Durch die Wüste: Wüstenräuber und Beduinen

Der deutsche Spielfilm „Durch die Wüste“ von 1936 gilt als erste Tonfilm-Fassung des beliebten gleichnamigen Romans von Karl May. Das orientalische Abenteuer von Kara Ben Nemsi wurde an Originalschauplätzen gedreht, ist aber unvorteilhaft gealtert. Nun hat Studio Hamburg Entertainment das Abenteuer in restaurierte Form auf DVD neu aufgelegt. So wie die komplette Reihe der 2011 gestarteten „Schätze des deutschen Tonfilms“.

Mit seinem Diener Hadschi Halef Omar (Heinz Evelt) ist der deutsche Forscher Kara Ben Nemsi (Fred Raupach) unterwegs durch die Wüste, um die heilige Stätte El Azar zu besuchen. Unterwegs geraten die Reisenden an den gefürchteten Wüstenräuber Abu Seif (Erich Haussmann). Doch es gelingt den beiden zu entkommen.

‚Kurz darauf wendet sich Scheich Malek an Kara Ben Nemsi, den Ungläubigen aus Frankia, weil seine Töchter Hanneh und Senitza verschwunden sind. Zufällig weiß Kara Ben Nemsi, dass Senitza in der Gewalt des Emirs Ibrahim Mamur ist, der sich als ebenjener Abu Seif herausstellte. Folglich versucht Ben Nemsi die Frau zu befreien und plant anschließend seine „Pilgerreise“ fortzusetzen.

„Bin ich unter der Gastfreundschaft von Beduinen, oder bin ich in der Hand von Wüstenräubern? (Kara Ben Nemsi zu Abu Seif)

Allein über die Romanvorlage von Karl May gäbe es etliches zu schreiben. Doch hier geht es vor allem um die vorliegende Verfilmung. Eine TV-Ausstrahlung hat es bislang vor allem deshalb nicht gegeben, weil die Bild- und Ton-Qualität ungenügend war. Der Wikipedia-Eintrag zum Film besagt, dass der SWR und auch Arte erwogen hatten „Durch die Wüste“ auszustrahlen. Zwar gilt die Film-Fassung auf dieser DVD als „restauriert“ aber sowohl Bildqualität als auch Ton sind weiterhin grenzwertig. Das Bonus-Material besteht aus animierten Schrifttafeln, die weitergeklickt werden müssen.

Ab 2010 hatte Koch Films eine Reihe mit alten deutschen Topfilmen veröffentlicht, die nun nach und nach in derselben Reihenbezeichnung bei Studio Hamburg Entertainment Wiederveröffentlicht werden. „Der Hexer“, „Drei blaue Jungs ein blondes Mädel“ und „Die Sklavenkaravane“ sind beispielsweise bislang erscheinen. Demnächst folgen „Lumpacivagabundus“ und „Der Doppelgänger“.

„Was suchst du nur in der Heiligen Stadt? „Das Wunder des Glaubens.“ (Senitza und Kara Ben Nemsi)

Aber zurück zu dem von Regisseur Johannes Alexander Hübler-Kahla gedrehten Wüstenabenteuer. Die Außenaufnahmen wurden aufwändig in Ägypten gedreht. Im Umkreis von 200 Kilometern von Kairo entfernt, zwischen Assuan und Port Said entstanden recht sehenswerte Aufnahmen, die um Studiotakes bereichert wurden. Wenn Kara Ben Nemsi den reichen Ibrahim Mamur besucht, der Löwen und Flamingos im Innenhof hält, ist der Wille zur orientalischen Exotik bemerkbar. Die Flussfahrten sind ebenfalls schön, wenn im Hintergrund Rinder baden.

Handlungsmäßig bleibt „Durch die Wüste“ sehr nahe an der Romanvorlage (nachzulesen auch in dem Essay „Durch Wüste und Kino“ von Hansotto Hatzig). Das Drehbuch von Junghans gleicht nur behutsam an, auch weil offensichtlich nicht in der heiligen Stadt Mekka gedreht werden konnte. Wobei Romanvorlage nur halbwegs stimmig ist, denn die Abenteuer des „Orientzyklus“ sind zunächst in Zeitschriften erschienen und erst nachträglich sind die umfangreichen Episoden in Buchform editiert worden.

„Gott spaltete die Zungen, Senitza, nicht die Herzen.“ (Kara Ben Nemsi)

Leider hapert es in dieser Karl May Verfilmung vor allem an Präsenz und szenischer Dynamik. Vor allem das Timing ist wie bei den ersten Tonfilmen häufig etwas behäbig und die Darstellung wie von Stummfilm gewohnt noch etwas übertrieben. Aber die Kamera wäre auch nicht in der Lage aus dem Potential mehr zu machen. So wirkt „Durch die Wüste“ schon damals wenig abenteuerlich. Dieser Eindruck hat sich mit den Jahrzehnten filmischer Entwicklung und den veränderten Sehgewohnheiten leider noch verstärkt. So bleibt ein Hauch von Nostalgie und ein filmisches Zeitdokument. Auch weil den damaligen Kritikern der Held nicht heroisch genug war.

Das Erbe von Karl May

Karl May mag heutzutage etwas aus der Mode gekommen sein. Doch nach UNESCO gilt der Sachse aus Radebreul bei Dresden noch immer als meistübersetzter deutschsprachiger Autor und Generationen junger Leser:innen sind mit den Abenteuergeschichten von Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand aufgewachsen. Beides Synonyme und Alter Egos des Abenteuerschriftstellers Karl May. Noch heute gibt es Winnetou- Festspiele in mehreren Freilichttheatern in Deutschland und der „Karl May Verlag“ betreut weiterhin das Erbe des Schriftstellers. Wer den Autor und seine Schriften neu entdecken möchte, wird dort fündig (Links am Ende des Textes).

Leider ist „Durch die Wüste“ nicht besonders gut gealtert. Das bezieht sich nicht nur auf Bild und Ton, sondern vor allem auf die filmischen und darstellerischen Mittel, die heutigen Sehgewohnheiten doch ziemlich entgegenlaufen. Kaum Tempo und leider auch überschaubare Spannung in den Dialogen. „Durch die Wüste“ ist wohl eher für Filmsammler und Karl May Fans zu empfehlen.

Film-Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

Durch die Wüste
OT: Durch die Wüste
Genre: Abenteurer,
Länge: 85 Minuten, D, 1936
Regie: Johannes Alexander Hübler-Kahla
Darsteller:innen: Fred Raupach, Katharina Beger, Erich Haussmann, Heinz Evelt,
Romanvorlage: Karl May „Durch die Wüste“
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio Hamburg Enterprises
Kinostart: 20.02.1936
DVD-VÖ: erstmals 03.2010
DVD-Wiederauflage: 25.03.2022

Karl May Verlag
Karl May Gesellschaft
Wikipedia-eintrag Karl May
Durch die Wüste Wikipedia Eintrag