Mrs. Harris und ein Kleid von Dior: Glückstage in Paris

Vielleicht haben viele Menschen insgeheim Wünsche, die in unerreichbarer Ferne erscheinen. Die englische Putzfrau Ada Harris hätte gerne ein Kleid des Pariser Modezaren Christian Dior, auch wenn es vielleicht an Gelegenheit mangelt, das jemals zu tragen. Hauptsache es gibt etwas, auf dass der Mensch hoffen kann. Im Kino ab 10.November 2022.

Im London der 1950er Jahre bestreitet die Putzfrau Ada Harris (Leslie Manville) ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht. Sie hat zwar einige Stellen, bei denen sie regelmäßig putz, aber nicht alle Kunden haben auch eine gute Zahlungsmoral. Es ist gerade so ein Auskommen mit dem Einkommen.

Noch immer hofft Ada, dass ihr Gatte aus dem Krieg zurückkommen möge. Da helfen weder die realistischen Worte ihrer Freundin Violet Butterfield (Ellen thomas) noch die Avancen des charmanten Hausmeisters Archie (Jason Isaacs). Eines Tages sieht Ada Harris bei Lady Dant ein Kleid von Dior und ist hingerissen. Fortan träumt sie davon, selbst ein solches Kleid zu tragen.

Als Ada die Nachricht bekommt, dass die Armee ihren Gatten für Tod erklärt hat, beschließt sie, sich den Kleiderwunsch zu erfüllen. Doch so viel Geld will erste einmal beiseitegelegt sein. Eine unerwartete Geldspritze hilft.

„Heute ist mein Glückstag.“ (Ada Harris)

Doch in Paris steht Ada Haris vor ungeahnten Problemen, sie kommt überhaupt nicht rein, in die Haute Couture Show des Designers. Der Zufall und auch Adas zupackende Art helfen auch darüber hinweg und schließlich scheint sich der Traum vom Kleid zu erfüllen. Doch so einfach gestaltet sich auch das nicht, schließlich muss das Kleid eigens für die Kundin geschneidert werden und Ada wollte am Abend wieder nach London fliegen.

Paul Gallico verfasste die Geschichte der Londoner Putzfrau 1958 und schuf damit einen beschwingten Unterhaltungsklassiker, der bereits einige Verfilmungen gesehen hat. Unter anderem 1992 mit der jüngst verstorbenen Angela Lansbury und auch mit der deutschen Schauspielerin Inge Meisel, die sogar in einer ganzen Reihe von Mrs. Harris Filmen zu sehen war. Der Großteil davon beruhte auf Geschichten von Paul Gallico, die dieser ob des Erfolgs von „Mrs Harris Goes To Paris“ nachlegte.

Regisseur Anthony Fabian legt in seiner Verfilmung Wert darauf, Mrs. Harris Beweggründe und Sehnsüchte nachvollziehbar zu gestalten und so ist eine Sozialkomödie in bester britischer Tradition entstanden. Der Underdog aus der Arbeiterklasse ist dieses Mal mit Staubwedel und Putztuch ausgestattet und mit jeder Menge Mutterwitz.

„Wie jeden Tag.“ (Archie)

Neben dem detailfreudigen zeitgenössischen Setting, in dem Paris noch einen kleinen, stadtnahen Flughafen betreibt und die Londoner Tanzlokale aussehen wie umfunktionierte Gemeindezentren ist es vor allem der hemdsärmelige, klassenbewusste Charme, der „Mrs Harris und ein Kleid von Dior“ so unwiderstehlich macht.

Ein bisschen kommt auch das „Fisch aus dem Wasser“-Prinzip zum Tragen, wenn Ada Harris ständig in unbekannter Umgebung und ungewohnten Situationen bestehen muss. Da hilft die eigene Lebenserfahrung ebenso wie ein im inneren starke Persönlichkeit, die das Leben Demut gelehrt hat. Die eigene zupackende Offenheit mag anderen Leuten gleichfalls zuversicht und Geborgenheit vermitteln.

Etwas, was die Direktorin im Hause Dior nun beileibe nicht ausstrahlt. Stattdessen ist Isabelle Huppert als Nemesis der Ada Harris schon beinahe überspitzt dargeboten. doch die großartigen Schauspielerinnen fangen die Spannungen zu jeder Zeit mit Charisma und Präsenz auf.

Obschon „Mrs Harris und ein Kleid von Dior“ eigentlich ein Frauenfilm für die best-Ager ist, strahlt in seinem proletarischen Charme Jason Isaacs als Archie ausgesprochen hell. In der Rolle des etwas schelmischen aber treuen Wegbegleiters offenbart Isaacs, der üblicherweise Bösewichte („Der Patriot“) oder Agenten („Die Schattenmacht – The State Within“) mimt, eine überraschende Wahrhaftigkeit. Sozusagen das Tüpfelchen auf dem I in einem rundheraus charmanten Ausflug über den Ärmelanal.

Vor allem Hauptdarstellerin Leslie Manville gibt der Gesellschaftskomödie ihren warmherzigen, aber robusten Arbeiterklassencharme, der die neue Adaption von Paul Gallicos erfolgreicher Geschichte den nötigen Pfiff verleiht und vor der Naivität rettet.

Film-Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

Mrs. Harris und ein Kleid von Dior
OT: Mrs. Harris goes to Paris
Genre: Komodie
Länge: 115 Minuten, USA, 2022
Regie: Anthony Fabian
Vorlage: gleichnamiger Roman von Paul Gallico
Darsteller:innen: Leslie Manville, Jason Isaac, Isabelle Huppert, Alba Baptista
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: Universal Pictures International
Kinostart: 10.11.2022