Als die norwegische Black Metal Szene Anfang der 90er Jahre in die Schlagzeilen geriet, bewegten sich meine musikalischen Vorlieben langsam aber stetig weg vom Heavy Metal. Grunge bot eine gänzlich andere Faszination. Die Auswüchse in Norwegen nahm ich als absurde Verwirrung wahr, die hochgradig irritierte. „Until The Light Takes Us“ nähert sich der Szene und fragt, wie das alles überhaupt passieren konnte.
Zu Wort kommen einige der wichtigsten Protagonisten der damaligen Szene und schildern ihre Sicht der Dinge. Die Anfänge einer Undergroundbewegung, die sich abheben wollte vom kommerziellen Metal und so ein eigenes Nischenphänomen schuf, werden in Interviews und mit Archivmaterial dargestellt. Dabei geht es vor allem um die Darstellung des Black Metal als Jugendbewegung im Underground, die aufgrund ihrer extremen Ausdrucksmittel allerdings schnell zu einem Hype wurde. Mit dem Hype setzten die Missverständnisse ein und es ging nicht mehr nur um eine Gegenkultur.
Künstlernamen: Hellhammer, Frost, Dead, Count Grishnackh
Die amerikanischen Filmemacher Audrey Ewell und Aaron Aites lebten für den Film zwei Jahre in Norwegen und nahmen Kontakt zur Szene auf. „Until the Light Takes Us“ begleitet die betroffenen Musiker heute und hält Rückschau auf die Morde und Brandstiftungen, die Norwegens Black Metal Szene weltweit in Verruf brachten. In der Gegenwart verarbeitet der kontroverse norwegische Künstler Bjarne Melgard Black Metal in seinen Werken. Die Szene und die Musik leben immer noch.
Der Film focussiert sich auf drei Musiker, die damals dabei waren: Leif „Fenriz“ Nagell ist eines der Urgesteine des Black Metal. Als Schlagzeuger und Mitbegründer von „Darkthrone“ gilt er als einer der Pioniere der Szene und war mit Vickernes und Aarseth befreundet. Varg „Count Grishnackh“ Vickernes hat als „Burzum“ einflussreiche Black-Metal Alben veröffentlicht und wurde wegen Mordes an Mayhem-Gitarrist Oystein „Euronymus“ Aarseth und mehrfacher Kirchen-Brandstiftung verurteilt. Er bringt „Neuheidnische“ Ideologie in die Szene. Zur Zeit der Dokumentation sitzt er noch in Haft, inzwischen ist er auf Bewährung frei. Jan Axel „Hellhammer“ Blomberg ist der ehemaliger Schlagzeuger von Mayhem und hat sowohl den Selbstmord des Mayhem-Sängers „Dead“ miterlebt als auch den Mord an „Euronymus“.
„Until The Light Takes Us“ ist seinem Thema gemäß ein irritierender Film geworden. Wer eine Musikdoku erwartet wird enttäuscht, vielmehr geht es den Filmemachern um das soziologische Phänomen. Dem Film gelingt es großartig eine dichte und spannungsgeladene Atmosphäre einzufangen, wobei musikalisch nicht nur auf Black Metal zurückgegriffen wird. Der elektronische Soundtrack stammt von „múm“ und „Boards of Canada“, Metal kommt nur als Anschauungsbeispiel zum Einsatz.
Aus der Haft in den Film
Es hat dem Film viel Kritik eingebracht, dass er die Akteure und gerade den Demagogen Vikernes unkommentiert zu Wort kommen lässt. Doch gerade darin liegt eine der großen Stärken des Films. Die Menschen entlarven sich selbst und aus dokumentarfilmischer Sicht ist es mehr als legitim den Gegenstand der Betrachtung nicht zu kommentieren. Von einer Glorifizierung der Black Metal Szene ist „Until the Light Takes Us“ weit entfernt.
Die DVD enthält noch rund 40 Minuten zusätzlicher Interview-Sequenzen, die mehr als interessant sind, dem Film aber einen anderen Schwerpunkt verliehen hätten. Hier geht es um die musikalische Abgrenzung und Entwicklung dieser Metal-Spielart. Es geht um den extrem fragwürdigen ideologischen Überbau, den nicht nur Varg Vickernes in die Szene bringen wollten.
Mich beschäftigt „Until The Light Takes Us“ noch einige Zeit und das zwiespältige, beunruhigende Gefühl gegenüber der Black Metal Szene bleibt weiter bestehen. Doch der Film hat einiges zur Erhellung beigetragen und mich nicht nur berührt, weil ich mal ein Heavy Metal Fan war.
Fazit: „Until The Light Takes Us“ ist eine auf morbide Art faszinierende und empfehlenswerte Dokumentation über Norwegens Black Metal Szene; allerdings nichts für schwache Nerven und für Fans nur bedingt zu empfehlen.
Film-Wertung: (8 / 10)
Titel: „Until The Light Takes Us“
Genre: Musik, Dokumentation
Länge: 93 Minuten
Regie: Aaron Aiters, Aurdey Ewell,
FSK: keine Jugendfreigabe
Extas: Alternatives Ende, Outtakes, Deleted Scenes, Trailer,
Vertrieb: Rapid Eye Movies
Kino-Start: 12.08.2010
DVD-VÖ: 12.11.2010
Weiterführend Links:
deutscher Wikipedia-Eintrag
3 Kommentare
Klingt spannend, werde ich mir mal anschauen. Klingt nach einer „erwachsenen“ Auseinandersetzung mit dem Thema.
Die Kollegen sind schon seltsam drauf…