Huracàn – We Are Very Happy: Album Review

Aktuell ist Zeit ein bisschen Musik aufzuarbeiten, die bislang nicht zum Zuge gekommen ist, weil einfach immer zuviel zu schreiben ist. Ende September 2022 hat das belgische Quartett Huracàn sein Debutalbum auf dunk!recoirds herausgebracht. Die Band aus Gent besteht bereits seit einem Jahrzehnt und „We Are Very Happy“ haut richtig derbe rein. Wer mit den Begriffen Sludge und Postrock was anfangen kann, sollte definitiv ein Ohr riskieren.

Zuförderst ein Paar Bemerkungen zur Verfügbarkeit von „We Are very Happy“. Die Veröffentlichungen des Dunk!records Labels sind direkt beim Label zu beziehen und auf der Huracàn Bandcamp-Seite kriegt die geneigte Hörerschaft das Album auch. Erschienen ist „We are Very Happy“ als Doppelvinyl und in Digitaler Form. Mir liegen 10 Songs und ein Remix vor, der scheinbar nicht zum digitalen Album gehört. Ob das Album in Deutschland im „normalen“ Plattenladen erhältlich ist, kann ich nicht sagen. Auf Amazon.de ist das Vinyl nicht zu bekommen, sondern nur das Digitalalbum.

So, nun ans Eingemachte. Im Pressetext werden munter Buzzwords und musikalische Floskeln und vergleiche rausgehauen. Mastodon ist so ein Begriff, der häufiger fällt, wenngleich die Kollegen bei mir nicht als Sludge wegsortiert sind, sondern als Prog-Metal, nu je, vielleicht die früheren Werke.

„Before i was Born“

Gleichviel, die Belgier Huracàn stammen aus Gent, was die zweitgrößte Stadt Belgiens ist, und machen ihr Ding sein 2011. Bislang sind zwei EPs entstanden und nun kommt das erste volle Album und das ist ein Knaller geworden. Es rumpelt, wütet und krakelt aus den Boxen, dass es eine wahre Freude ist.

Bei den Twin-Gitarrenläufen fällt mir des Öfteren Mastodon ein, bei den hysterisch gegrowlten Passagen denke ich an frühe Kvaelertak und dann kommt der Klar-Gesang mit seinem distanzierten Delay Effekt ziemlich retro daher und erinnert mich schwer an irgendwas aus den Siebzigern. Packend sind auch die Vokal-Arrangements mit Gastsängerinnen. Und das Remix von „Bruises“ kitzelt dann noch eine ganz andere Klangfarbe aus dem Material. Die Belgier lassen übrigens gerne DJs als Opening Act auf die Bühne. Das hört sich spannend an und keineswegs Heavy Metal konservativ, eher Hardcore modernistisch.

Doch „We Are Very Happy“ ist mehr als die Summe der Teile. Wer den fiese grinsenden Dustersmiley auf dem Albumcover sieht, ahnt, dass der Titel eher ironisch gemeint ist. Vielleicht ist es der Pandemie geschuldet, aber harmloser Fröhlichkeit geht anders. Hier wird eher zelebriert, was die Thrash Metaller „Exodus“ in den Achtzigern „Good Friendly Violent Fun“ nannte.

Der Titelsong eröffnet den Reigen und der Song „we Are very Happy“ ist ein Groovemonster allererster Güte. Gehobenes Midtempo unter einem fetten Riff und der distanzierte Gesang türmen sich zu einem Hit auf, zu dem sich dann auch noch eine weibliche Stimme gesellt, bevor im Refrain dann alles weggeballert und gegrunzt wird. Das ist mal ein Einstieg! Und eine perfekte Soud-visitenkarte für Huracàn.

„Doberman Multiverse“

„Dobermann Multiverse“ macht dann ebenso treibend weiter, legt aber an Geschwindigkeit. Schnell und treibend ahnt die Hörerschaft inzwischen, warum sich die Band nach einer gefangen gehaltenen Gottheit der Mayas benannt haben. Huracàn ist der Gott von Wind, Sturm und Feuer und genauso entfesselt gehen die Belgier zur Sache.

„Before I was Born“ täuscht schwere an, geht dann aber ruhig und getragen in progressive Gegenden wo der weibliche Sprechgesang durch ein Megafon entfremdet wird. Selbstredend explodiert auch diese Songbombe. Das anschließende „Sky Burial“ beginnt doomig und quasi trauernd, bis es dann Fahrt aufnimmt. „Bruises“ lässt dem Horer keine Verschnaufpause und hat etwas Hypnotisches. Kein Wunder, dass der Song auch als Video ausgekoppelt wurde.

Und dann nimmt Huracàn auch mal die Wucht aus der Angelegenheit und „Bending Trees“ kommt beinahe klassisch Rockend daher. Erneut ein starker Groove, irgendwo zwischen Stoner und Retro Heavy. „Unfortunate“ haut in die gleiche Kerbe, entwickelt sich aber. „Still There“ ist dann eine instrumentale Einleitung zu „Kings Of the World“. Die gitarrenspuren kommen beinahe klassisch, auf jeden Fall aber sehr virtuos und progressiv rüber. „Kings of The World“ ist dann episch und progressiv. Bis die Hardcore Fraktion wieder übernimmt und das Groovebeast bis zum Slow-Break reiten. Wahnwitz.

„Embrace the Cold“ rundet ein gelungenes und packendes Album ab. Ein sphärisch beginnender Song mit ruhigen Passagen, der sich immer weiter steigert und direkt nach einer weiteren Rund „We Are Very Happy“ verlangt. Auspowernde Musik auf diesem Album. Intensiv und dennoch virtuos, brachial und doch episch. Bisweilen kommen mir auch noch Cult of Luna in den Sinn. Aber Huracàn machen schon ihr eigenes Ding und das bravurös. Ein Remix mit technoider Klangfarbe muss man sich als Band erst einmal trauen.

Vielleicht ist das Bandfoto ein bisschen wegweisend. Da hängen vier Typen in der Entspannungsecke des Studios ab und vom Bildrand lugt ein weiteres paar Augen hinein. Ganz so als wollten da neue Einflüsse in den Sound und hinaus in die Welt. Hallo Welt, wir sind Huracàn und Freunde und wir haben viel aufgestaute Wut bei uns, die in schwer groovendes Soundgebilden kanalisiert wird.

„We are very Happy“ von Huracàn ist eines der Herausragenden Alben in Sludge-Bereich. Massive Grooves, abwechslungsreicher Gesang und irrwitzige Gitarrenläufe sorgen für eine Tour de Force wie ich sie nlange nicht mehr abfeiern konnte. Großartiges Album.

Album-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Huracàn – We Are Very Happy
Genre: Sludge Metal, Post Hardcore
Länge: 50 Minuten, 11 Songs, B, 2022
Interpret: Huracàn
Label: dunk!records
VÖ: 30.09.2022

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