Momentan sind ja gerade Harry Belafonte Wochen und nach dem 85. Geburtstag des Weltstars und der deutschsprachigen Veröffentlichung der Autobiographie läuft nun der Dokumentarfilm „Sing Your Song“ in den Kinos. Ebenso wie auch die Autobiographie legt die Doku den Fokus auf Belafontes politisches Wirken, doch anders als die durchaus sympathischen Memoiren, kann die biographische Filmdoku nicht überzeugen. Mit Harry Belafonte und seinem Engagement hat das indes nur wenig zu tun, es hapert an der filmischen Umsetzung.
Der farbige Entertainer Harry Belafonte, der es mit seiner Mischung aus perfektem Entertainment und Folksongs aller Couleur zu Weltruhm brachte, war schon immer ein leidenschaftlicher und engagierter Streiter gegen Ungerechtigkeit. Das bezweifelt niemand und vor allem seine Erlebnisse aus der schwarzen Bürgerrechtsbewegung der USA um Marin Luther King sind mehr als nur die Erinnerungen eines Beobachters, der zufällig auch dabei war. Nein, der Amerikaner mit jamaikanischem Ursprung war mittendrin in den politischen Kämpfen für die Gleichberechtigung der Schwarzen in den USA. Vor allem durch sein finanzielles Engagement, das ihm sein Erfolg als Entertainer, Sänger und Schauspieler erlaubte, hat Belafonte entscheidend zum Erfolg der Bewegung beigetragen und mit Martin Luther King verband Harry Belafonte eine innige Freundschaft.
Auch im späteren Leben engagiert sich Harry Belafonte politisch, setzt sich für die Friedensbewegung ebenso ein wie für den afrikanischen Kontinent und zuletzt für benachteiligte jugendliche Straftäter. Das ist aller Ehren wert und als politischer Aktivist hat sich Harry Belafonte weltweit einen Namen gemacht, der mindestens ebenso gewichtig ist wie sein Beitrag als Entertainer.
Filmisch allerdings kommt Suzanne Rostocks Dokumentation dem Menschen und dem Star kaum nahe. Wie es auch die – im Wesentlichen chronologisch gehaltene – Abarbeitung der Stationen des politischen Kampfes und der Karriere des Harry Belafonte nicht schafft, über Filmlänge zu fesseln. Anders als in der höchst lesenswerten Autobiographie fehlen in dem Film die zweifelnden, selbstkritischen Anklänge und so wird zumeist nur der enorme Beitrag herausgestellt, den Belafonte mit seinem Beitrag und seiner ambitionierten Art der Spendensammlungen geleistet hat. Das wirkt in seiner Fülle etwas lobhudelnd, auch wenn das beileibe nicht in der Absicht des Stars gelegen haben mag.
Auch die wenig bebilderte Kindheit und Jugend des Stars wird in Windeseile abgehandelt. Was in der Autobiographie immerhin 200 Seiten einnimmt, ist in weniger als einer Viertelstunde in Stichpunkten erzählt. Das kann man machen, es fördert aber nicht unbedingt die Identifikation mit der portraitierten Person.
Vor allem aber versagt der Film genau da, wo man erwarten könnte, dass es die gelernte Filmcutterin Susanne Rostock ihre Stärken in ihrem Regiedebut „Sing Your Song“ ausspielen könnte: Im Umgang mit dem Archivmaterial. Über den Star, der seine Karriere in den 1940ern begann, gibt es Unmengen an brauchbarem Archivmaterial, das zumeist aus dem Fernsehen stammt. Anders die Situation, wenn es um die politischen Aktivitäten geht, doch auch hier mangelt es nicht an brauchbarem Material. Doch warum musste das TV-Material, das ursprünglich in einem 4:3 Format ausgestrahlt wurde, nun in „Sing Your Song“ in unförmiger Überbreite (16:9) eingearbeitet werden? Das ist ärgerlich und störend und nimmt dem Filmgenuss einiges an Qualität.
An dieser Stelle nun über die verschiedenartigen Filmformate und über TV-Standards zu philosophieren, ist müßig, aber das bei Flachbildschirmen vorherrschende 16:9 ist alles andere als ein Dogma. Gerade als Filmmacher sollte man sich genau überlegen, welches Filmformat gewählt wird und gerade als Dokumentarfilmer muss man sich auch immer mit Archivmaterial von unterschiedlichster Güte und diversen Formaten herumplagen. In „Sing Your Song“ ist das leider nicht überzeugend gelungen. Denn das TV-Material aus den 50ern und 60ern ist teilweise auch von erschreckend mäßiger Qualität.
„Sing Your Song“ wurde von Harry Belafontes Produktionsfirma produziert und hat sicher alles andere im Sinn, als dem Weltstar ein ruhmreiches Denkmal zu setzen. Doch letztlich erweckt „Sing Your Song“ leider eben diesen Eindruck. Die Lebensgeschichte des Harry Belafonte allerdings ist mehr als erzählenswert.
Fazit: Wer sich mit Harry Belafontes Wirken beschäftigen möchte, sollte eher zur empfehlenswerten Autobiographie „My Song“ greifen. Die Filmdokumentation „Sing Your Song“ wird diesem außergewöhnlichen Künstler und Menschen weder inhaltlich noch formal gerecht. „Sing Your Song“ ist eine (leider) recht durchschnittliche biografische Dokumentation geworden, die vor allem im Umgang mit dem Archivmaterial nicht zu überzeugen weiß und inhaltlich einige Längen aufweist.
Film-Wertung: (5 / 10)
Harry Belafonte – Sing Your Song
Ein Leben Für die Freiheit
OT: Sing Your Song
Genre: Biographie, Dokumentarfilm
Länge: 98 Minuten, 2011
Regie: Susanne Rostock
Mitwirkende: Harry Belafonte
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Arsenal
Kinostart: 19.04.2012