Gerade ist der aktuelle Film on Michael Hazanavicius „Das kostbarste aller Güter“ hierzulande in die Kinos gekommen. Daher ein Blick zurück auf den hochgelobten Film „The Artist“ von 2011. Erfolg macht sexy. Das gilt nicht nur für die Hauptfigur, sondern ebenso für „The Artist“, den (Überraschungs-)Kinohit des Jahres, der nicht nur bei den Oscar-Verleihungen dominierte.
Ende der 1920er Jahre ist George Valentin (Jean Dujardin) ein gefeierter Filmstar und das Leben ist schön. Bei den Dreharbeiten zu einem neuen Abenteuerfilm trifft er auf Peppy Miller (Bérénice Bejo), die so gerne eine Schauspielerin wäre. George ist von der Frau fasziniert und gibt ihr ein wenig Starthilfe. Dann wird die Ära der Stummfilme von den „Talkies“ abgelöst.
Der Siegeszug des Tonfilms verändert die gesamte Produktionslandschaft in der Traumfabrik Hollywood. Doch George Valentine will von der Modernisierung nichts wissen und produziert einen eigenen (Stumm)film. Während Valentins Stern zu sinken beginnt, erobert Peppy Miller mit ihrer charmanten und frechen Art die Leinwand.

Der französische Regisseur Michel Hazanavicius („OSS 117“) schlug sich schon länger mit der Idee herum, einen Schwarzweißfilm zu drehen und trotz eigener Skepsis fand das Projekt schnell Anklang. Herausgekommen ist eine charmante und liebevolle Hommage an das Kino, die mit ihrer treffenden Inszenierung der damaligen Filmkultur in allen Belangen überzeugt. Vor allem die beiden französischen Hauptdarsteller Bérénice Bejo und Jean Dujardin überzeugen mit ihrer Spielfreude und ihrer Lebhaftigkeit, die den Figuren soviel Tiefe einhauchen, dass es wahrlich keines Dialogs bedarf.
Der Zauber der Stille
Der Charme von „The Artist“ liegt in der Umsetzung des Themas. Der Glanz der amerikanischen Stummfilme strahlt durch den Film. Hazanavicius‘ Drehbuch fängt die typischen Charaktere der Zeit ebenso gekonnt ein, wie die stimmigen Kostüme, das grandiose Licht und die mitreißende Filmmusik.
Und gelegentlich sprengt der Ton, das neue Mirakel, auch den Rahmen von Fiktion und Filmleben. Im Making of zu „The Artist“ erwähnt der Regisseur wie begeistert Hollywood und die amerikanischen Schauspieler dem Filmprojekt gegenüberstanden und wie unkompliziert die Zusammenarbeit war, dabei ist die Prämisse schon ungewöhnlich: Ein französischer Regisseur dreht mit französischen Hauptdarstellern in Hollywood einen Film über Hollywood.
Während sich gleichzeitig Martin Scorsese mit „Hugo Cabret“, seiner Hommage an das Kino, nach Frankreich begibt und dort dem Filmpionier George Melies ein filmisches Denkmal setzt. Beide Filme haben die Oscar-Verleihung dominiert und jeweils fünf Goldjungs eingeheimst und noch einmal ebenso viele Nominierungen.
Der Sound des Kinos
Die „wichtigen“ Oscars gingen an „The Artist“, die technischen an „Hugo Cabret“. Und bei allem Unterhaltungswert beider Werke stellt sich bei soviel Hommage an die eigene Kunst schon die Frage, wo sich Nostalgie und Kunst und Unterhaltung treffen? Feiert sich da eine Branche einfach selbst?
Doch Kino war und ist schon immer vor allem ein Unterhaltungsmedium gewesen und diesem Anspruch wird „The Artist“ in nahezu erschreckend wohliger Weise gerecht. Und trotz exaltierter, zeitgemäßer Mimik und Gestik rühren einen die Schicksale der beiden Protagonisten.
„The Artist“ ist ein technisch und darstellerisch überaus gelungener, sehr unterhaltsamer Film, der nur anfänglich mit fehlender Farbe, fehlendem Ton und antiquiertem 4:3 Format irritiert. Schon nach wenigen Minuten nimmt einen der Douglas Fairbanks Lookalike Valentin mit seiner smarten Überheblichkeit mit in die gute alte Zeit. „The Artist“ ist großartiges Unterhaltungskino, das die Stummfilmzeit wieder auferstehen lässt und einen nostalgischen Zauber entfaltet.

The Artist
OT: The Artist
Genre: Drama, Komödie
Länge: 100 Minuten, F, 2011
Regie: Michael Hazanavicius
Schauspiel: Jean Dujardin, John Goodman, James Cromwell, Bérénice Bejo
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Studiocanal / Leonine
Kinostart: 26.01.2012
DVD- & BD-VÖ: 17.01.2013
Neuauflage 28.08.2015