
Film #2 im #Advent würde 2017 veröffentlicht und versucht die Generationenbrücke. „Die Geschichte der Liebe“. In dem romantischen Drama verwebt der rumänische Regisseur Radu Mihaileanu die Geschichten eines New Yorker Teenies und eines alten polnischen Juden mit Hilfe eines verschollen geglaubten Buches. Die prominent besetzte Romanze hat ihre starken Momente allerdings kann die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Nicole Krauss nicht über die gesamte Länge überzeugen.
Der alte, im zweiten Weltkrieg aus Polen geflüchtete Jude Leo Gurzky (Derek Jacobi) trauert in der Gegenwart noch immer seiner großen Liebe Alma Mereminsky (Gemma Arterton) nach. Allerdings geht ihm sein Jugendfreund Bruno Leibovich (Elliot Gould), der direkt über Leos schäbiger Wohnung lebt, gehörig auf den Senkel. Bruno war, ebenso wie der gemeinsame Freund Zvi, als junger Mann in Alma verliebt. Die beiden allein lebenden Zausel zanken sich wie ein altes Ehepaar.
Eines Tages beschließt Leo einer Zeichenklasse Modell zu sitzen. In der Klasse ist auch die 15jährige Alma Singer (Sophie Nélisse), die sich nicht nur mit der Pubertät herumschlägt, sondern auch mit ihrer eigenwilligen Familie. Ihr junger Brüder hat einen Messias-Komplex. Ihre Mutter, die als Literaturübersetzerin arbeitet, verbringt seit dem Tod von Almas Vater vor einigen Jahren recht viel Zeit lesend im Bett.
Keine Lieder über Liebe
Leo schaut annähernd täglich in dem Buchladen in seiner Nachbarschaft vorbei und fragt nach einem Buch, dessen Titel „Die Geschichte der Liebe“ heißt. Doch das Buch ist – zumindest in Amerika – nie erschienen. Allerdings hat Almas Mutter das Buch auf Spanisch gelesen und daraufhin ihre Tochter nach der Hauptfigur benannt. Dann schneit eines Tages der hochdotierte Übersetzungsauftrag für eben jenes Buch im Haus Singer ein und es scheint, als hätte Alma endlich den passenden Mann für ihre Mutter gefunden.
Gleichzeitig taucht Leo immer weiter in seine Erinnerungen ab, denn er hat „Die Geschichte der Liebe“ als junger Mann (Mark Rendall) für seine große Liebe Alma geschrieben. Als der Krieg dem polnischen Städel zu nahe kommt, schickt Almas Vater die junge Frau nach Amerika und diese ringt Leo, den sie von den drei Freunden bevorzugt, das Versprechen ab, ihr ein Buch zu schreiben. Doch im Krieg geht der Kontakt verloren und Leo vertraut das Manuskript Zvi an, der nach Chile flieht.
Von Beginn an, hat man als Zuschauer von „Die Geschichte der Liebe“ das Gefühl, der Roman muss einen richtiger Schmöker sein, der von Autorin Nicole Krauss kunstvoll und mit vielen Anspielungen komponiert worden ist. Allerdings gelingt es Radu Mihaileanu („Zug des Lebens“, „Das Konzert“), der nicht nur Regie führte, sondern auch die Drehbuchadaption schrieb, nicht, die komplexe auf mehreren Zeitebenen spielende Handlung auch auf der Leinwand derart zu verdichten, dass das romantische Drama ein ungetrübter Genuss ist.
Es gibt viel zu erzählen
Mit 144 Minuten ist „Die Geschichte der Liebe“ zwar recht lang ausgefallen, aber es gibt auch einiges zu erzählen. wenn das Publikum erst einmal in die Struktur der Geschichte hineingefunden hat, entwickelt sich durchaus ein erzählerischer Sog. Und die kunstvoll gefilmte Auftaktsequenz, die von einem melancholischen polnischen Dorfstilleben bis zu einem versteckten Kuss reicht, macht Lust auf mehr.
