Die animierte chinesische „Krimikomödie“ erzählt von kleinen Dieben und einer Menge Geld. Dabei ist viel schwarzer Humor mit im Spiel und bei der Berlinale 2018 war „Have A Nice Day“ sogar als bester Film nominiert. Nun bringt der Verleih Grandfilm den zweiten Langfilm von Regisseur und Animationskünstler Jian Liu hierzulande in die Kinos.
Ausgerechnet die chinesische Mafia zu bestehlen, ist nicht gerade die schlaueste Idee, um schnell an Geld zu kommen. Xian braucht das Geld aber, um seiner Freundin in Südkorea eine Schönheits-OP zu finanzieren. Der örtliche Triaden-Boss „Onkel Liu“ kann das unmöglich auf sich sitzen lassen. Außerdem fehlt das Geld, daher schickt der Onkel den Killer „Bohnenstange“ hinter dem Dieb her.
Doch der verwischt seine Spuren, die in ein Vorort-Kaff führen, nicht gerade sorgfältig und benimmt sich eher unvorsichtig. So kommt ihm das Geld bereits in einem Hotel abhanden, noch bevor ein Provinzpärchen, das zufällig von den OP-Plänen der Nachbarstochter gehört hat, Xian selbst bestehlen können.
In seinem kleinkriminellen Milieu am unteren Rand der Gesellschaft entwirft Regisseur Jian Liu ein Panorama unterschiedlichster, meist recht banaler, Träume und Hoffnungen, welche die Menschen zu geldgierigen Gaunern machen und jegliche Moral hinter sich lassen. Inhaltlich ist das durchaus in der Nähe von Tarantinos Klassiker „Pulp Fiction“ anzusiedeln, wie das Filmplakat nahelegt. Auch die betuliche, alltägliche Art der Inszenierung und die scheinbar existentialistischen Dialoge zielen in diese Stoßrichtung.
Allerdings passiert in den vier Kapiteln des ohnehin schon kurzen Animationsfilms nicht allzu viel. Und würde einen der wunderschöne Soundtrack voller chinesischer Pop-und Elektronika-Perlen nicht bei der Stange halten, man wäre versucht „Have a Nice Day“ im Schnellvorlauf abzuspielen. Dann würden sich die kantig animierten Charaktere immer noch langsam durch die in düsteren Farben gehaltenen, tableauartigen Szenarien bewegen. Aber inhaltsschwere Dialoge brauchen auch Zeit, um ihre Bedeutung zu entfalten.
Das Problem mit schwarzem Humor, Ironie und Zynismus ist, dass der Zuschauer sie auch als solche identifizieren muss, damit sie eine Wirkebene entfalten. Mir ist das leider nicht gelungen. Die niederen Motive und kleinen Gedanken vom großen Glück sprechen gleichwohl für sich und sind immer anfällig für eine gewisse Lächerlichkeit. Das Kleinbürgerliche dieser Hoffnungsentwürfe ist jedoch nicht weit entfernt von dem heiligen Ernst des legitimen proletarischen Wunsches nach einem besseren Leben.
Vielleicht erkenne ich in Jian Lius Animationsfilm schlicht nicht genug Respekt für die Figuren, der es überhaupt erst erlauben würde, sich über sie lustig zu machen? Vielleicht hatte das Genre der schwarzhumorigen Gaunerkomödie mit „Pulp Fiction“ bereits Mitte der Neunziger seinen Zenit erreicht und „Have A Nice Day“ ist einfach nur viel zu spät? Vielleicht bin ich auch einfach nur zu alt für solche animierten Genre-Pretitiosen.
Warum die animierte chinesische Gaunerdramödie bei der Berlinale 2018 für den Goldenen Bären nominiert war, erschließt sich mir nicht. Letztlich passiert in diesem bewusst karg und statisch animierten Film einfach zu wenig und die göttliche Hand des Autors dreht etwas zu doll am Rad des Schicksals. Aber, ich erkenne durchaus das Subjektive meiner Draufsicht. Man könnte „Have A Nice Day“ auch für intellektuelle Filmkunst halten.
Film-Wertung: (5 / 10)
Have a Nice Day
OT: Hao Jile
Genre: Animation, Krimi, Komödie
Länge: 77 Minuten, CHN, 2018
Regie: Jian Liu
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Grandfilm
Kinostart: 07.02.2019