Franks Flimmer-Fest 2011: Sonntag 2.Oktober 2011

101124_rgb_FF_Logo_JahrSo grandios mein Samstag war, so mittelprächtig war der Sonntag. Nicht, dass es keine guten Filme gegeben hätte, aber meine Auswahl war schon gewagt: Zum Auftakt die Tier-Doku „Cattle“, dann den isländischen Klassiker „Der Flug des Raben“ und zum Abschluss die Dokumentation „God Bless Ozzy Osbourne“ über das Metal Urgestein Ozzy. Meine Erwartungen waren in allen Fällen hoch und wurden eindeutig nicht erfüllt. So kann‘s gehen, wenn einen der Vortag schlicht umgehauen hat. Und heute gibt’s auch endlich eine Top 5 vom Filmfest Hamburg.

Die französische Doku „Cattle“ (OT: „Bovines“, was nichts anderes heißt als Rinder) läuft für das Fachpublikum  morgens im Cinemaxx und neben mir schaffen es auch ein paar Kollegen in das riesige Kino. Man kann uns an einer Hand abzählen und nach der Hälfte des 60minütigen Films hat einer dann auch genug grasende Kühe gesehen.

Cattle1_c_bathysphere_productionsDabei ist den Regisseur Emanuel Gras die Dokumentation einer Herde Rinder auf Wiesen in der Normandie eigentlich gelungen. An diesen Rindern ist nichts Außergewöhnliches; landwirtschaftliches Nutzvieh, das sein Leben aber immerhin draußen verbringt. Der Regisseur beobachtet und kommt den Tieren in der Herde erstaunlich nahe. In einigen Sequenzen komme ich mir angesichts dieser großen braunen Augen wie ein Spanner vor. Der Zuschauer wird quasi Teil der Herde und Zeuge unterschiedlicher Ereignisse: Grasen, Kalben, Unwetter und menschlichen Eingriffen in das Herdengefüge, die naturgemäß nicht ausbleiben. Das alles kommt überzeugend und auch intensiv rüber. Allerdings gibt es da auch filmische Ungenauigkeiten: Ich bin mir relativ sicher, dass Gras (der Regisseur) nicht nur eine Herde über einen bestimmten Zeitraum beobachtet hat, sondern das Nutzvieh mehrerer Landwirte, die in der Gegend wirtschaften, vermischt hat. Auch wird der Eindruck erweckt, die Tiere würden tatsächlich in familienartigen Herden zusammen leben. Das entspricht nur bedingt der landwirtschaftlichen Praxis, im Normalfall sind die Bullen nicht auf den gleichen Weiden wie die Kühe und die Kälber, die auch nur bis zu einem bestimmten Alter bei der Herde bleiben. Ich hätte auch gerne gewusst, um welche Rasse es sich handelt.

Im Lauf von „Cattle“ frage ich mich schon, was ich hier eigentlich mache? Schließlich bin ich auf dem Land groß geworden, habe ungefähr jede der Szenen auch schon in Natura gesehen und insofern keinen Erkenntnisgewinn. Für Städter mag das filmische Experiment funktionieren und ihnen vorführen, was sie dann später mal essen.

„Cattle“ ist noch am Dienstag 4.10,  21:45 und am Freitag 7.10., 21:00 im derPassage zu sehen. Hier geht‘s zum Trailer.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

