Nachdem Autor Friedrich Ani seinem ermittelnden Helden Tabor Süden im März ein fulminantes Comeback beschert hat, geht Süden nun zum zweiten Mal als privater Ermittler auf Vermisstensuche. Diesmal ist mitten in der Vorweihnachtszeit ein Junge aus einem Heim verschwunden. „Süden und die Schlüsselkinder“ ist zwar nicht so grandios geworden wie die Rückkehr nach München, bietet aber ungebrochen sehr lesenswerte und noch immer erfrischend andere Krimispannung.
Der zehnjährige Adrian verschwindet spurlos aus einem Münchener Kinderschutzhaus. Die Erzieherinnen erinnern sich an den ehemaligen Kommissar Süden mit dem untrüglichen Gespür und möchten, dass dieser zunächst versucht, den jungen zu finden, bevor die Polizei eingeschaltet wird. Adrian hat einer Erzieherin das Handy geklaut und schreibt seiner Freundin Fanny gelegentliche SMS. Süden hat von Anfang an das Gefühl, als wüsste Fanny weit mehr als sie verrät. Doch das Mädchen erzählt nichts und Süden macht sich auf die Suche.
Friedrich Anis „Süden und die Schlüsselkinder“ kam ebenso still und heimlich in den Handel wie der Junge verschwunden ist und der Autor setzt auf das bewährte Muster der einstigen Süden-Reihe, doch Ani schlägt auch einen neuen Ton an: Der Rückkehrer Süden hat sich in den Jahren seiner Abwesenheit verändert: ist dunkler geworden, pessimistischer und abgründiger. So ist von Anfang an keine scheinbar heile Welt mehr vorhanden, aus der der Junge im Heim urplötzlich und scheinbar grundlos verschwunden ist. Im Gegenteil, Adrian Eltern leben in den Trümmern ihrer Ehe und sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um auch noch einen Gedanken an ihren Sohn zu verschwenden. Nicht einmal zum Weihnachtsfest wollen sie Adrian nach Hause holen.
Süden läuft gegen eine Mauer von Hartherzigkeit und Egoismus. Und das ausgerechnet in der Adventszeit, wo doch Besinnlichkeit, Harmonie und familiärer Zusammenhalt die von der Gesellschaft vorgegaukelten (oder angestrebten) Werte sind. Nicht nur der Ermittler ist finsterer geworden und lässt seinen Gedanken im Gespräch auch schon mal freien Lauf, auch die Gesellschaft scheint zu verrohen, so verwundert es nicht, dass Adrians aufbrausender und gewalttätiger Vater die Suche nach seinem Sohn selbst in die Hand nimmt und dabei weit übers Ziel hinaus schießt.
Stilistisch folgt daraus ein bisher unbekanntes Actionelement in Südens Ermittlungen und auch die Gespräche des Ermittlers mit seinem toten Freund und Kollegen Martin Heuer schaffen eine neue Qualität und Tiefe. Dass der Fall selbst nicht zu Südens Aufsehen erregendsten Ermittlungen gehört, tritt dabei in den Hintergrund.
Fazit: Mit „Süden und die Schlüsselkinder“ gelingt Friedrich Ani die erfolgreiche Wiederaufnahme der Süden-Serie, indem er gekonnt und überzeugend die bekannten kriminalistischen Elemente variiert und ausweitet. Vor allem aber hat sich die Person des Ermittlers Süden entwickelt und Ani weiß dessen Entwicklung und neue Arbeitssituation als privater Ermittler auszunützen. Wir bleiben gespannt, wie Tabor Südens Hassliebe zu seiner Stadt sich entwickeln wird.
Roman-Wertung: (7 / 10)
Friedrich Ani: „Süden und die Schlüsselkinder“
Taschenbuch, Originalausgabe
Verlag: Knaur Verlag,
München, 188 Seiten
ISBN: 978-3426509364
VÖ: 02.11.2011
„Süden“ -Die Rückkehr des Ermittlers