The Room Next Door: Das Haus brennt

Die erfolgreiche Schriftstellerin Ingrid Peters trifft in New York ihre schwer krebskranke Freundin Martha Hunt wieder. Die ist die Therapien leid und bittet ihre alte Vertraute um einen letzten Gefallen. Der Spanische Regie-Altmeister Pedro Almodovar verfilmt einen Roman von Sigrid Nunez und dreht seinen ersten englischsprachigen Spielfilm mit zwei herausragenden Darstellerinnen: Tilda Swinton und Julianne Moore. Zu sehen im Kino ab dem 24. Oktober 2024.

Bei der Signierstunde zu ihrem neuen Buch „On Sudden Deaths“ (Deutsch: „Über plötzliche Todesfälle“) erfährt die Schriftstellerin Ingrid Peters (Julianne Moore), dass ihre frühere Freundin Martha Hunt (Tilda Swinton) schwer krebskrank ist. Ingrid entschließt sich zu einem Besuch im Krankenhaus. die beiden freuen sich über das Wiedersehen und Ingrid, die gerade aus Europa zurück nach New York gezogen ist, wird der schwer kranken ehemaligen Kriegsreporterin Martha schnell wieder eine gute Freundin.

als die Therapie doch nicht wie gewünscht anschlägt, fasst Martha den Entschluss zu sterben. Sie bittet Ingrid, sie dabei zu begleiten. die geschockte Schriftstellerin, die gerade erst über ihre Panik vor dem Tod geschrieben hat, willigt ein, Martha zu begleiten. Die hat ein Haus in Woodstock gemietet und bereitet sich nun vor aus dem Leben zu scheiden. Derweil rät Ingrids alter Freund Damian (John Turturro), der heimlich ins Vertrauen gezogen wird, Ingrid zur juristischen Absicherung.

Die fürchterliche Angst vor dem Tod

Die Sache mit der Sterbehilfe ist kompliziert. Sowohl ethisch als auch juristisch gibt es da etliche Aspekte, die sich in Tiefe und Breite diskutieren lassen. Ähnlich komplex ist auch die international sehr unterschiedliche Rechtslage. In den USA, wo „The Room Next Door“ handelt, ist sowohl der Freitod als auch die Sterbehilfe juristisch strafbar. Wobei im Film Ingrid, streng genommen überhaupt nicht hilft oder gar aktiv eingreift, sondern von ihrer alten Weggefährtin um Gesellschaft auf dem letzten Weg gebeten wird.

„The Room Next Door“ ist ein außergewöhnlicher Film, aber nicht unbedingt in jeder Beziehung ein überzeugender. Wobei ich gestehe, dass ich Julianne Moore, John Turturro und Tilda Swinton wohl auch gerne zusehen würde, wenn sie „Das Telefonbuch vorlesen“ wie jemand mal über Schauspieler Ben Becker anmerkte. Das ist insofern relevant, weil Ingrid und Martha sich Jahrzehnte nicht gesehen haben, aber reine prägende Phase ihres Lebens als Wohngemeinschaft verbrachten. Und dennoch bestehen ihre ersten Gespräche quasi aus Marthas eher unbeholfen aufgesagten Monologen.

Da hat ein Drehbuch Mitteilungsbedürfnis und stellt die Funktion über die Form. Das wirkt irritierend unnahbar, so wie die Filme von Pedro Almodóvar häufig zwar starke Charaktere – oft genug Frauen – zu bieten haben, aber emotional doch eher distanziert bleiben. So lässt mich auch „der Raum nebenan“ gefühlsmäßig seltsam unbeteiligt. Anders etwa als Christian Züberts Sterbehilfe-Ausflug nach Belgien in „Hin und Weg“ (2014). Der Zugang zum Thema ist ein anderer, emotionalerer. Nicht das die Filme vergleichbar wären, aber Almodóvar ist häufig ein stilsicherer Bildstilist.

Sterbebegleitung wie bei einem kontrollierten LSD-Trip

So auch hier. Die Outfits von Martha sind so hinreißend farbig wie das gemietete Anwesen architektonisch extravagant. Und auch die Handlung ist voller Anspielungen und Fragen, an denen sich das Publikum abarbeiten könnte, aber nicht müsste. Schließlich geht es um Freundschaft, die durchaus perfide auswüchse annimmt, und würdevolles Sterben, so es das denn gibt. Absurder Weise scheint die Begleitung mehr Angst vor dem Tod zu haben als die Sterbende.

Darüber hinaus ist Woodstock zwar eine beschauliche Gemeinde nördlich von New York, aber eben auch jener Ort, wo einst Freiheit, Rock ‚n ‚Roll und „Frühstück im Bett für 400.000“ gefeiert wurden. Und dann ist da noch der allgegenwärtige James Joyce, dessen 1914 in „Dubliners“ veröffentlichte Erzählung „The Dead“ (Deutsch: Die Toten“) als eine der „brillantesten Erzählungen englischer Sprache“ gilt (Wikipedia) und die vom amerikanischen Regisseur John Huston verfilmt wurde. Immer wieder wird auf das Ende von „The Dead“ Bezug genommen, wenn der Schnee fällt und die Leben den und die Toten gleichermaßen umfängt. Aber das mag jede:r selbst sehen.

Pedro Almodóvars „The Room Next Door“ bestimmt nicht des Filmmachers stärkstes Werk, aber das großartige Ensemble und die eigenständige Bildsprache machen die Romanverfilmung nach Sigrid Nunez Vorlage „What are you going Through“ trotz holpriger Passagen und bisweilen überspannter Szenen sehenswert.

Film-Wertung: 6 out of 10 stars (6 / 10)

The Room Next Door
OT: The Room Next Door
Genre: Drama
Länge: 107 Minuten, USA
Regie: Pedro Amodóvar
Vorlage: Roman „Waht are you going Through?“ von Sigrid Nunez, 2020, (deutsch „Was fehlt dir?, Aufbau Verlag)
Schauspiel: Tilda Swinon, John Turturro, Julianne Moore
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Wartner Bros
Kinostart: 24.10.2024

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