicht fehlt ein wenig der kritische Abstand und die musikhistorische Einordnung, aber dem Selbstverständnis und der Rückschau der beiden verbliebenen Rocklegenden tut das wenig Abbruch.

Bild und Tonqualität sind ohne Fehl und Tadel und das Archivmaterial fügt sich grobkörnig, aber nahtlos ein. Abstriche in der Bildqualität sind dabei selbstverständlich. Die deutschen Untertitel dieser englischsprachigen Doku sind brauchbar, wenn man von einigen wenigen Patzern absieht; so wird das Who-Album „Who’s Next“ schlicht und mechanisch als „Wer ist der nächste“ übersetzt. Aber solcherlei Unkonzentriertheiten bleiben die Ausnahme.

Als Bonus-Material gibt es noch eine halbe Stunde schwarzweiß-Aufnahmen aus der deutschen Musiksendung „Beat Club“, in der The Who Auszüge und Songs von „Tommy“ vorstellten und in Interviews über das Werk reden. Das ist mit seinen psychedelischen TV-Effekten ebenso kauzig wie kultig und für Fans garantiert ein Zugewinn.

Fazit: Die Hintergrund-Doku “The Who: Sensation – The Story of Tommy” ist sicher nicht essentiell wichtig. Viel eher gehört das Album selbst in eine gut sortierte Plattensammlung. Für Fans und Interessierte fasst „Sensation“ aber den Entstehungsprozess des legendären Albums unterhaltsam zusammen und macht deutlich, warum „The Who“ zu Weltstars und Rocklegenden wurden.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

the-who-story-of-tommyThe Who: Sensation – The Story Of Tommy
Genre: Dokumentarfilm, Musikfilm
Länge: ca. 113 Minuten, Bonus 33 Minuten
Regie: Martin R. Smith
Mitwirkende: The Who, Pete Townshend, Roger Daltrey, Christopher Stamp
Bild & Sound: 16:9; DTS-HD Master Audio, LPCM Stereo
(DVD: DTS Surround Sound, Dolby Digital 5.1, Dolby Digital Stereo)
Untertitel: Englisch, Französisch, Spanisch, Deutsch
FSK: Ab 12 Jahren
Vertrieb: Eagle Rock
DVD- & BD-VÖ: 07. 03 2014