Ansichten am Donnerstag # 14: “Deutschland: Ein Sommerloch”

Ja, zugegeben, der Titel ist sehr naheliegend entlehnt. Aber die Umstände fügen sich (2008) einfach gerade gut: Auch in Hamburg legt der Sommer eine Verschnaufpause ein, währen sich in den Alpen die Kicker durch Pfützen schubsen und Wasserball spielen. Vor einigen Tagen las ich von einem cineastischen Sommerloch, das sich dieser Tage auf heimatlichen Leinwänden ausbreite.

Über das Wetter zu palavern verbietet sich von allein und eine Sportkolumne ist das hier auch nicht, folglich geht’s jetzt um die cineastischen Dürre. Wenn ich so die Veröffentlichungsankündigungen der nächsten Monate betrachte, ist da weit und breit kein Sommerloch in Sicht.

Die einzige Woche, in der nicht mindestens fünf neue Streifen starten ist Ende Juli. Dann läuft nämlich der neue “Akte X” Film an, und es greift wohl wieder das Phänomen, das schon beim Start von “Indiana Jones” zu beobachten war: Es traut sich keiner raus, um den kommerziellen Erfolg des Blockbusters zu unterlaufen.

Sommerpause im Kino?

Bliebe also die qualitative Auseinandersetzung mit den Leinwand-Neulingen. Diesbezüglich auf “zweite Wahl” zu plädieren, weil die Dreharbeiten schon ein oder zwei Jahre zurückliegen, oder weil die Produkte namhafter Filmschaffender nicht das halten, was der Zuschauer erwartet, scheint mir für das Ausrufen einer cineastischen Ödnis nicht ausreichend. Klar kann man Filme nicht so gelungen finden und sich auch berechtigter Weise fragen, warum einige Filme erst Jahre später, als Neuerscheinungen angepriesen, auf den Markt gelangen.

Vielleicht sollte man das “Sommerloch” als Chance begreifen, endlich aufzuholen, was man im laufenden Kinojahr verpasst hat. Wenn nichts Neues anläuft, bietet sich die Gelegenheit sehenswerte Produktionen mit Beachtung zu würdigen, oder, wenn am Ort angeboten, zur Abwechslung mal ins Programmkino zu gehen. Soll mir keiner erzählen, da gäbe es nichts zu entdecken.

Heute verirrt sich eh nur eine ignorante oder bewusste Minderheit ins Kino, der Rest der Nation hängt doch im Kollektivtaumel an den Stulpen “unserer Jungs”, daher:
Viel Spaß beim Fußball.

(ursprünglich veröffentlicht bei cinetrend.de am 12.06.2008)