Die granteligen alten Männer sind allerdings keine ausgesprochenen Sympathieträger. Obwohl sie sich im englischen Original in wunderbarem Jiddisch gegenseitig beschimpfen. Ihr scheinbar infantiles Gehabe, wirkt bisweilen etwas aufgesetzt; so grandios Jacobi und Gould auch spielen. Ebenso kommt einem die junge Alma Singer bisweilen etwas altklug vor. Das mag der Verkürzung geschuldet sein, die einer Romanadaption innewohnt, es mag aber auch grundsätzlich an den Charakteren liegen. Die mangelnde Identifikationsmöglichkeit ist dem mainstream-tauglichen Drama jedenfalls nicht eben zuträglich.
Zugänglich für ein breites Publikum ist die Geschichte insofern, als dass die Verfolgung der osteuropäischen Juden durch die Deutschen hier nur angedeutet wird. Im ganzen Film gibt es eine Szene, in der ein deutscher Soldat zu sehen ist. Zudem muss man in „Die Geschichte der Liebe“ keine dramatischen Zerrüttungen erwarten. Der Schwerpunkt von Nicole Krauss Geschichte liegt wohl eindeutig auf der fantastischen Liebesgeschichte – und der Odyssee, die Leos Roman selbst macht. Das ist so gesehen auch ein wenig verharmlosend.
Vielleicht steht „Die Geschichte der Liebe“ für einen bestimmten Typus jüngerer amerikanischer Literatur, der generationenübergreifende Handlungsstränge durch historische Ereignisse zusammenführt und dabei zugleich von Kindern und Großeltern erzählt, die mittlere Generation aber im Wesentlichen auslässt. So werden auch die historischen Problemzonen undifferenzierter.
Irrwege durch Zeiten und Länder
Während des Films fühlte ich mich ein ums andere Mal durchaus an Stephen Daldrys Verfilmung von „Extrem laut und unglaublich nah“ erinnert. Erst später ergaben Recherchen, dass Jonathan Safran Foers Roman quasi zeitgleich mit „Die Geschichte der Liebe“ erschien und die beiden Autoren kurz zuvor geheiratet hatten.
Aber zurück zu Mihaileanus „Die Geschichte der Liebe“: Das Hauptmanko des Films ist tatsächlich seine Erzählstruktur. Nicht nur springt die Handlung von der jungen Alma Singer zum alten Leo Gursky, sondern auch noch von der Gegenwart in die rund siebzig Jahre zurückliegende Vergangenheit. Allerdings bleibt die Vergangenheit nicht stehen, sondern nähert sich in ausgewählten Stationen der Gegenwart an, was für zusätzliche Irritation sorgt.
Wer nicht konzentriert zuschaut, kann des Öfteren die chronologische Orientierung verlieren. Denn auch die Orte der Handlung springen wild durcheinander. Am besten erlebt man „Die Geschichte der Liebe“ womöglich, wenn man der situativen, inneren Logik von Leos Erinnerungen folgt. Der Rest wird dann schon klar.
Mit der Literaturverfilmung „Die Geschichte der Liebe“ legt der rumänische Regisseur Radu Mihaileanu ein ambitioniertes romantisches Drama vor. Allerdings gelingt es nicht immer die komplexe Struktur von Nicole Krauss´ Roman packend umzusetzen. Unterm Strich bleibt eine wechselvolle Familiengeschichte und eine leidlich leidenschaftliche Liebe zur meistgeliebten Frau der Welt. Etwa mehr Passion hätte nicht geschadet.

Die Geschichte der Liebe
OT: The History Of Love
Länge: 130 Minuten,
Gerne: Drama,
Regie: Radu Mihaileanu
Vorlage: gleichnamiger Roman von Nicole Krauss
Schauspiel: Derec Jacobi, Elliot Gould, Gemma Arterton, Sophie Nélisse
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: Prokino, Studiocanal
Kinostart: 20.07.2025
DVD-VÖ: 23.11.2017,
neu: 01.04.2021



