Das norwegische Quartett Kings of the Valley meldet mit seinem selbstbetitelten Debut-Album „Kings of the Valley“ nicht nur in ihrem heimischen Fjord Anspruch auf den Prog-Rock-Thron an. Es geht wie so häufig im musikalischen Skandinavien ziemlich retro-rockig zu. Mit den 5 Songs, die in knapp 40 Minuten vorgestellt werden, machen Kings of the Valley einen hörbar ambitionierten, verspielten und souveränen Eindruck.
Um Einlass zu den Debut-Longplayer von Kings Of The Valley zu finden, muss mensch erstmal die Haare fliegen lassen. Der Opener „At the Gates“ rockt ziemlich in klassischer 70er Manier und geht vergleichst weise straight zur Sache. Schön an dem 7minütigen Dosenöffner sind die Gitarrenharmonien und der melodiöse Gesang.
Anschließend geht es mit dem 12minütigen „The Golden Shore“ sehr entspannt auf zu neuen Gestaden. Mehrstimmiger Harmoniegesang der auch von Crosby Stills Nash & Young und Konsorten stammen könnte, aber auch an die Kings of Convenience gemahnt. Dann wieder Gitarrenläufe, die an die Allmans erinnern, an Zappa, an typische Prog-Skalen. Überhaupt sind die Kings of the Valley in diesem Stück eher in Richtung US-amerikanischer Jam-Bands unterwegs als zu britischen Prog-Rock Ufern.
Britischer und auch keybordlastiger wird es dann mit „Not Alone“ den vierten Song und dem zweiten, der die 10-minuten Marke knackt, nachdem zuvor die schmissige Video-Single-Auskopplung „Living by Default“ bewiesen hat, dass die Norweger auch kurze, poppige Songs rauszaubern können. „Not Alone“ also geht solide los und entfaltet sein Thema, kommt dann aber gegen Minute sieben ein wenig ins Trudeln, verliert etwas die Atmosphäre und geht dann sehr spacig, beinahe post-rockig weiter. Vielleicht höre ich da auch jazzige Hawkwind Anklänge?
Abschließend wird es dann noch einmal hymnisch und die ätherischen Frauenchöre, mit denen „Peace“ ausklingt, das hat schon was von „Her der Ringe“ artigem Bestattungs-Pathos. Ich höre förmlich die brennende Boote aufs Meer hinaustreiben.
Kings of the Valley sind eine junge Band, die seit 2016 zusammen musizieren und in „Motorpsycho-City“ Trondheim ihre Heimat haben. Ihre Einstands-EP sorgte 2018 dafür, dass es einen Nachwuchs-Bandpreis gab und das nun veröffentlichte Album untermauert, dass „Kings of the Valley“ ihre Lektionen gelernt haben, ihre musikalischen Vorbilder genauestens studierten und daraus etwas Eigenes zu machen versuchen.
Retro-Rock ist in Skandinavien seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, eine echt große Nummer. Vielleicht hängt das tatsächlich mit der vielen Zeit und dem wenigen Licht in den langen Wintern zusammen, vielleicht auch mit der dünnen Besiedelung weiter Landstriche, dass die musikalischen Qualitäten der Bands so hohen Standard haben. auch Kings of the Valley bilden da keine Ausnahme, vielleicht geht es hier weniger Hard Rock lastig zur Sache als üblich, was die Angelegenheit aber keineswegs schlechter macht.
Mich befällt bei der Retro-Welle immer der Zweifel, ob ich mir nicht lieber Originale anhöre, aber musikalisch gibt es tatsächlich wenig Neues unter der Sonne – außer dem eklektizistischen Mash-up – und mit den heutigen Produktionsmitteln können viele Scheiben aus den Siebzigern auch nicht mithalten. Heute klingt einfach alles fett produziert.
Die norwegische Band „Kings of the Valley“ legt mit ihrem Debutalbum eine hörenswerte Scheibe vor, die den Progressive Rock vergangener Epochen wiederaufleben lässt. Das Quartett geht dabei sehr harmonische zu Werke und scheut sich auch nicht ausgedehnt zu improvisieren. Beim Songwriting ist noch Luft nach oben und allzu ausufernd hätte es an der ein oder anderen Stelle nicht ausfallen müssen. Insgesamt aber eine sehr empfehlenswerte Platte für Fans des Genres.
Album-Wertung: (6 / 10)
Kings of the Valley – Kings of the Valley
Genre: Retro Rock, Prog Rock
Format: CD, LP, Download
Label: Wonderful & Strange Music
Vertrieb: Stickman Records
VÖ: 18.09.2020
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Tracklist Kings of the Valley:
- At the Gates, 2. The Golden Shore, 3. Living by Default, 4. Not lone, 5. Peace.