Aus dem Archiv in den #Thrillzember: „Suburra“ von 2017. Der Mafiathriller von Steffano Sollima beruht auf einem Tatsachenroman. Inzwischen ist die Story auch bei für Netflix als Serienformat realisiert wurden. Hier geht es um den Spielfilm, der 2017 hierzulande in die Kinos kam. Rom ist bisweilen der Nabel der Welt, zumindest, wenn es um Machtverflechtungen und organisiertes Verbrechen geht. Kein Wunder das der international gefeierte Thriller verschachtelt ausgefallen ist.
Gleich zu Beginn zelebriert „Suburra“ eine Art Weltuntergangsstimmung. Mit düsteren Bildern und andauernd eingeblendeten Daten huldigt „Suburra“ den nahenden Zusammenbruch dieser Welt, die die Machtmenschen aus Politik und organisiertem Verbrechen bevölkern. Anfangs mysteriös gehaltenen Einblendungen aus dem Vatikanstaat, wo sich Unglaubliches anbahnt, lassen auf eine Katastrohe biblischen Ausmaßes schließen.
Ausgelöst werden die Geschehnisse dann durch die Exzesse des Politikers Filipo Malgradi (Pierfrancesco Favino). Eien Minderjährige Porstituierte stirbt bei einem drogengetränkten Dreier im Hotel. Malgradi verpieselt sich und lässt die andere Sexarbeiterin mit der Sauerei zurück. Die wendet sich an ihren Freund Spadino (Giacomo Ferrara) an, der die Leiche entsorgt. Spadino allerdings ist Sprößling des Zigeuner-Clans der Ancaletti und gewohnheitsbedingt wittert der Gauner hier Möglichkeiten.
Rom, die ewige Stadt
An anderer Stelle schüchtert der aufstrebende Mafioso Aureliano „ Nummer 8“ Adami (Alessandro Borghi) im Roms Hafenstadt Ostia massiv Immobilienbesitzer ein. Die Mafia unter dem „Samurai“ (Claudio Adendola) plant Großes in Ostia: Eine Amüsiermeile wie in Las Vegas. Ausgerechnet die Erpressung Malgradis bringt die ganze Sache in Gefahr, denn die Neubebauung muss im Kabinett noch genehmigt werden. Folglich setzt der Samurai seine Nummer 8 auf den Erpresser an. Dass der Mafioso den Zigeuner Spadino tötet war nicht geplant.
Das löst einen Bandenkrieg aus. Manfredi Ancaletti (Adamo Dionisi) will Rache für seinen Sohn und zieht den unbedarften Eventmanager Sebastiano (Elio Germano) in die Sache hinein, der für die Schulden seines Vaters geradestehen muss. Die Situation ist angespannt. Messer und Pistolen sitzen locker.
Solche Verflechtung von Macht und organisiertem Verbrechen findet sich kaum irgendwo anders als in der Italienischen Hauptstadt. Die Nähe zum Kriche und zum Vatikan spielte dabei schon immer eine Rolle. Von außen betrachtet, wirkte das politische Chaos der letzten Jahrzehnte in Italiens schon immer absonderlich. Jetzt legt Regisseur Steffano Sollima die Verfilmung des Tatsachenromanes „Suburra“ vor und entfaltet einen verschachtelten Thriller, der vor allem visuell überzeugt.
Las Vegas, der feuchte Traum der Unterwelt
Regisseur Sollima hat filmisch schon organisierten Verbrechen inszeniert; nicht nur als Regisseur der ersten Staffel der „Gomorrha“-Serie, sondern auch in seiner TV-Serie „Romanzo Criminale“, die ebenfalls in Rom spielt. Die Autoren des Tatsachenromans „Suburra“ (auf Deutsch als Heyne Taschenbuch erschienen) besorgen die fiktionalisierte Drehbuchfassung gleich selbst. Giancarlo De Cataldo und Carlo Bonini liefern ab und der Stoff wurde auch als TV-Serie für Netflix adaptiert.
Es ist immer gut, wenn sich ein Regisseur auf seine Crew verlassen kann. Kameramann Carnera hat bereits bei „Gomorrha“ und „Romanzo Criminale“ mit Sollima zusammengearbeitet. Die Bilder von Kameramann Paolo Carnera, sind stilvoll und dunkel und verleihen dieser halbseidenen Welt der Verbrecher, Politiker und Huren einen eleganten Glanz.
Der Vatikan …
Das Lebensgefühl der Protagonisten kommt so zum Ausdruck. Gelegentlich ergibt sich ein Kontrast zu den schäbigen Absteigen und Treffpunkten der Gauner. Die großartige, hierzulande zumeist unbekannte, Besetzung macht den Thriller „Suburra“ dann so fiebrig und so spannend, wie der Zuschauer sich das inzwischen erhofft.
„Suburra“ ist überzeugend konstruiert und gefilmt. Die Story ist vertrackt und fesselnd, die Darsteller überraschend intensiv. Allen voran überzeugt Adamo Dionisi als hartgesottenes Oberhaupt des Zigeunerclans. Allerdings hat „Suburra“ eigentlich auch nichts zu bieten, was andere Formate über organisierte Kriminalität nicht schon beleuchtet hätten. Mafiöse Strukturen und familiäre Verstrickungen hatte schon „Der Pate“ zu bieten.
Der Serienerfolg von „Gomorrha“ liefert die stilistische, italienische Blaupause für „Suburra“ und die absurde, abrupte Gewalt wurde ebenfalls schon anderweitig (nicht zuletzt in der Spielfilmversion von „Gomorrha“, oder in einigen Filmen von Nicolas Winding Refn) inszeniert. Gerade zu Filmbeginn sind einige Dialoge derart klischeeverdächtig, dass sie wie verbale Bretter wirken. Auch die Parallelmontage von Sex- und Gewalt-Exzess wirkt zwar stilvoll aber auch nicht eben inspiriert. Auf das marode politische System Italiens lässt sich „Suburra ebenfalls nur bedingt anwenden. Die Apokalypse war schließlich angekündigt.
Der italienische Thriller „Suburra“ zielt eindeutig auf das Publikum, das sich mit dem Serienerfolg „Gomorrha“ spannend unterhalten fühlte, und liefert in dieser Hinsicht Vollbedienung. Die Inszenierung organisierter Kriminalität hat man cineastisch indes schon innovativer und origineller gesehen. Unterm Strich bleibt solide, handwerklich robuste Thrillerkost.
Film-Wertung: (6 / 10)
Suburra – 7 Tage bis zur Apokalypse
OT: Suburra
Genre: Thriller, Krimi,
Länge: 130 Minuten, F/I, 2015
Regie: Stefano Sollima
Darsteller:innen: Pierfrancesco Favino, Giaccomo Ferrara, Alessandro Borghi
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Plaion Films (ehem. Koch Film)
Kinostart: 26.01.2017
DVD- & BD-VÖ: 08.06.2017