Kurz bevor der Sänger und Songschreiber Bruce Springsteen endgültig zum Weltstar wird, durchlebt er eine intensive und kreative Lebensphase voller wegweisender Entscheidungen. Der Regisseur Scott Cooper inszeniert die packende Musikerstudie nach dem gleichnamigen Sachbuch von Warren Zanes. „Springsteen : Deliver Me From Nowhere“ startet am 23. Oktober 2025 in den Kinos.
Mitte des Jahres 1981 beenden Bruce Springsteen (Jeremy Allen White) und die E-Street Band eine ausgedehnte Amerika-Tournee. Das Album „The River“ bescherte dem Sänger sein erstes Nummer 1- Album. Nun ist die Plattenfirma bereits an Nachschub interessiert. Eine neue Hit-Single wäre fein. Springsteen habe gerade “Momentum“, das es zu nutzen gelte.
Bruce Springsteen selbst braucht eine Pause. Er zieht sich nach New Jersey zurück, wo Manager Jon Landau (Jeremy Strong) ein abgelegenes Haus am See angemietet hat. Während Springsteen in Jersey gelegentlich mit einer lokalen Band in einer Bar auftritt, lernt er Faye Romano (Odessa Young) kennen, die kleine Schwester eines Schulkumpels. Faye ist alleinerziehend und die beiden gehen gelegentlich miteinander aus.
Doch Bruce Springsteen arbeitet vor allem an neuen Liedern. Dazu lässt er sich ein 4-Spur-Aufnahmegerät bringen und nimmt die Rohfassung der Songs auf Kompaktkassette auf. Immer wieder wird der Star auf seine Kindheit zurückgeworfen und hadert mit der Gegenwart und seinem Lebensweg. Nach einigen Monaten drängelt die Plattenfirma und Manager Jon Landau beginnt sich sorgen zu machen. Doch die neuen Songs scheinen viel Potential zu haben.
„Das ist das richtige Auto für einen Rockstar. Ich weiß, wer Sie sind.“
Bruce Springsteens Album „Nebraska“ erschien 1982. Auf dem Cover ist das Schwarzweiß-Foto eines Feldwegs im Winter. Gesehen durch die Windschutzscheibe eines Autos. In Roten Buchstaben auf schwarzen Hintergrund finden sich Interpret und Titel. Das Album erschien ohne Foto des Stars, ohne jedes Werbung und ohne Interviews oder TV-Auftritte.
Bruce Springsteen, der bei den Sessions in jenem Haus auch die Lieder für das später erscheinende Album „Born in the U.S.A.“ komponierte, haderte lange damit die Nebraska-Songs in einen stimmigen Sound zu packen. Letztlich beließ es der Boss dabei, die ursprüngliche Kassette als Vinyl-Album zu veröffentlichen. Überraschender Weise wurde das Album ein Erfolg und für viele Fans eines der einflussreichsten Alben des großen amerikanischen Liedermachers. Das Rock-Album „Born in the U.S.A.“ ließ es dann ebenso sehr krachen, wie „Nebraska“ tiefsinnig, intim und düster war.
„Deliver Me from Nowhere“ (deutsch etwa „erlöse mich aus dem nirgendwo“) ist kein episches Biopic über einen der erfolgreichsten und beliebtesten amerikanischen Rockstars. Der Film fokussiert sich bewusst auf diese Phase in Springsteens Leben und Karriere, die geprägt ist von Düsternis, Rückschau, Selbsterkenntnis und dem Hinter Sich Lassen eines Lebensabschnittes.
„Schön, dann weiß das wenigstens einer.“
Das ist weniger ein Aufbruch ins Unbekannte, als vielmehr ein Ringen, ein Hadern mit den Abschieden, mit dem Konzentrieren auf das persönlich Wichtige, die Kreativität. Und so wie Springsteen seinerzeit schon eine gefestigte und charismatisch Persönlichkeit war, die eine funktionierenden, unterstützenden Musikapparat um sich hat, so schwer tut sich Bruce damit loszulassen.
Das spiegelt sich auch in der Beziehung zu Faye. Die Bruce erst kontaktiert, als er ahnt, wohin seine kreative Reise geht. Und auch erst nachdem er seine kreative Routine in dem Schlafzimmer-Studio und mit Aufnahme-Assistent Mike Batlin in Gang gebracht hat. Faye ist eine selbstbewusste Frau, die weiß, worauf sie sich einlässt, wenn sie sie einlässt mit dem „König in dieser Stadt“. Und dennoch hofft sie auf mehr als der getriebene Musiker und Künstler wohl zu geben vermag.
„Springsteen: Deliver Me From Nowhere“ ist auch ein Fan-Film und verweigert sich der typischen „Erfolgsdramaturgie“ einer Filmbiographie. Darin liegt die große Stärke und Kraft des Dramas, aber auch seine Sperrigkeit und die Dunkelheit am Rande der Stadt.
„Wo ist die Kassettenhülle?“
Das ist quasi eine klassische Inszenierung dessen, was Kunst ist und wie Kunst entstehen kann. Es ist insofern kongenial eingefangen, weil auch das Album „Nebraska“ dunkel, sperrig und eigenwillig ist. Das ist schon sehr faszinierend umgesetzt und großartig gespielt von Jeremy Allen White, der sich seinen Springsteen aneignet und die Lieder auch selbst singt.
Und es ist kein Zufall, das weite Teile des Films in der Dunkelheit und in der Nacht spielen. Scott Cooper („Antlers“, „Auge um Auge“, Black Mass“) und sein langjähriger Kameramann Kameramann Masanobu Takayagani („Warrior“, Spotlight“, „Silver Linings“) bringen auf sehr ästhetische und zugleich zeitgenössische Weise Licht in das Dunkel. Die Nacht war selten so großartig ausgeleuchtet.
„Springsteen: Deliver Me From Nowhere“ ist ein großartige Künstlerbiographie und eine packender Einblick ins Lieder Schreiben. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Dämonen kann große Kunst hervorbringen. Schillernd und authentisch.
Springsteen: Deliver Me From Nowhere
OT: Springsteen: Deliver Me From Nowhere
Genre: Drama, Biografie,
Länge: 120 Minuten, USA, 2025
Regie: Scott Cooper
Schauspiel: Jeremy Allen White, Odessa Young, Jeremy Strong
FSK: ab 12 Jahren
Verleih: Disney Pictures (20th Century fox)
Kinostart: 23.10.2025