Das afrikanische Königreich Dahomey wird von gefürchteten Kriegerinnen verteidigt. Doch im frühen 19. Jahrhundert wird der Sklavenhandel immer bedrohlicher. Die Kriegerfürstin Nanisca beginnt dagegen zu kämpfen. Das historische Epos mit Oscar-Gewinnerin Viola Davis in der Hauptrolle ist großes Kino, mit viel Action, Abenteuer und Frauenpower. Ab 6. Oktober 2022 im Kino.
Schon seit je her beschützen Kriegerinnen das westafrikanische Königreich Dahomey. Die Kriegerinnen-Kaste der Agoji ist direkt dem König unterstellt. Die Generalin genießt denselben Respekt wie die Frauen und die Berater des Königs.
Im Jahr 1823 entführen die Krieger der verfeindeten Oyo immer mehr Dahomey um sie als Sklaven an die Europäer zu verkaufen. Bei einer Befreiungsaktion zahlen die Agoji einen hohen Blutzoll und beginnen daraufhin junge Frauen zu rekrutieren. Darunter auch die rebellische Nawi (Thuso Mbedu), die sich weigert sich verheiraten zu lassen.
Die erfahrenen Kriegerin Izogie (Lashana Lynch) nimmt Nawi unter ihre Fittiche. Doch deren Ehrgeiz übersteigt ihre Kampfesfähigkeiten bei weitem. Die junge Frau gerät in den Blick von Generalin Nanisca (Viola Davis). Doch die hat andere Sorgen.
„Wohlstand durch Sklavenhandel“
Der junge König Ghezu (John Boyega) will sein Reich festigen und setzt dazu wie auch die Oyo auf den Sklavenhandel mit den Europäern. Nanisca bezweifelt den Nutzen des Sklavenhandels und schlägt vor, den Handel auf andere Pfeiler zu stützen, wie etwa Palmöl. Derweil spitzt sich der Konflikt mit den übermächtigen Oye zu. Sehr zur Freude der Europäer. Außerdem muss sich Nansica einen verhassten Feind stellen.
Das Königreich Dahomey (in Deutsch ist auch die französische Schreibweise Dahomé geläufig) existierte tatsächlich etwa von Mitte des 16. bis Ende des 19. Jahrhunderts in Küstenregion des heutigen Staates Benin. Überliefert ist auch die Kaste an Elite-Kriegerinnen, die Agoji. Weiterhin ist historisch verbrieft, dass die verfeindeten Königreiche und Stämme sich gegenseitig als Sklaven an die Europäer und Amerikaner verkauften.
Zur Zeit der Filmhandlung war Dahomey dem übermächtigen Königreich der Oyo tributpflichtig, hatte aber noch seine Unabhängigkeit. Der Aufstand der Dahomey gegen die Oyo und die Abkehr vom Sklavenhandel markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Königreichs, aber auch im afrikanischen Denken. Selbstverständlich wird das in der fiktiven Filmhandlung dramaturgisch überspitzt und emotional an individuelle Geschichten geknüpft.
„Sie wissen nicht, dass etwas Böses kommt.“
Insgesamt ist „The Woman King“ vielleicht etwas zu lang geraten, oder anders ausgedrückt, fährt an der ein oder anderen Stelle zuviel Pathos auf. Aber auch das macht große Film-Epen aus, Hang zum Pathos und Überlänge. Erstaunlich und insofern auch ein längst fälliges Zeitgeist-Phänomen ist die konsequent schwarzafrikanische Erzählhaltung.
Darin liegt ein emanzipatorisches Momentum, das der afroamerikanischen Community und den Schwarzen weltweit einen ähnlichen Impuls verleihen mag wie das Marvels „Black Panther“ gelungen ist. „The Woman King“ erzählt eine schwarzafrikanische Historie und Heldengeschichte, die ganz erheblich zum Selbstbewusstsein und der Identitätsfindung beitragen kann.
Das ist durchaus nicht selbstverständlich, da es gerade aus Afrika wenig schriftliche Überlieferung gibt, die von den schriftmächtigen Völkern lange Zeiten als der mündlichen Überlieferung vermeintlich „überlegen“ angesehen wurden. Nun also inszeniert „The Woman King“ nicht nur ein reales afrikanisches Königreich, sondern auch einen weiteren emanzipatorischen Ansatz, kampferprobte, starke Frauen. Auch das mag zum aktuellen Diskurs innerhalb der afroamerikanischen Gemeinschaft beitragen.
„Die Klinge der Freiheit“
Ein wenig irritiert den europäischen Zuschauer dann doch wieder der Pidgin-Akzent, mit dem die Afrikaner englisch reden. Aber das scheint so dazuzugehören und soll an dieser Stelle nicht weiter aufhalten, da ohnehin der Großteil des hiesigen Publikums die Synchronversion zu Gehör bekommen wird.
Doch „The Woman King“ weiß nicht nur unter diesen Gesichtspunkten zu überzeugen. Die Geschichte von Heldentaten und Leid ist universell und packend inszeniert. Die Figuren-Konstellation mag etwas überstrapaziert sein. Die amouröse und kulturelle Annäherung zwischen Nawi und dem jungen Edelmann, der als Sohn einer ehemaligen Dahomey-Sklavin deren Heimat kennen lernen will, wäre vielleicht verzichtbar gewesen. Aber die Filmmacherinnen sind sich sicher ihrer Entscheidungen bewusst.
Unabhängig von Ethnien ist „The Woman King“ ein starkes historisches Epos, das mit tollen Darstellerinnen aufwarten kann und packende Action-Szenen und schöne Kampf-Choreografien bereithält. Auch die Kulissen und die Drehorte in Benin und in Ghana wissen zu überzeugen, ohne so typisch afrika-exotisch in Szene gesetzt zu werden.
Mit Abstrichen aufgrund des Pathos (auch und gerade gegen Ende des Films) ist „The Woman King“ ein großes historisches Spektakel, das endlich ein Kapitel der Geschichte Afrikas aus einem anderen Blickwinkel erzählt. Kraftvoll und selbstbewusst und kämpferisch.
Film-Wertung: (7 / 10)
The Woman King
OT: The Woman King
Genre: Historie, Drama,
Länge: 135 Minuten, USA , 2022
Regie: Gina Prince-Blythwood
Darsteller:innen: Viola Davis, Lashana Lynch, Thuso Mbedu
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Sony Pictures
Kinostart: 06.,10.2022