flug-des-rabenDer isländische Wikingerfilm „Der Flug des Raben“ (OT: „Hrafninn Flygur“, auch unter dem deutschen Titel „Das versunkene Imperium“ veröffentlicht) ist der Auftakt einer Trilogie. Bei einem Raubzug der Wikinger nach Irland werden die Eltern eines Jungen getötet, seien Schwester verschleppt, er entkommt und schwört Rache. Zwanzig Jahre später ist es dann soweit, doch die Schwester ist inzwischen mit dem Wikinger-Häuptling verheiratet, hat ein Kind mit ihm und will überhaupt nicht gerettet werden. „Der Flug des Raben“ ist ein sehenswerter Film, der sich bei Italowestern- und Samurai-Motiven bedient und seine Rachestory stimmig auf die Leinwand bringt. Leider ist der Film auch ein Kind seiner Zeit und nervt – aus heutiger Sicht – mit einem gruseligen E-Drum-Soundtrack, auch fällt es schwer, die Charaktere ernst zu nehmen, wenn sie auf zu kleinen Island-Ponys durch die weite Landschaft zuckeln. Die unbekannten isländischen Schauspieler machen einem die Identifikation nicht eben leichter. Schafft man es, diese Elemente zu akzeptieren, bleibt ein wirklich sehenswerter Historienfilm über, der extrem authentisch ist und seinerzeit als erster isländischer Berlinale-Beitrag zu Recht großes Lob einfahren konnte.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Auf Ozzy hatte ich mich extrem gefreut, wohl wissend, dass Rockumentaries gerade hip sind und nicht jede voll und ganz überzeugt. Auf geht’s: „God Bless Ozzy Osbourne“. Das Kino war erstaunlich leer für diese Deutschlandpremiere und der Film war zu leise. Normalerweise rege ich mich gerne mal über diesen bombastischen Surround-Lärm auf, aber wenn man sich bei einem Musikfilm im Kino noch solide unterhalten kann, ist das nun auch nicht recht. Anyway, dafür kann der Film ja nix.

God_Bless_Ozzy_Osbourne4_c_Nextfilm-2Und es geht auch gleich stimmungsvoll in Ozzys Kabine vor einem großen Gig. Der Meister macht Aufwärmübungen und singt sich ein, macht einen erstaunlich aufgeräumten Eindruck und dann geht das Konzert los. Doch die Energie des Films verpufft schnell. In der Folge wird Ozzys Leben und Karriere chronologisch aufgerollt und immer wieder auf seine Drogeneskapaden hingewiesen. Der Fan weiß das alles und es ist sehr sachlich aufbereitet. Dass der Tod des Gitarristen Randy Rhodes für Ozzy traumatisch war, ist bekannt. Und von diesem Moment an bekommt der Film eine andere Wendung und widmet sich ausschließlich Ozzys Drogenproblemen und seinen Exzessen und den dadurch entstandenen familiären Schwierigkeiten. Inzwischen ist der Gute seit Jahren clean und trocken. Das freut mich ehrlich, aber die Doku „God Bless Ozzy Osbourne“ hat mich dennoch enttäuscht.

Das hängt mit der unausgegorenen Struktur des Films zusammen. Kein inhaltsvolles Wort über die Musik nach der Randy Rhodes Phase, die inzwischen auch schon 25 Jahre her ist, keine Interviews mit der aktuellen Band, die seit dem aktuellen Album auch nicht mehr dabei ist, den Madman aber über Jahre begleitet hat und schließlich die Konzert-Impressionen von der im Film aktuellen Tour liefert. Stattdessen mehr oder minder bekannte Fakts über Ozzys Aufwachsen und den Drogenmissbrauch, die in ihrer Schilderung auch nur bedingt interessant sind. Als es dann später um Ozzys Familienleben geht, wird’s filmisch wieder stimmiger, will aber so gar nicht zum ersten Teil des Films passen. Wenn man weiß, dass Ozzys Sohn Jake (als erster in der Familie trocken) den Film mitproduziert hat, wird das Leinwandgeschehen verständlicher, interessanter wird es leider nicht. Schade, ist aber nur ein Film.

„God Bless Ozzy Osbourne“ ist noch am Freitag 7.10, 22:00 im Cinemaxx zu sehen und läuft nach dem Filmfest am 20.10. erneut im Cinemaxx . Hier geht‘s zum Trailer.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Abschließende noch meine Top 5 vom Filmfest Hamburg 2011, die vorab gesichteten Filme noch nicht mitgerechnet, da noch nicht vorgestellt.

5. “Der Flug des Raben”

4. “Gnarr“

3. „The Music Never Stopped“

2. „The Whistleblower“

1. „Bingo –Zuletzt entscheidet immer das Glück“

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Soviel zu meinem Festivalsonntag. Viel Spaß im Kino.