Aus dem Archiv in den #Seriapril: „The Wire“ –Staffel 2 von 2003. Sich über die amerikanische Polizeiserie „The Wire“ auszulassen, ist wie Drogen nach Baltimore schmuggeln. Doch die zweite Staffel ist hierzulande 2011 erstmals in synchronisierter Form auf DVD erschienen und gehört nach wie vor zum Besten, was der Serienmarkt so hergibt. Staffel 1 habe ich seinerzeit erstaunlicher Weise nicht vorgestellt. Ein neuer Fall führt die Sonderermittler wieder zusammen.
Wie schon die erste Staffel der legendären Krimiserie „The Wire“ entwickelt auch die Fortsetzung die Ermittlungen in einem einzigen Fall. Diesmal spielt Baltimores Hafen eine zentrale Rolle im Seriengeschehen. McNulty (Dominic West), der eigenwillige Mordermittler, wurde aus der Mordkomission verbannt und fristet sein Polizistendasein inzwischen bei der Hafenpolizei. Dann fischt McNulty eine Frauenleiche aus dem Wasser. Rawls (John Domman), der Leiter der Mordkommission fühlt sich nicht zuständig und versucht den Fall auf die Polizei im Umland abzuwälzen. Doch der nachtragende McNulty schafft es, den Fundort der Leiche wieder aufs Stadtgebiet zu verlegen.
Etwas später werden im Containerhafen die Leichen von anderen illegalen Einwanderinnen aus Osteuropa entdeckt, die elendig in einem Container erstickt sind. Zunächst glauben alle an einen Unfall, doch der Schein trügt und nun steht die Mordkommission in Baltimore mit 14 ungeklärten Morden da. Gleichzeitig gerät eine Hafenarbeitergewerkschaft aus anderem Grund ins Visier der Polizei und der Distriktchef fordert eine Sondereinheit, um dem Gewerkschaftsboss Frank Sobotka (Chris Bauer) etwas anzuhängen.
Der Hafen, der Schmuggel
Obwohl Lieutenant Daniels (Lance Reddick) eigentlich in die Asservatenkammer verbannt wurde und seine Kündigung so gut wie abgeschickt ist, übernimmt er die Leitung der Sondereinheit, um seine Polizeikarriere vielleicht doch noch zu retten. Und so machen sich die Ermittler, die schon in der ersten Staffel den Drogenmarkt in Baltimore aufgemischt haben, nun im Hafen auf die Suche nach Drogen und stoßen über Umwege auch wieder auf alte Bekannte und einige Überraschungen.
Auch wenn die Handlung der zweiten Staffel von „The Wire“ fast nahtlos an den Vorgänger anknüpft, kommen Quereinsteiger locker in die Polizeigeschäfte in Baltimore hinein. Die schon bekannten Figuren werden zwar nicht mehr ausführlich eingeführt, doch das Wesentliche der Vorgeschichte wird immer mal wieder aufgefrischt.
Der neue Fall der Ermittlungseinheit wird langsam aufgebaut und es gibt viele lose Enden, die zusammengeknüpft einen festen Handlungsstrick ergeben. Die Perspektive wechselt dabei stetig zwischen „Guten“ und „Bösen“; zwischen Polizei, Drogenhändlern, Hafenarbeitern und organisierter Kriminalität. Das hat schon die erste Staffel ausgezeichnet und für den herausragenden Erfolg der Serie, nicht nur in den USA, geführt.
Das alte Team wieder zusammenbringen
Die Story und die Charaktere können sich in Ruhe, aber dennoch spannend und kurzweilig entfalten. Am Ende ist die Komplexität des Ganzen erstaunlich stimmig. „The Wire“ bleibt dabei immer betont realistisch auch wenn das Drogen- und Menschenhändlermilieu die Serie auf eine „hard-boiled“ Krimi-Schiene bringt. Die Verlagerung der Haupthandlung in das Hafenmilieu Baltimores tut der zweiten Staffel von „The Wire“ gut und schafft es ganz nebenbei eine andere Facette Baltimores zu zeigen. Im Grunde ist die größte Stadt des amerikanischen Bundesstaates Maryland selbst der eigentliche Star der Serie.
Baltimore ist weit mehr als nur die Kulisse, vor der sich unterschiedliche soziale Missstände und gesellschaftliche Umbrüche darstellen lassen. Die unterschiedlichen räumlichen und sozialen Milieus der Stadt sind zwar exemplarisch für viele Städte der USA aber dennoch immer mit authentischem Lokalkolorit und ganz eigenem Ton umgesetzt. Was auch am Dreh vor Ort und mit etlichen Laiendarstellern liegt.
Streaming vs klassisches Home-Entertainment
„The Wire“ lief in fünf in sich abgeschlossenen Staffeln von 2002 bis 2008 auf dem amerikanischen Sender HBO. Hierzulande wurde die Serie nur im Pay-TV ausgestrahlt. Anders als die Serie selbst wurde die Synchronfassung nicht mit Lob überschüttet. Doch wer versucht hat, einige Folgen im Original zu sehen, weiß um die Schwierigkeit den kaum verständlichen Slang auch noch angemessen zu übersetzten.
„The Wire“ gilt vielen als beste TV-Serie aller Zeiten und wer bisher versäumt hat, sich ein eigenes Bild zu machen, sollte das schleunigst nachholen. Erstaunlicherweise gelingt es dem Team und den Drehbuchautoren um Dave Simon das Niveau der Serie konstant hochzuhalten. Extrem sehenswert ist „The Wire“ auf jeden Fall und weil Vorfreude die schönste ist, kann sich der Zuschauer hierzulande noch auf drei weitere vertrackte Ermittlungen freuen.
Auch die zweite Staffel der TV-Krimi-Serie „The Wire“ überzeugt mit komplexer Handlung, viel Realismus authentischen Milieus und gelungenen Charakteren. Die Verlagerung der Handlung in den Hafen von Baltimore bringt neue Facetten und hält gleichzeitig das Niveau der grandiosen ersten Staffel um die Sonderermittler McNulty und Co.
Serien-Wertung: (9 / 10)
The Wire – Staffel 2
OT: the Wire – Season 2, USA, 2003
Länge: 593 Minuten (12 Folgen a ca 50 Minuten)
Format: 4:3
Idee: David Simon, Ed Burns,
Regie: Steve Shill, Ed Bianci, et al.
Darsteller: Dominic West, Lance Reddick, Idris Elba, Amy ryan
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Warner, Universal
DVD-VÖ: 06.05.2011