Ist ja nicht so, dass es nicht genug Filme über die Reggae-Legende Bob Marley gäbe, aber Regisseur Kevin Macdonald gelingt rund dreißig Jahre nach dem Tod des Weltstars ein dokumentarischer Rundumschlag, der begeistert und nicht nur für Marley Fans unverzichtbar ist.
Es mag dem Team von Kevin Macdonald geholfen haben, dass man zuvor bei Ridley Scotts Youtube-Projekt „Life in a Day“ den Umgang mit Unmengen unterschiedlichstem Filmmaterial erforscht hat und die Sichtung und Konvertierung entsprechend professionalisiert hat, denn auch das Familienarchiv der Marleys ist prall gefüllt. Zwar gibt es aus den frühen Tagen des Robert Nesta Marley kaum Fotos und Aufbereitung der Familiengeschichte und der Jugend des jungen Musikers gründen sich hauptsächlich auf einige der zahlreichen Interviews, aber später entstanden Unmengen von Filmaufnahmen, vor allem Livemitschnitte, die es zu durchforsten gilt.
Und Kevin Macdonald gelingt es mit dem Archivzugang und durch die Gespräche mit Familie, Freunden und Weggefährten tatsächlich den 1981 an Krebs gestorbenen Bob Marley auf der Leinwand wiederlebendig zu machen. Das Mammutprojekt hat sich gelohnt, denn der Zuschauer und Fan bekommt auch ein Bild des Menschen hinter der Legende. Selbstverständlich steht Marleys musikalischer Werdegang im Vordergrund der Betrachtung und wird mit einigen exquisiten Variationen von bekannten Songs untermalt, doch es geht auch um Marleys Selbstverständnis als Rastafari, sein Verhalten als Familienmensch und Vater und sein Verhältnis zu seiner jamaikanischen Heimat.
Mitte der 1970er hatte sich der Marley-Clan entschieden, das vom Bürgerkrieg bedrohte, tief gespaltene karibische Land zu verlassen. Doch um später zur Einigung des Landes beizutragen, kommt Marley mit seiner Band wieder zurück und gibt in Kingston das legendäre „One Love Peace Konzert“ an dessen Ende sich die rivalisierenden Politiker Michael Manley und Edward Seaga die Hand reichen. Für Jamaika mehr als nur eine symbolische Geste.
Dass der Reggae als Musikrichtung eher zufällig entstand, ist inzwischen so etwas wie Allgemeingut doch Bob Marley hat mit seinen Songs, von denen nicht wenige Welthits wurden, ein musikalisches Erbe geschaffen, das seinesgleichen sucht. Das Erstaunliche und vielleicht Erfolgreiche dabei ist, dass der Songschreiber sich immer für soziale Gleichberechtigung und gegen Unterdrückung ausgesprochen hat. Der tiefreligiöse Rastafari wollte die Welt mit seiner Musik zu einem besseren Ort machen und das ist ihm gelungen.
Der große Verdienst der handwerklich großartigen Doku „Marley“ ist es, extrem viele Aspekte und Facetten Bob Marleys zur Geltung zu bringen und zu betrachten. Viele neue Erkenntnisse über dem Menschen hinter der Legende vermittelt „Marley“ zwar nicht, aber das Gesamtbild der Dokumentation ist informativ, umfassend, ausgewogen und hochgradig unterhaltsam.
Fazit: „Mit Marley“ ist Regisseur Kevin Macdonald erneut ein großer Wurf gelungen. Die Doku über dem Mastermind des Reggae ist für Fans grundlegend und bietet einen perfekten Einstieg, um sich mit der Faszination der Musik und der Person Bob Marleys zu beschäftigen. Dass der Soundtrack außerdem extrem gelungen ist, versteht sich dabei fast von selbst. Daumen rauf.
Film-Wertung: (8 / 10)
„Marley“
OT: Marley
Genre: Musikfilm, Dokumentation, Biographie
Länge: 145 Min., OmU, USA/GB
Regie: Kevin Macdonald
Mitwirkende: Bob Marley (Archiv), Ziggy Marley, Rita Marley, Chris Blackwell, The Wailers
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Studiocanal
Kinostart: 17.05.2012
DVD- & BD-VÖ: 21.09.2012
Weiterführende Links:
Offizielle Bob Marley Homepage
Bob Marley in der englischen Wikipedia
(der deutsche Eintrag ist nicht zu empfehlen, weil zu rudimentär)