Die „musikalische Reise“ in Michael Bayers Konzertfilm „Berliner Philharmoniker in Singapur“ besteht darin, dem Orchester während der Aufführung mittels moderner 3D-Technik auf die Instrumente zu schauen. Das puristische Filmkonzept grenzt allerdings auch das potentielle Publikum ein: Klassikliebhaber und Fans der Berliner Philharmoniker.
Die Musikdokumentation zeigt die Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Sir Simon Rattle während eines Auftrittes in der Konzerthalle zu Singapur. Dargeboten wird die „Symphonie Nummer eins“ von Gustav Mahler und im Anschluss, quasi als Zugaben, Rachmaninows „Symphonische Tänze“. Während der Kamerablick bei der Aufführung von Mahlers Symphponie streng auf das Orchester und den Dirigenten gerichtet bleibt, werden zu den „Tänze“ Stadtimpressionen aus Singapur eingestreut.
Regisseur Michael Bayer ist ein Experte für die filmische Aufarbeitung und Darstellung klassischer Musik und hat inzwischen einige Dokumentationen und Musikfilme gedreht. Mit den „Berliner Philharmoniker in Singapur“ bedient sich Bayer erstmals der 3D–Technik. Die Einblicke in das Orchester während der Aufführung sind ungewöhnlich und sehr nahe an den Musizierenden. Dass diese Nähe nicht durch impressionistische Einspielungen unterbrochen wird, ist konsequent und Teil des puristischen Konzeptes, eine Konzerterfahrung nachvollziehbar zu machen.
Inneneinsichten eines Orchesters im Konzert
Umso erstaunlicher, dass das Konzept dann während der „Symphonischen Tänze“ aufgegeben wird. Die Singapur-Aufnahmen wirken dabei eher uninspiriert und so, als vertraue man der Kraft der eigentlichen Konzert-Bilder auf dem letzten Ende nun doch nicht mehr. Die Aufnahmen des Konzerts sind, da es sich um eine Live-Aufnahme handelt, selbstverständlich alles andere als perfekt komponiert.
Häufig sind durch den Focus auf bestimmte Musiker und Instrumente andere Musiker nur im Anschnitt zu sehen, was aufgrund der Räumlichkeit der 3D-Bilder bisweilen störend wirkt, aber nicht zu vermeiden ist, will man die Darbietung nicht grob beeinträchtigen. Den Klassik-Fan wird dies weniger stören als den Cineasten und die Möglichkeit, die Berliner Philharmoniker in Aktion und auf der Bühne zu erleben ist schon eine Attraktion, die Liebhaber klassischer Musik in die Kinos bringen kann, vor allem, da die Konzerte selbst sehr begehrt sind. Insofern hat der Konzertfilm seine Berechtigung auf der großen Leinwand. Auch die ansprechende Wiedergabe der Musik selbst in den häufig gut ausgestatteten Lichtspielhäusern ist ein Genuss, der den Kinobesuch lohnt.
Allerdings geht Michael Bayers „Musical Journey in 3D“ wie auch alle anderen Konzertmitschnitte von der grundsätzlichen Annahme aus, das handwerkliche Geschehen auf der Bühne sei per se visuell interessant. Eine Einschätzung, die ich nicht teile, so sehr ich Musikfilme im Allgemeinen schätze. Hier liegt auch der große Unterschied zu Wim Wenders „Pina“, dessen Zielgruppe auch „Berliner Philharmoniker“ anzusprechen versucht. Im Gegensatz zu einem klassischen Orchester beim Musizieren ist das Tanztheater eine visuelle Wucht an sich.
In einem Interview äußert sich Sir Simon Rattle über den Film als ein Experiment, den Versuch klassische Musik auf neuen Wegen erfahrbar zu machen. Das Experiment ist zum Teil geglückt, aber der Versuch ist aller Ehren wert. Interessant allerdings nur für Klassikfreunde und Fans der Berliner Philharmoniker.
Film-Wertung: (5,5 / 10)
„Berliner Philharmoniker – A Musical Journey in 3D“
Genre: Musikfilm, Konzert, Dokumentation
Länge: 107 Minuten, D 2011.
Regie: Michael Bayer
Mitwirkende: Berliner Philharmoniker, Sir simon Rattle
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: NFP, Warner
Kinostart: 20.10.2011