Cosmopolis: Im Schritttempo in die Krise

Der #Partysommer24 will auch verdient werden. Einblicke in die Finanzwelt mit „Cosmopolis“ von 2012.Literaturverfilmungen sind eine zweischneidige Angelegenheit: Selten gelingt es, die volle Stärke der Vorlage umzusetzen, was auch nicht notgedrungen sein muss, schließlich muss der Film für sich selbst stehen. Der Vergleich drängt sich trotzdem auf. David Cronenberg hat sich nach „Naked Lunch“ einem weiteren „unverfilmbaren“ Roman gewidmet: „Cosmopolis“. Ein Teilerfolg.

Der reiche Jungspund Eric Packer (Robert Pattinson) beschließt, dass er einen Haarschnitt braucht und setzt sich in seine aufgemotzte Stretchlimo. Entgegen aller Warnungen seiner Sicherheitsleute. Denn die Wall Street wird von Kapitalismus-Gegner besetzt und der Präsident der USA ist in New York. Es gibt Verkehrschaos und Attentatswarnungen. Packer hat sein Geld mit Spekulationen gemacht und eine gehörige Portion Paranoia entwickelt. So bewegt sich die Strechtlimo im Schritttempo durch die Straßen und der geniale Neureiche hält Hof.

Im Laufe des Tages trifft er seine Frau, seine Geliebte, seinen Computerspezialisten, seine Kunsthändlerin. Sowie seinen Arzt, der ihm im Auto die Prostata untersucht, und diverse andere Gestalten. Es soll auch einen Anschlag auf Packard selbst geben, doch der setzt seinen Weg unbeirrt fort.

Meetings in der Stretchlimousine

Don DeLillos 2003 erschienener Roman „Cosmopolis“ ist eine Zustandsbeschreibung der Finanzwelt kurz vor dem großen Crash. Ein Tag in einer Hochsicherheits-Limousine, die sich im Schritttempo durch den Nabel der Finanzwelt bewegt, ist an sich schon ein starkes Symbol. Vor allem die Dialoge – teils kryptisch, teil metaphysisch – machen die große Qualität des Romans aus. Regisseur David Cronenberg hat diese schlicht und ergreifend übernommen und so ein Drehbuch geschrieben, das dem Roman erstaunlich nahekommt.

Allerdings funktioniert der Film „Cosmopolis“ nicht durchgehend. Cronenberg macht vieles richtig und schafft es die Stimmung und die dämmernde Katastrophe perfekt zu übertragen. Neben Hauptdarsteller Robert Pattinson („The Batman“, „Twilight“), der hier seine bisher beste Rolle spielt, sind viele hervorragende Schauspieler mit dabei wie Juliette Binoche, Samantha Morton, Paul Giamatti und Mathieu Amalric. Das Limousinen-Innere ist perfekt gestaltet und die Kulissen sind stimmig. Und dennoch krankt der Film an seiner Langatmigkeit und genau an der Qualität des Romans, den Dialogen.

Paranoia in New York

Mit fast zwei Stunden ist „Cosmopolis“ schlicht zu lang ausgefallen. So pointiert und ansprechend die Dialoge auch sind, es kommt der Zeitpunkt, an dem der Zuschauer nicht mehr folgen kann. Anders als im Buch steht noch einmal Lesen schlicht nicht zur Wahl. Außerdem fällt es dem Zuschauer schwerer zu der Figur des Eric Packer irgendeine Beziehung aufzubauen als dies im Roman der Fall ist. Das liegt weniger an Pattinsons darstellerischen Fähigkeiten als an der auf Oberflächlichkeit getrimmten Figur, die keine Nähe zulässt und in ihrer eigenen Genialität derart gefangen ist, dass sie unbewusst auf einen Wendepunkt zusteuert.

Letztlich bleibt der Eindruck, dass der Kultregisseur Cronenberg sich mit der Literaturverfilmung „Cosmopolis“ einen Schnellschuss erlaubt hat, der zwar prinzipiell gelungen ist, aber im Detail nicht überzeugt, so dass am Ende ein erstaunlich durchschnittlicher Film dabei herausgekommen ist. Für den Regisseur von „Naked Lunch“, “Existenz”und „A History of Violence“ deutlich zu wenig.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

Cosmopolis
OT: Cosmopolis
Genre: Drama,
Länge: 109 Minuten, USA, 2012
Regie: David Cronenberg
Vorlage: Gleichnamiger Roman von Don DeLillo (deutsch bei Kiepenheuer und Wisch)
Darsteller:innen: Robert Pattinson, Juliette Binoche Samantha Morten, Mathieu Amalric
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Falcom Media, Alive,
Kinostart: 05.07.2012
DVD- & BD-VÖ: 29.10.2012