Up in the Air: Alles, nur nicht Omaha!

Aus dem Archiv von 2009: „Up in the Air“ mit George Clooney. Noch kapitalistischer geht es kaum: Der Mann schmeißt professionell Leute raus. Nicht aus Kneipen, sondern verdiente Mitarbeiter fremder Firmen. Ryan Bingham und seine Kollegen werden immer dann geholt, wenn es gilt Personal freizusetzen. Aber es geht noch effizienter: per Videokonferenz. Das greift nun freilich Ryans Existenz auf eigenartige Weise an.

Denn um Kosten zu senken, sollen Ryan (George Clooney) und seine Kollegen nun von Omaha, Nevada, aus ihren Job erledigen. Das hat auch Vorteile: Mehr Zeit für die Familie und Sozialkontakte, geregeltere Arbeitszeiten und keine endlosen Fliegerzeiten mehr. Auf diese wunderbare turbokapitalistische Idee, die nicht nur Geld spart, sondern auch das Klima schont, ist Ryans neue hochmotivierte Kollegin Natalie Keener (Anna Kendrick) gekommen.

Doch Ryan ist alles andere als begeistert und das hat seine Gründe, allerdings andere als die, die er seinem Chef Craig Gregory (Jason Bateman) unter die Nase reibt, um weiter durch die USA fliegen zu können. Denn insgeheim hat Ryan noch einen anderen Traum: Er will als siebter Mensch überhaupt die Millionengrenze bei den Bonusmeilen knacken, denn er liebt es einfach unterwegs zu sein. Seinem ehrgeizigen Ziel ist er schon verdächtig nahe.

Keine Bonusmeilen mehr

Craig sieht ein, dass es der jungen Mitarbeiterin an Erfahrung fehlen könnte. So ist es Ryans Aufgabe, Natalie in die Feinheiten seines Jobs einzuführen. Wohl oder übel lässt sich Ryan darauf ein, nur um nicht in Omaha festzusitzen. Denn im Grunde hat der Vielflieger kein Privatleben.

Er hat sich in seiner Arbeitsexistenz so eingerichtet, dass er erst unterwegs so richtig lebendig ist. Da ist es eher störend, dass seine jüngere Schwester heiratet und ihn um einen Gefallen bittet: Von einigen historisch bedeutsamen Orten soll Ryan ein Foto mitbringen, mit dem Brautpaar als Pappaufsteller im Vordergrund. Mit seiner Familie hat Ryan sonst eigentlich nichts am Hut.

Der Effizienzmaschine Ryan Bingham bringen diese beiden Umstände das Leben durcheinander. Der Pappaufsteller ist zu groß fürs Reisegepäck und die Kollegin zu unpraktisch um schnell durch Flughäfen zu kommen. Doch es gibt auch einen Silberstreifen am Horizont: In der Geschäftsfrau Alex (Vera Farmiga)findet Ryan so etwas wie eine Seelenverwandte. Es dauert nicht lange, bis man die Reisepläne so abgleicht, dass immer wieder gemeinsame Zeit abfällt.

„Up in the Air“ ist einerseits Kapitalismussatire, die geschickt und clever das Menschliche mit dem Geschäft verbindet, ohne dabei allzu sentimental zu werden. Andererseits auch die Geschichte eines Mannes, der sich auf das Spiel eingelassen hat und sich dabei wohl fühlt. Bis er sich fragt, ob ihm nicht doch etwas fehlt. Der Film entlarvt viele der Business-Floskeln und Gepflogenheiten als im Grunde zynisch und stellt diesem Befund die Bindungslosigkeit des modernen Menschen an die Seite.

Business und Beziehungen

Das ist geschickt gemacht und lebt im Wesentlichen von seinem Dialogwitz. Das kommt den Figuren zugute, die alle sehr facettenreich gezeichnet sind und extrem überzeugend dargestellt. Und so aalglatt und geschäftsmäßig George Clooney als moderner Nomade Ryan Bingham auch ist, so fängt er den Zuschauer doch innerhalb der ersten Minuten mit Charme und Witz. Mit diesem Herrn gehen wir gerne auf Reisen.

Zurecht sind unter den sechs Oscar-Nominierungen für „Up in the Air“ auch drei für die Schauspieler dabei. Es macht einfach Spaß Alex, Ryan und Natalie zuzuschauen. Regisseur Jason Reitman („Thank You For Smoking“, „Juno“) hat den Roman von Walter Kirn, der schon die Vorlage für „Thumbsucker“ schrieb, für die Leinwand ein wenig umgemodelt und den Focus ein wenig von der Technikfixiertheit auf die Bindungslosigkeit umgelenkt. Dem Film tut das gut, auch wenn die Momente in denen Ryan versucht sich als Teil einer Gemeinschaft zu sehen, nicht gerade zu den stärksten des Films gehören.

„Up in the Air“ hat sehr viele witzige aber auch sehr viele nachdenkliche Momente und das Drehbuch ist ebenso gelungen wie die Inszenierung. Die eine oder andere Wendung des Films ist vielleicht nicht ganz so überzeugend und George Clooney ist so perfekt für die Rolle, dass es fast an ein Klischee grenzt.

„Up in the Air“ ist eine sehr unterhaltsame und sehenswerte Komödie, die nicht mit Kapitalsimuskritik geizt und vor allem durch eine tolle Besetzung und geschliffene Dialoge überzeugt.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Up in the Air
OT: Up in the Air
Genre: Komödie, Drama
Länge: 109 Minuten, USA, 2009
Regie: Jason Reitman
Schauspiel: George Clooney, Anna Kendrick, Vera Farmiga
FSK: ab 0 Jahren, ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Paramount
Kinostart: 04.02.2010
DVD- & BD-VÖ: 04.06.2010

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