Der Sportfilm ist ein weithin unterschätztes Genre. Dabei lassen sich in der zumeist von Wettkampf-Dramatik geprägten Handlung durchaus viele weite ansprechende Themen unterbringen – wie eigentlich in jedem Genrefilm. Das temporeiche russische Sportdrama „Rivalinnen – Duell auf der Klinge“ bietet in zweierlei Hinsicht Abwechslung: Zum einen geht es um Sportfechten, zum anderen stehen Frauen im Mittelpunkt des Films. Koch Film bringt das aufwändig produzierte Wettkampfdrama nun auf DVD- und Blu-ray als Home-Entertainment-Premiere heraus.
Die Fechterin Alexandra (Svetlana Khodchenkova) hat viel erreicht in ihrer langen Karriere als Sportlerin. Als Kapitänin der russischen Nationalmannschaft im Säbelfechten will sie zum Abschluss noch eine olympische Goldmedaille erringen. Doch aktuell gehören die russischen Fechterinnen nicht zur Weltspitze und auch Alexandra war schon in besserer Form. Bei der nationalen Meisterschaft taucht aus der Provinz ein junges Nachwuchstalent auf.
Kira (Stasya Miloslavskaya) bestreitet ihren ersten Erwachsenen-Wettbewerb und schafft es mit ihrer stürmischen Art zu Fechten gleich ins Finale. Dort setzt sie der routinierten Alexandra gehörig zu. Der Nationaltrainer Sergey Puskepalis holt Kira daraufhin in den Kader der Nationalmannschaft. Die Beziehung zwischen den beiden Fechterinnen bleibt angespannt. Die Teilnahme an der Olympiade ist längst nicht gesichert, von Medaillen-Chancen ganz zu schweigen.
Zuerst einmal Entwarnung für alle Filmfans, die befürchten, an den Feinheiten des Fecht-Sports zu scheitern. „Rivalinnen – Duell auf der Klinge“ hält sich nicht lange mit technischen Sperenzchen auf, sondern geht gleich in die Vollen. Und weil die Wettkämpfe immer von einem Reporterteam aus dem Off kommentiert werden, ähnlich wie bei dem Acapella-Sängerwettstreit „Pitch Perfect“ wird das Publikum quasi unterwegs mit dem Fechten bekanntgemacht.
Wichtig ist dabei nur, ein Wettkampf dauert bis zum 15. Treffer, nur der Oberkörper gilt als Trefferfläche. Ein paar weitere Infos: Die Kampfbahn wird international „Piste“ genannt, wobei in Deutschland und auch im Film die Bezeichnung „Planche“ gebraucht wird. Fechten gehört zu den Gründungssportarten der modernen Olympischen Spiele und es wird zwischen Florett, Degen und Säbel unterschieden. Die Unterscheide der Stichwaffen sind für Laien kaum auszumachen. In „Rivalinnen wird mit dem (leichten) Säbel geflochten.
Das actionreiche Sportdrama von Regisseur Eduard Bordukov, der über Russlands Grenzen hinaus kaum bekannt ist, beginnt mit einem CGI-animierten Vorspann, der Fechten als High-Tech-Wissenschaft präsentiert. Von den eigeblendeten Winkelmaßen und Formeln ist im Film aber nichts mehr zu sehen. Das Tempo allerdings bleibt hoch und Kameramann Mikhail Milashin („Immer wenn du bei mir bist“) liefert atemberaubende Kamerafahrten und ungewöhnliche Perspektiven, die in der Hochgeschwindigkeit erheblich zum Unterhaltungswert von „Rivalinnen“ beitragen.
Wie eingangs erwähnt ist es vor allem die Wettkampf-Logik, die für eine Dramaturgie sorgt. Die Fechterinnen müssen sich für Olympia vorbereiten und dabei diverse Turniere bestreiten, es geht dabei auch immer um die Ehre die Mannschaft anzuführen, denn nach alter sowjetischer Manier geht es nur um Leistung, die erfolgreichste Fechterin führt die Nationalmannschaft an. Dazwischen findet die Story aber auch Gelegenheit, von den beiden starken Frauen zu erzählen, die für ihren Sport und den Erfolg leben. Spannend ist das dann, wenn neben der etwas plakativen Rivalität der Individuen eine Zusammenarbeit notwendig ist, um als Mannschaft etwas zu erreichen.
Natürlich sind die Karriere-Punkte der beiden Fechterinnen so gewählt, dass sie einander spiegeln: Alexandra am Ende ihrer Karriere angekommen hofft auf einen krönenden Abschluss, Kira ihrerseits will durch den sportlichen Erfolg vor allem sich selbst beweisen und den sozialen Aufstieg schaffen. Beide Frauen sind auf ihre Art selbstbewusst und stark und taugen als Role Model. So klappt denn auch der Aufstand gegen den Trainer und für einen anderen Teamgeist.
Neben den beiden stark aufspielenden Darstellerinnen Svetlana Khodchenkova und Stasya Miloslavskaya hält sich Sergey Puskepalis, der den Trainer spielt, dezent zurück und überlässt den „Rivalinnen“ die Piste. Während die junge Stasya Miloslavskaya außerhalb Russlands wenig bekannt ist, hat Svetlana Khodchenkova bereits in einigen internationalen Produktionen („Dame, König, As, Spion“, „Wolverine: der Weg des Kriegers“) und in vielen russischen Blockbustern mitgewirkt. In „Rivalinnen“ stimmt die Chemie zwischen den Kontrahentinnen und sorgt für packende Szenen.
Ganz der Fantasie entsprungen ist die Geschichte in „Rivalinnen – Duell auf der Klinge“ allerdings nicht. Die sportliche Erfolgsgeschichte zeigt das Vorbild der russischen Säbelfechterinnen bei der Olympiade 2016 in Rio de Janeiro. Allerdings nimmt sich das Drama einige Freiheiten der Fiktionalisierung heraus. Die realen Fechterinnen haben allenfalls als Prototypen für das sportliche Drama hergehalten, Namen und Persönlichkeiten unterscheiden sich. Auch mit dem Turnier-Verlauf nimmt es „Rivalinnen“ nicht so genau, was dann schon wieder ein absurdes Politikum ist, denn bei der Olympiade fochten die russischen Damen gegen die Ukraine, sowohl in den Einzelwettbewerben als auch im Mannschaftswettkampf. Im Film nimmt Südkorea den Platz des bekriegten ukrainischen Nachbarn ein. Das ließe sich als fiktionalisierte Bagatelle abtun, hinterlässt aber auch ein absurdes Geschmäckle bei der eigenwilligen Wiedergabe der Sporthistorie.
Das packende und temporeiche russische Sportdrama „Rivalinnen – Duell auf der Klinge“ ist ein faszinierende Bereicherung des Sportfilm-Genres. Mit vielen interessanten Nebenhandlungen, aggressiver Choreographie, sowie starken Hauptfiguren und Darstellerinnen ist „Rivalinnen“ weit mehr als nur bildstarke Unterhaltung.
Film-Wertung: (7 / 10)
Rivalinnen – Duell auf der Klinge
OT: „Na Ostrie“, Engl: „ On the Edge“
Genre: Sport, Drama,
Länge: 1145 Minuten, RUS, 2020
Regie: Eduard Bordukov
Darsteller:innen: Svetlana Khodchenkova, Sergey Puskepalis, Stasya Miloslavskaya,
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Koch Film
DVD- & BD-VÖ: 25.03.2021