Nicht mehr und nicht weniger als ein Wochenende im Leben der jungen Studentin Matilda erzählt das österreichische Drama „Schwarz Weiß Bunt“. Mit leichter Hand erzählt der Film vom Verlust jugendlicher Unbeschwertheit und der Suche nach Identität. In diesen Pandemie-Zeiten seinen Debut-Film zu präsentieren ist alles andere als einfach, zumal der österreichische Filmmacher David Moser sich entschieden hat, den Film auch unabhängig zu vertreiben. Zu sehen ist „Schwarz Weiß Bunt“ ab dem 24.12.2020 auf einer Online-Plattform.
Matilda (Clara Diemling) ist jung und studiert in Wien. Sie jobbt in einem Cafe, wo sie den Youtuber Mikka kennenlernt. Aus dem spontanen Interview entwickelt sich eine lose Verabredung. Doch Matilda ist an diesem Wochenende auch mit ihrer neuen Studienfreundin Aurora (Elisabeth Kanettis) verabredet und trifft ihren Kindheitsfreundinnen, mit denen sie auf ein Konzert geht. Zwischendurch schaut sie bei ihrer Familie vorbei und kümmert sich um einen weiteren Nebenjob.
Zuschauer:innen wird das Thema von David Mosers Film „Schwarz Weiß Bunt“ ziemlich schnell klar: es geht um Fragen der Identität. Die Hauptfigur Matlilda ist auf der Suche nach sich selbst. Nicht, dass sie sich verloren hätte, aber in dieser Phase des Lebens am Übergang zum Erwachsensein, zur Eigenverantwortlichkeit geht es für Matilda darum, zu entdecken, wer sie ist und wer sie sein will.
Such dich selber in den Geschichten der Anderen, hat die Oma immer gesagt.
Das mag sich abstrakt und verkopft anhören, aber „Schwarz Weiß Bunt“ ist alles andere als das. Vielmehr entwickelt der Film, der ohne Drehbuch entstand einen gewissen lockeren Erzählfluss, der im Grunde genommen einfach Matildas Tagesablauf folgt. Dabei aber immer wieder auf Situationen hinausläuft, in denen Matilda darauf zurückgeworfen ist, sich selbst zu erkennen.
Sei es in der existenziellen Fragestunde von Videofilmer Mikka, sei es beim inqusitorischen Essen bei der Studienfreundin oder bei der Vorstellung als Babysitterin in der Familie in der auch Gebärdensprache gesprochen wird. Bei welcher Gelegenheit Matilda einen Gebärden-Namen bekommt; einen, der sich aus Charakteristika einer Person zusammensetzt. Auch in dem unbeschwerten Badevergnügen mit den Kindheitsfreundinnen, muss Matilda sich über ihre Identität bewusst werden, wenn sie die neugierigen Fragen nach neuen Freunden und Freundinnen beantwortet.
In der Aneinanderreihung mag das vielleicht ein wenig zu plakativ ausgefallen sein, aber Zuschauer:innen sollten sich vielmehr in den Erzählfluss des großteils improvisierten Filmes fallen lassen und sich wie die junge Hauptfigur durch ein Wochenende treibenlassen, wie es viele in ihrer eigenen Jugend erleben oder erlebt haben. Diese Phase, in der noch alle Wege und Entwicklungsmöglichkeiten offen stehen. Experimente, die eine vielleicht ein wenig Lebenszeit kosten, ebensosehr Wagnis wie Verheißung bedeuten und sich der Augenblick dehnen lässt wie später selten im Leben.
„Und weißt du, was du willst?“ „Mal so, mal so.“
Die große Qualität von „Schwarz Weiß Bunt“ ist seine Unaufgeregtheit, die Abwesenheit der großen, dramatischen Geste, der Mut zur Ruhe. Statt mit seinem Debut ein effektheischendes Ausrufezeichen zu setzen, bietet Filmmacher David Moser den Darstellern Raum und Gelegenheit sich und die Figuren zu entwickeln. Das ist in seiner fast meditativen Ruhe schon wieder aufreizend anders, selbst wenn nicht jede Einstellung sitzt, der Ton gelegentlich verhuscht und unsichere Menschen keine Kopfsprünge machen.
Der Filmmacher sagt über den Entstehungsprozess von „Schwarz Weiß Bunt“, dass die Szenen ohne Skript entstanden und mit kleiner Crew und den Gegebenheiten des Settings gearbeitet wurde. Das merkt man dem leichtfüßigen Drama positiv an, denn gerade das Alltägliche ist dabei ebenso flüchtig wie spontan eingefangen. Darin liegt eine große Freude, die Zuschauer:innen aus dem Kino tragen sollten.
Selbstredend entstehen Filme wie auch andere Kunstwerke nicht aus dem luftleeren Raum und bisweilen lassen sich Reminiszenzen und Einflüsse erkennen. In seiner Luftigkeit und seiner Philosophie sich von Szene zu Szene beziehungsweise von Lied zu Lied tragen zu lassen, hat „Schwarz Weiß Bunt“ etwas von Terence Maliks „Song to Song“, dessen Wirkung sich vielleicht auch nur erschließt, wenn man die Welle erwischt. Auch Bruce McDonalds mehr oder minder improvisierter „Konzertfilm“ „This Movie is Broken“ (2010) kam mir in den Sinn, weil auch hier junge Leute auf dem Sprung sind und sich am Abend auf einem Konzert treffen wollen.
Am Ende dann fährt „schwarz Weiß Bunt“ quasi auf den Spuren Hollywoods in den Sonnenuntergang und bietet einen nächtliche Ausblick mit Potential. Für Matilda, für David Moser und für „Schwarz Weiß bunt“ ist von „Mulholland Drive“ bis „La La Land“ alles drin.
Film-Wertung: (7 / 10)
Schwarz Weiß Bunt
OT: Schwarz Weiß bunt
Genre: Drama
Länge: 85 Minuten, AUT, 2019
Regie: David Moser
Darsteller:Innen: Clara Diemling, Elisabeth Kanettis, Sebastian Klemm-Lorenz
FSK: nicht geprüft
Vertrieb: Moser Film
Online-start: 24.12.2020
Offizielle Filmseite
Moser Filmproduktionen
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