Sons of Norway: Die unmögliche Rebellion

Aus dem Archiv in den #Partysommer24, weil gerade Ferienzeit ist: „Sons of Norway“ von 2011. Die norwegische Dramödie „Sons Of Norway“ beginnt mit dem fatalen Wurf einer Bierflasche, die den Bürgermeister der Kleinstadt am Nationalfeiertag hinter dem Rednerpult niederstreckt. Was sollte man von einer Horde jugendlicher Punker auch anderes erwarten? Eine Geschichte von der Unmöglichkeit jugendlicher Rebellion und großes Kino.

Der junge Nikolaj (Åsmund Høeg) wächst als Sohn antiautoritärer Eltern auf. Vater Magnus (Sven Nordin) ist ein Pfeife schmauchender Altachtundsechziger, der seine hehren, kommunistischen Ideale noch immer zu leben versucht und der als Architekt in der kleinen Stadt sein Geld verdient. Unkonventionell geht es im vierköpfigen Haushalt zu und Weihnachten wird – streng antireligiös, in diesem Jahr mit Bananen gefeiert. Das komplette Menü und die Deko, sogar der Weihnachtsbaum und die Gans sind mit Bananen verziert. Nicht nur Ende der 1970er eine eigenwillige Art zu feiern.

Doch die familiäre Idylle hält nicht an. Nikolajs Mutter stirbt bei einem tragischen Autounfall und stürzt den Vater in tiefe Depressionen. Nikolajs kleiner Bruder wird zu Verwandten gegeben und fortan sind es die beiden Männer allein. Gerade in der Phase der Pubertät vermisst Nikolaj jeglichen elterlichen Beistand und als er zum ersten Mal einen Song der Sex Pistols hört, ist er hin und weg. Zuerst wird das lange Haar gekappt anschließend werden die Klamotten zerrrissen. Dann die Band gegründet. Ein Außenseiter war Nikolaj schon vorher, doch jetzt macht er Ernst mit seiner jugendlichen Revolte.

Die Geburt des Punk außerhalb Englands

Dumm nur, dass gegen diesen unkonventionellen Vater kein rebellieren möglich ist: Der Linksintellektuelle erfreut sich an der Nonkonformität seines Sohnes und unterstützt ihn in seinen Eskapaden. Was für Nikolaj allerdings noch schlimmer ist: Er macht mit! Und der Vater merkt dabei nicht, dass sein Sohn geradewegs in eine Tragödie steuert.

Verwirrend ist ein Attribut, das die tragische Komödie „Sons of Norway“ am besten beschreibt. Kaum glaubt der Zuschauer den Takt und die Stimmung des Films erfasst zu haben, da ändert die Handlung abrupt und scheinbar willkürlich ihre Richtung. Regisseur Jens Lien geht es nicht darum einen nostalgischen Wohlfühlfilm zu drehen, stattdessen konfrontiert er den Zuschauer immer wieder mit der Absurdität und Heftigkeit die auch Nikolaj in seinem Leben als Heranwachsender erfährt. Das ist durchaus stimmig, sehr witzig, sehr tragisch und sehr intensiv. Mehr Punk-Feeling geht auf der Leinwand kaum. Immerhin litt die No Future-Generation ja an einem Lebensekel der mit hysterischer Intensität gepaart war.

No Future

Neben den unglaublich originellen und liebenswerten Charakteren, gerade von Vater und Sohn, merkt man der Geschichte an, dass Drehbuchautor Jens Foebenius weiß wovon er erzählt. Nicht nur im menschlichen Bereich, sondern auch in Bezug auf Musik. Wer Magnus die vom Musikkritiker Greil Marcus postulierte Verbindung von Punk zum Dadaismus in den Mund legt, hat auch Musikverstand. „Sons of Norway“ beruht auf Froboenuis’ „verlogener Autobiografie“, die 2004 in Buchform erschien.

In gewissen Sequenzen erinnert der Film ein wenig an „Dorfpunks“ die ebenfalls verfilmten Erinnerungen von Rocko Schamoni („Fraktus“). Doch wo Lars Jessens ( „Mittagstunde“) Film auf nostalgischen Humor und den wiedererkennungswert beim Publikum setzt, haut „Sons of Norway“ rein. Immer nach der alten Punk Maxime: Scheiß drauf!

Die norwegische Tragikomödie „Sons of Norway“ erzählt von einer außergewöhnlichen Vater-Sohn-Beziehung und von einer verschwendeten Jugend in der Ödnis einer norwegischen Kleinstadt der 1970er. Die emotionale Achterbahnfahrt mit einem Gastauftritt von Sex Pistol Johnny Rotten hat es in sich und gewinnt, weil die Geschichte konsequent erzählt ist.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

Sons of Norway
OT: Sønner av Norge
Genre: Komödie, Drama
Länge: 87 Minuten, N, 2011
Regie: Jen Lien
Darsteller:innen: Åsmund Høeg, Johnny Rotten, Sven Nordin
FSK: ab 6 Jahren
Vertrieb: Alamode, Alive
Kinostart: 03.07.2012
DVD-VÖ: 09.11.2012