Anno 2024 kommt der Kino-Blockbuster zum Jahresende mit langer Ankündigung aus der Arena. Meisterregisseur Ridley Scott erzählt sein vor 24 Jahren weltweit erfolgreiches Sandalenepos „Gladiator“ weiter. Das Publikum darf sich auf Spektakuläres freuen und das junge Publikum kommt locker ohne die Legendenbildung von „Gladiator“ aus. Das ist alles eh schon eine Ewigkeit her. (Schwert)-Vergleiche bleiben nicht aus und dennoch sollte „Gladiator II“ ab dem 14. November 2024 vor allem kurzweilig unterhalten.
Der römische Tribun Marcus Acacius (Pedro Pascal) kehrt siegreich von der Schlacht gegen das Numidische Reich heim. Während die tyrannischen Kaiser-Zwillinge Geta (Joseph Quinn) und Caracalla [Fred Hechinger) Roms heldenhaften Feldherrn ehren und direkt zu neuen Eroberungen verpflichten, sehnt der sich nach zuhause, nach Frieden und Frau. Lucilla (Conny Nielsen „Wonder Woman“) erwartet den Gatten, der keinen Hehl daraus macht, dass die Caesaren für das römische Reich eine Plage sind. Noch immer versucht auch Senator Gracchus (Derek Jacobi) Rom in eine Republik zu verwandeln, wie Lucillas Vater, der Kaiser Marcus Aurelius, es gewollt hatte.
Derweil ist unter den Gefangenen der junge Mann Hanno (Paul Mescal), der als Offizier im numidischen Heer kämpfte und bei der Entscheidungsschlacht seine Frau Arishat verloren hat. Nur der Gedanke an Rache hält ihn am Leben. Üblicherweise werden die Gefangenen als Sklaven verkauft, aus denen die Gladiatorenschulen ihre Kämpfer ankaufen. Hanno und andere Numidier kämpfen beachtlich und werden von Macrinus (Denzel Washington) erworben, einem ehemaligen Gladiator, der inzwischen eine eigene Gladiatorenschule betreibt.
Zur Feier von Marcus Acacius Sieg werden im Colosseum Spiele veranstaltet und auch Macrinus Kämpfer sind dabei; und Hanno hofft noch immer auf seine Rache. Doch in der Arena glaubt Lucilla den Gladiator wiederzuerkennen und versucht ihn für die Rebellion gegen die Kaiserzwillinge zu gewinnen.
Der Boden, auf dem man steht
Bereits der Vorspann fasst die Vorgeschichte von „Gladiator“ zusammen. Im Zeichenstil der Scottfree Produktionslogos werden ikonische Szenen aus dem Blockbuster zum Leben erweckt. Dann wird kurz erwähnt, dass die Handlung sich 16 Jahre nach dem Tod des Imperators Marcus Aurelius zuträgt, der zu Beginn von „Gladiator“ getötet wurde. Und ab geht die Post.
Mit erheblichem CGI-Aufwand steuert eine römische Flotte auf eine befestigte numidische Küstenstadt zu. Die kurz inszenierte Liebesidylle von Hanno und Arishat wird jäh zerstört und die Handlung geht ihren mehr oder minder erwartbaren Gang. Der von Rache getriebene tragische Held entpuppt sich als römischer Hoffnungsträger Lucius. Was kein Spoiler ist, weil die Namensgebung in allen möglichen Texten ohnehin schon die Abstammung des Helden preisgibt. Und doch nimmt die Handlung in „Gladiator II“ schon die eine oder andere erfrischende Wendung. Aber das mag jede:r selbst sehen.
Das Vermächtnis, das man ausschlägt
Nach rund einem Vierteljahrhundert eine „Fortsetzung“ zu drehen erscheint abstrus, vor allem, weil „Gladiator“ seinerzeit auserzählt schien. Aber nun ist eine ganz neue Publikumsgeneration herangewachsen, die „Gladiator“ möglicherweise kennt, aber eben geguckt hat wie etwas, das die Eltern abgefeiert haben. So wie jede Generation jene „Star Wars“ Trilogie bevorzugt, mit der sie aktuell im Kino groß geworden ist. Es geht für die Kreativen also weniger darum, die alten „Gladiator“-Fans in die Lichtspielhäuser zu locken, denn die kommen ohnehin. Und wenn es nur ist um sich zu bestätigen, dass Paul Mescal („All of us Strangers“) einem Russel Crowe („Sleeping dogs“) nicht das Wasser reichen kann. Und überhaupt, der Film ja nur ein Abklatsch werden kann.
Sicher „Gladiator II“ variiert und inszeniert sich entlang des vorgegebenen Erfolgsschemas. Die Zutaten sind ähnlich und vergleichbar, doch wie beim Kochen, kommt es auf die Feinheiten an. Paul Mescal ist sehr wohl ein wackerer Gladiator und ein körperlich sehr präsenter klassischer Held. Das Komplott gegen die degenerierten und tyrannischen Zwillingskaiser mag schematisch sein, jedoch: es spiegelt den heutigen Zeitgeist; aber das wäre ein anderer Text.
Die Freiheit, die man braucht
Sofern das Publikum der Handlungsprämisse folgt, dass „on screen“ weniger Zeit als im „real life“ vergangen ist, kommen alle bekannten Charaktere aus der Ecke, in der sie verlassen wurden und benehmen sich ihren Rollen entsprechend. Eventuell etwas abgekämpfter und desillusionierter.
Doch jene, die die Arena zum ersten Mal betreten, tragen die Geschichte und rocken das Haus. Während die Kaiser weitgehend dekorativ dekadent herumlungern, hat der Gladiatorenmacher Macrinus durchaus Pläne, die sich hinter dem gutmütigen Lächeln des Self Made Mans verbergen. Das ist nicht nur überraschend, sondern auch eine von Denzel Washingtons („Flight“, „Training Day“) feinsten Rollen.
Blieben noch die spektakulären Schauwerte und Production Values. Ridley Scott („Blade Runner“, „Alien“, „Exodus“) verzichtet nicht auf Computertechnik, hat aber ein Faible für Handgemachtes und die Mischung macht‘s. Die Kampf- und Action-Sequenzen sind sicherlich ein Grund sich „Gladiator II“ auf der großen Leinwand anzuschauen. Und wie immer steht der Kritiker, der auf der lahmen Story herumreitet, nerdig etwas abseits und neidet jenen die Freude an der Action, die einfach geil finden, dass die Paviane wie Vampir-Hyänen aussehen und bei der Seeschlacht weiße Haie für weniger Wasserverschmutzung sorgen.
„Gladiator II“ kann mensch nicht nur gucken, sondern das Publikum wird auch spektakulär und handwerklich sehr souverän unterhalten. Sicherlich ist „Gladiator II“ ein Sequel, eine Fortsetzung, die hinter dem Original zurückhängt, schlicht weil dieses die Messlatte setzte. Doch die Technik hat sich entwickelt, die Bildwelten sind moderner, zeitgemäßer und wuchtiger geworden und episches Blockbuster-Kino folgt seiner eigenen Logik. Take it or leave it.
Film-Wertung: (7 / 10)
Gladiator II
OT: Gladiator II
Genre: Historienfilm, Action, Drama
Länge: 148 Minuten, GB/USA; 2024
Regie: Ridley Scott
Schauspiel: Paul Mescal, Pedro Pascal, Conny Nielsen, Denzel Washington
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Paramount Pictures
Kinostart: 14.11.2024