Ginger Baker ist alles andere als eine Drum Machine. Der Mann hat als Schlagzeuger des legendären Trios Cream quasi die Stellenbeschreibung eines Rock-Drummers abgeliefert und ist auch heute noch der Meilenstein für alle, die sich hinter Hi-Hat, Snare und Tomtoms setzen, um abzurocken. Dass Baker auch ein begnadeter Vollblutmusiker und Jazz-Schlagzeuger ist, wird dabei gerne vergessen. Nur eines ist Ginger Baker nie gewesen – ein netter Mensch.
Und daher kriegt der Journalist, Ex-Boxer und Filmmacher Jay Bulger zu Beginn der Doku „Beware of Mr. Baker“ erstmal eins mit dem Gehstock auf die Nase. Eigentlich passiert das erst nach den Interviews mit Ginger Baker in dessen südafrikanischer Wahlheimat. Aber als Eingangsszene für eine höchst unterhaltsame und richtig kompetente Doku ist das selbstredend ein großartiger Opener. Entzündet hatte sich Bakers Unmut, als Bulger eröffnete, er würde auch noch andere Musiker für den Film interviewen. Und weil Baker die alle nicht in „seinem“ Film haben wollte, hat er eben zugelangt.
Überhaupt ist der heute 73jährige, der mit bürgerlichem Namen Peter Edward Baker heißt und nur wegen seiner (ehemals) feuerroten Haare Ginger genannt wird, sehr von sich eingenommen; zumindest was die musikalische Seite angeht. Wenn man dem Schlagzeuger so zuhört, ist er maßgeblich für die Ausrichtung und das Auftreten so ungefähr aller Formationen verantwortlich gewesen, in denen er je gespielt hat. Das wird dann sogleich mit Interviews der betreffenden Weggefährten konterkariert und ins rechte Licht gerückt.
Unbestreitbar ist Baker ein begnadeter Musiker. Doch das schützte den Engländer nicht vor katastrophalen Karriereentscheidungen, einer ausgeprägten und lange andauernden Drogensucht und diversen finanziellen Bankrotterklärungen. Wer so teure Hobbies wie Polo betreibt und seine Pferde oder den Sportwagen mit dem Flieger durch die Weltgeschichte verfrachtet, muss sich nicht wundern, wenn die Kasse irgendwann mal leer ist.
Es gibt nicht aus allen Phasen von Bakers Leben Archivmaterial, das für eine Doku zu gebrauchen gewesen wäre, und so behilft sich Jay Bulgers „Beware of Mr. Baker“ mit Animationssequenzen. Das hat auch schon in dem Oscar-prämierten „Searching for Sugarman“ ganz famos funktioniert und ist auch hier ein Gewinn für den Zuschauer, auch weil es die Quote an Szenen, in denen man Menschen beim Reden zusieht, erheblich einschränkt. Und es reden einige prominente Musiker: Eric Clapton, Jack Bruce, Carlos Santana, Steve Winwood und, und, und.
Es wird relativ schnell klar, dass Ginger Baker auf sozialer Ebene erhebliche Probleme hat. Clapton, der ihn als Freund bezeichnet, nennt den ehemaligen Cream-Drummer schlicht asozial. Und im Filmverlauf ist man geneigt, dem zuzustimmen. Und dennoch, oder gerade deshalb, ist Baker musikalisch immer ganz weit vorne. Spannend ist auch seine afrikanische Periode, als er in Lagos ein Studio eröffnete und sich auf das Tribal Drumming der Afrikaner einließ. Der Grandmaster des Afrobeat, Fela Kuti, adelte ihn als einzigen Weißen, der würdig war mit Kutis Band Afrika 70 zu spielen. Finanziell aber war auch die Episode in Lagos ein Desaster für Baker. Doch der Mann ist ein Stehaufmännchen. Was ihn antreibt bliebt unergründlich. Vielleicht ist es einfach die Liebe zum Schlagzeug.
Fazit: „Beware of Mr. Baker“ wird der Schlagzeuglegende Ginger Baker auch filmisch gerecht. Toller Film, großer Musiker.
Film-Wertung: (8 / 10)
OT: Beware of Mr.Baker
Genre: Musikfilm, Dokumentarfilm
Länge: 100 Minuten, UK, 2012, OmU
Regie: Jay Bulger
Mitwirkende: Ginger Baker, Tony Allen, Jack Bruce, Eric Clapton
FSK: ab 12 Jahre
Vertrieb: NFP
Kinostart: 19.12.2013