Im #Thrillzember: „Ruhet in Frieden“ von 2014. Selbstverständlich ist der Privatschnüffler Matt Scudder eine Paraderolle für den Haudegen Liam Neeson. Allerdings ist Scudder in der Kriminal-Literatur auch eine ziemlich bekannte Marke. „Ruhet in Frieden“ (OT: A Walk Among The Tombstones“, deutsch: Ein Spaziergang zwischen Grabsteinen) ist die Verfilmung des gleichnamigen Krimis von Lawrence Block. Bei der Kritik fiel der Film weitgehend durch. Ich frage mich immer noch, warum? Aber Vorsicht, es geht derbe und brutal zur Sache.
Es ist noch nicht so lange her, da wurde auf diesen Seiten die Graphic Novel Adapition von Richard Starks Kult-Kriminellem „Parker“ abgefeiert. Bei Schreiber & Leser ist der zweite Band der „Parker Martini Collection – Last Call“ erschienen. Das ist insofern interessant, weil auch Matt Scudder auf seine Weise zu den Ikonen das Krimi-Genres gehört.
Autor Matt Lawrence erschuf den abgehalfterten Privatermittler ohne Lizenz 1976. Der Erfolg stellte sich schnell ein, aber Verfilmungen gibt es kaum. 1986 hat Regisseur Hal Ashby („Harold and Maude“) Jeff Bridges („Crazy Heart“) in der Roman-Verfilmung „Million Ways To Die“ ins Rennen um die Zuschauergunst geschickt. Der Film fiel gleichfalls bei der Kritik durch.
Scudder – Privatschnüffler ohne Lizenz
Aber zu „Ruhet in Frieden“: Matt Scudder (Liam Neeson) war mal Cop und Säufer. Dann stellt er auf tragische Weise fest, dass der Suff seinen Dienst versaut. Nun schlägt er sich als Privatermittler durch, nachdem er die Marke abgegeben hat. Lizenz braucht einer wie Scudder nicht (würde er wohl auch nicht kriegen). Das läuft eher nach dem Motto „Schenke mir einfach Geld, wenn ich dir einen Gefallen tue.“
Eines Tages kommt der Dealer Kenny Kristo (Dan Stevens) auf dieses Angebot zurück, weil seine Frau entführt wurde. Scudder will den Typen nicht, Scudder will den Fall nicht. Doch trotz Lösegeldzahlung bringen die Entführer Kristos Frau um – auf bestialische und sadistische Weise. Angewidert beginnt Scudder zu ermitteln. Der Ex-Cop findet heraus, dass es ähnliche Fälle gab.
Nur hat Scudder keinen Anhaltspunkt. In der öffentlichen Bibliothek trifft er den obdachlosen schwarzen Teenager TJ (Brian „Astro“ Bradley). Der stellt sich als gewieft und hilfreich heraus. Nur denkt TJ jetzt, er hätte seine Berufung als Privatdetektiv gefunden. Scudder sucht derweil nach den Zusammenhägen der Entführungsfälle.
Matthew Scudder ist wohl Lawrence Blocks bekannteste Romanfigur und seit Mitte der Siebziger ist der Ermittler unermüdlich im Einsatz. Regisseur und Drehbuchautor Scott Frank, feierte als Schreiber für Filme wie „Out of Sight“, „Minority Report“ und „Logan – The Wolverine“ Erfolge, ist aber als Filmmacher bislang nicht sonderlich in Erscheinung getreten. Nach „die Regeln der Gewalt“ (2007) ist „A Walk Among The Tombstones“ (deutscher Romantitel: „Endstation Friedhof“) sein zweiter Film (anschließend gab es nur noch Ausflüge ins TV-Terrain). Der hat mit Liam Neeson zwar einen Superstar zu bieten, ansonsten aber eine weniger bekannte, aber großartige Besetzung. Wobei der Knackpunkt wohl die Brutalität des Films ist.
Tödliche Entführungen
Doch die Gewalt wird in „Ruhet in Frieden“ nicht wie bei Tarantino ausgestellt oder wie in „Hard Powder“ dem Remake des norwegischen Thriller-Erfolgs „Einer nach dem Anderen“ (OT: „Kraftidioten“) schwarzhumoristisch überhöht. Nein, in Scott Franks Roman-Adaption geht es auch und gerade um die willkürliche Brutalität der sadistischen Kriminellen. Das ist nicht immer leicht zu ertragen, trägt aber erheblich zur finsteren Stimmung in Thriller bei.
Stilsicher und mit feinem Gespür für die Grausamkeiten des Verbrechens inszeniert Scott Frank seinen Antihelden jenseits der genreüblichen Klischees von harten Hund. Cool bleibt Scudder beziehungsweise Neeson dennoch. Seine Ermittlungen führen auf die Spuren von Soziopathen, die sich hinter Hannibal Lektor nicht verstecken müssen.
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Der Thriller entfaltet sich mit Hochspannung und düsterer Abgründigkeit nachdem der tragische Held erst einmal eingeführt ist. Die wenigen Auflockerungen gehen auf das Konto des jungen, schnoddrigen Side-Kick des Ermittlers, der ständig hinter seiner neuen Ersatzvaterfigur her spioniert.
Die Charaktere sind gut gezeichnet und die Besetzung ist wie bereits erwähnt wirklich sehenswert. Vor allem stimmen Tempo und Rhythmus des Thrillers. Kameramann Mihai Malamare Jr. („The Master“, und einige Francis Ford Coppola Filme) ist ein Meister der unaufdringlichen, aber intensiven und originellen Kameraführung. Dazu stimmt auch die Ausstattung düsteren Krimis, der für die Leinwand kurz vor der Jahrtausendwende angesiedelt wurde.
Der Knackpunkt des Matt Scudder Thrillers bleibt dessen Härte. Die ist schon beachtlich und nichts für empfindsame Gemüter. Ob das einer Roman-Verfilmung angemessen ist, lässt sich diskutieren. Komerzielle Verwässerung des Lawrence Block Romans kann man Scott Frank eindeutig nicht vorwerfen. „Ruhet in Frieden“ bringt einen amerikanischen Kultermittler packend auf die Leinwand. Liam Neeson ist gewohnt markig und an Spannung hält „Ruhet in Frieden“ locker mit „Sieben“ oder „Das Schweigen der Lämmer“ mit. Aber das ist letztlich nur meine Meinung.
Film-Wertung: (8 / 10)
Ruhet in Frieden
OT: A Walk Among The Tombstones
Genre:Thriller, Krimi
Länge: 117 Minuten, USA, 2014
Regie: Scott Fraunk
Vorlage: Gleichnamiger Roman von Lawrence Block
Darsteller: Liam Neeson, Dan Stevens,
Vertrieb: Leonine
Kinostart: 13.11.2014
DVd- & BD-VÖ: 27.03.2015