Aire – Die letzte Zuflucht: Zukunft ungewiss

Auf einer Erde, deren Atmosphäre verseucht ist, lebt eine Wissenschaftlerin. Ob und wie viele Menschen überhaupt noch auf dem Planeten leben ist ungewiss. Nur die Technik in der Unterkunft funktioniert noch. Und die Hoffnung stirbt zuletzt. Die dominikanische Regisseurin Leticia Tonos Paniagua inszeniert einen stilsicheres Endzeit-Science-Fiction-Drama, das auch schon einige Preise einheimsen konnte. Pandastorm veröffentlicht „Aire – Die letzte Zuflucht“ nun digital und für das klassische Home-Entertainment als Blu-ray am 25. Oktober 2024.

Im Jahr 2147 hat ein Chemiekrieg die Erde beinahe vernichtet und die Atmosphäre fast zerstört. Die Menschheit hat im „Exodus 7“-Programm Kolonisten in unterschiedliche Richtungen des Weltalls geschickt. Auf der Erde sind nur noch Rebellen und Umweltaktivisten zurückgeblieben. Die Zivilisation ist kollabiert und nur vereinzelt funktionieren noch autonome intelligente technische Systeme. Weil die Kommunikation zusammengebrochen ist, weiß niemand wie es um die menschliche Population auf der Erde bestellt ist.

Die Biologin Tanja (Sophie Gómez) überlebt mit ihrer künstlichen Intelligenz Vida (Im spanischen Original gesprochen von Paz Vega) in einer abgeschlossenen Forschungseinheit auf der Insel Hispaniola. Tanja hat seit mehr als 4000 Tagen keinen Kontakt zu einem anderen Lebewesen gehabt.

Und dennoch forscht sie an neuem Pflanzenwachstum, das bislang allerdings nicht als menschliche Nahrung dienen kann. Die synthetische Ernährung hat die Forscherin geschwächt. Um das Überleben der Menschheit zu sichern, versucht Tanja außerdem Schwangerschaften in künstlichen Gebärmuttern durchzuführen, doch die Experimente scheitern immer wieder. Die Biologin überlegt selbst einen Embryo auszutragen.

„Ich habe dir das Leben gerettet.“

Eines Tages muss Tanja raus in das Tageslicht um das System wieder zum Laufen zu, als sie einem Menschen begegnet. Die Biologin überwältigt den Eindringling und nimmt ihn gefangen. Nun stellt sie sich zusammen mit Vida die Frage, ob sie den zeugungsunfähigen Mann namens Azarías (Jalsen Santana) zum Überleben brauchen. Zunächst kann er einige notwendige Reparaturen außerhalb der Unterkunft übernehmen.

Der lichtverbrannte Planet in „Aire – die letzte Zukunft“ wirkt unwirtlich und lebensfeindlich. In dieser wüstenhaften und trockenen Umgebung zu überleben erfordert Schatten und Kühlung und vor allem viel Technik um die verseuchte Atmosphäre zu filtern und an die menschlichen Bedürfnisse anzupassen. Doch die Technik in Tanjas Unterkunft ist alt und verwundbar. Die künstliche Intelligenz „Vida“ ist für alle Lebensbereiche der Biologin zuständig. Sowohl für die Technik, die immer wieder Aussetzer hat als auch für die Klimaüberwachung und die Gesundheitsanalyse.

Doch die Forscherin und Vida sind sich nicht immer einig. Vor allem, als mit dem unerwarteten „Besucher“ Azarías eine weitere Variable im Zusammenleben und Überleben auftaucht. Während Vida das Gefahrenpotential mit dem Nutzen des Neuankömmlings abwägt, geht es für Tanja auch um Gesellschaft und um das Überleben der Menschheit. Und die Chancen scheinen mit der Anwesenheit eines weiteren Menschen zu steigen.

„Ich habe dir Schmerz erspart.“

Die dominikanische Filmmacherin Leticia Tonos Paniagua erforscht mit ihrem fünften Langfilm neues Gelände und stellt einmal mehr den Beitrag der Dominikanischen Republik zur den so genannten Auslandsoscars. Auf die Shortlist haben es ihre Filme allerdings noch nicht geschafft. Es scheint in dem karibischen Inselstaat kaum eine nennenswerte Filmindustrie zu geben, weshalb vielleicht ein kleiner „Exotenbonus“ angebracht wäre.

Dabei hat „Aire – Die letzte Zuflucht“ diesen gar nicht nötig. Denn das Setting ist auch mit vergleichsweise überschaubarem Budget sehr überzeugend ausgefallen und wirkt beeindruckend dystopisch und postapokalyptisch. Wobei leerstehende Gebäudekomplexe immer auch eine eigene Aura haben. Lichtfilter und solide Spezialeffekte sorgen für den Rest. Der Film ist im mehrere Phasen unterteilt, die mit Neonschrift unterteilt werden.

Das Zeichen

Hinsichtlich der Geschichte hat „Aire“ ebenfalls einen eigenen Blickwinkel zu bieten. Mit der Forscherin kommt ein weiblicher Blickpunkt zum Tragen. Die Auseinandersetzung mit der Technik, die sicherlich auch ihren Teil zum Untergang der Menschheit beigetragen hat, wird um das Thema Fortpflanzung und körperliche Selbstbestimmung bereichert. Das hat durch aus ebenfalls gespiegelte Bezüge zur Gegenwart sofern das Publikum davon ausgehen mag, dass Sci-Fi auch das Jetzt thematisieren kann.

Wenn sich ein Drama so auf ein überschaubares Ensemble einlässt, kommen die einzelnen Figuren umso wichtiger zur Geltung. Immer reflektieren meditative und nachdenkliche Momente die Gesamtsituation und die Stimmung weiß zu überzeugen. Die Beziehung zwischen Tanja und der KI erinnert ein wenig an Grant Sputores „I Am Mother“ von 2015 oder auch an diverse eigenwillige Bordcomputer in Sci-Fi-Klassikern. Und dennoch gelingt es „Aire – Die Letze Zuflucht“ auf sehr eigene Weise von der Zukunft der Menschheit zu erzählen.

„Aire – Die letzte Zuflucht“ ist ein im Phasen fast kontemplatives Endzeit-Drama, das letztlich nicht die Frage nach der Zukunft der Menschheit stellt, sondern jene nach einem gegenwärtigen Zusammenleben mit überbordender Technik und der Achtlosigkeit der menschlichen Rasse bezüglich des eigenen Überlebens und der eigenen Lebensgrundlage. Das ist schon imposant bebildert.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Aire – Die letzte Zukunft
OT: Aire – Just Breathe
Genre: Science-Fiction, Drama,
Länge: 93 Minuten, DOM / E, 2024
Regie: Leticia Tonos Paniagua
Schauspiel: Sophie Gómez, Jalsen Santana
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Pandastorm Pictures
Kinostart: nicht in Deutschland
Digital- & BD-VÖ: 25.10.2024

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