„Mobile Toilettenkabinen kommen an Plätzen und Veranstaltungsorten mit mangelnder Toiletten-Infrastuktur zum Einsatz, beispielsweise bei Festen, Konzerten, Sportveranstaltungen, aber auch auf Baustellen und in Containerdörfern.“ (Wikipedia) Oder auch in deutschen Horror-Komödien muss ergänzt werden, wenn „Ach du Scheiße“ am, 20.Oktober 2022 in die Kinos kommt. Das Dixie-Klo überrascht als Ort erstaunlich packenden Survival-Horrors. Für Feingeister ist der Gang ins Kino allerdings nicht zu empfehlen.
Schöne Träume sind nur packend so lange sie andauern und Architekt Frank (Thomas Niehaus) findet sich nach dem verdämmerten erotischen Geplänkel mit einem Pin up Girl dann doch nicht morgens im heimischen Bett wieder, sondern in einer Extremsituation. Frank liegt in einer mobilen Toilettenkabine, die gemeinhin als Dixi-Klo bekannt ist.
Wie es scheint, ist die Kabine in eine Baugrube gestürzt, Franks rechter Arm wurde auf ein Armiereisen gespießt und sorgt nun nicht nur im Fundament für Stabilität, sondern auch dafür dass der Angetackerte sich kaum bewegen kann. Geschweige denn flüchten. Das wäre allerdings nötig, denn es steht in der Baugrube eine Sprengung bevor, weil an der Stelle ein Wellness-Hotel entstehen soll.
Häschen in der Grube
Das Bauvorhaben hat Frank für seinen Kumpel den Investor und Bürgermeisterkandidaten Horst (Gideon Burkhard) geplant. Warum sich der Architekt nun aber in dieser misslichen und wahrlich beschissenen Lage befindet, erinnert er gerade nicht. Das Mobiltelefon ist auch gerade nicht auffindbar. Und aus der Ferne wird in einer halben Stunde die Sprengung angekündigt. Die Zeit drängt.
Das Genre-kundige Publikum glaubt sich auszukennen. Protagonist gefangen, tödliche Bedrohung, die Zeit rennt und kein Befreiungsversuch, kein Hilferuf, eigentlich nix klappt. Im Grunde genommen stimmt das auch in „Ach du Scheiße!“ allerdings hat sich Regisseur Lucas Rinker auf eine humorige Betrachtung des klassischen Survival-Horrors festgelegt und tut gut daran.
Das gekenterte Baustellen-Klo ist schon versifft genug, die Kameraperspektive verwirrend und der Protagonist kann es sich kaum leisten, die Nase zu rümpfen. Die Wendungen der Handlung sind alle stimmig und souverän umgesetzt. Der derbe, fäkale Humor funktioniert, auch weil die dramatische Fallhöhe überzeugt. Architekt Frank trägt den Film mit echter Panik und wildem Schmerz so packend, dass einem gar nicht auffällt, wie überzeugend die Ekelpackung aussieht.
Wenn der „Erste-Hilfe-Kasten“ außer Reichweite ist
Das Budget für dieses Filmprojekt kann trotz diversen Produzenten nicht sonderlich hoch gewesen sein und dennoch sind die Lichtqualitäten großartig, variantenreich und vielschichtig. Das sieht einfach überzeugend aus. Nu je, die Risswunde im Arm ist schon derbe und ein bissl überzeichnet. Aber nicht vergessen, „Ach du schieße!“ ist eine Komödie.
Packend und konsequent wird auch die Perspektive der Hauptfigur beibehalten. Das Publikum ist eigentlich nie schlauer als Frank, der in der Klemme steckt. Anders funktioniert so ein Thriller-Setting ja auch kaum. Sehr schon eingebaut ist daher auch die Tonspur, die als wesentliche Informationsquelle dient. Ein Film also, der auch von seinem Sound-Design lebt (wie eigentlich alle).
So ein Film-Projekt will erst einmal entwickelt sein, dann finanziert und abschließend auch noch plausibel besetzt. Hauptdarsteller Thomas Niehaus hat man schon in diversen Tv-Produktionen gesehen, aber irgendwie nie so recht wahrgenommen. Das hilft in diesem Fall, den gepeinigten Architekten realistischer zu gestalten, denn wer weiß, ob es dieser Darsteller am Ende tatsächlich überlebt? Stars killt man schwerer.
Wer braucht schon Ryan Reynolds, der sich im Grab umdreht, wenn sich einheimische Architekten mit wahnsinnigen Bauherren und dem Umweltschutz herumärgern müssen. Das beengende und nicht gerade hygienische Setting des Survival-Horrors funktioniert überraschend souverän und wird ebenso clever wie bildstark in Szene gesetzt. Rabiater und fäkaler Humor inklusive. Lucas Rinkers „Ach du Scheiße!“ hat das Zeug zum Kult-Klassiker. Sollte die geneigte Leserschaft nicht verpassen, nur vielleicht weniger Popcorn und Nachos in den Saal schleppen? Aber das muss jede:r selbst wissen.
Film-Wertung: (8 / 10)
Ach du Scheiße!
OT: Ach du Scheiße, internationaler Titel „Holy Shit“
Genre: Horror, Komödie
Länge: 90 Minuten, D, 2022
Regie: Lucas Rinker
Darsteller: Thomas Niehaus, Frederike Kemper, Gideon Burghard
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Drop-out Cinema
Kinostart: 20.120.2022