Lange vor dem wahnwitzigen Erfolg von Harr Potter schrieb die englische Autorin Mary Stewart eine Geschichte über eine Hexenschülerin. „The Little Broomstick“ (deutsch: Der verhexte Besen) erschien 1971 und dient nun als Ausgangspunkt für den Anime von Hiromasa Yonebayashi, seines Zeichens maßgeblich an etlichen der jüngeren Animes aus dem legendären Studio Ghibli beteiligt. „Mary und die Blume der Hexen“ ist ein Abenteuer für jünger Zuschauer und solche, die sich an fantastischem freuen können.
Es ist dieser „Ghibli“-Look der hierzulande und außerhalb von Japan mal wieder alle zum Schwärmen bringt. Das wirkt alles so handgemacht, so traditionsverhaftet und so detailverliebt, das muss einfach hinreißend sein. Nein, muss es nicht. Einen Film so einseitig auf seinem Look festzulegen, kommt sonst nur bei Actionern und Blockbustern zum Tragen. Es gibt immer auch eine inhaltliche Ebene, die überzeugen muss.
Bei vielen der Ghibli-Veröffentlichungen, die lange Jahr gleichbedeutend waren mit Werken von Hayao Myazaki, dem Walt Disney Japans, gab es neben oft fantastischer Handlung mit vielen Elementen aus der japanischen Mythologie immer auch eine Meta-Ebene zu entdecken, die die Zeichentrickfilme für ein aufgeschlossenes, erwachsenes Publikum interessant machten.
„The Little Broomstick“ als Vorlage für den Anime
In dem Filmen von Regisseur und Animationskünstler Hiromasa Yonebayashi, der für „Mary und die Blume der Hexen“ verantwortlich zeichnet, ist das nicht der Fall. Sowohl „Arrietty“ (2010) und „Erinnerungen an Marnie“ (2014) wie auch „Mary“ stammen aus der Feder europäischer Autoren, werden in eine diffuses, aber auch unbestimmtes anglophiles Setting verfrachtet und sind nicht mehr als die Geschichte selbst. Im Fall der Borger in „Arrietty“ und auch bei „Mary“ ist das eine kindgerechte, turbulente Story, die dramaturgisch eher schlicht gehalten ist. Kommende Ereignisse kündigen sich brav an und werden dann auch relativ zeitnah in Szene gesetzt. Überraschungen bleiben weitgehend aus.
Die Geschichte ist schnell zusammengefasst: Mary verbringt die Sommerferien bei ihrer Tante auf dem Land. Das Mädchen langweilt sich und beginnt die Gegend zu erkunden. Sie bemerkt die schwarze Katze Tib, die bei einem jungen im Dorf lebt, und folgt ihr in den Wald. Wie es die Geschichte will findet Mary dort eine Blume, deren blaue Blüten magische Kräfte haben. Bald darauf entwickelt sich ein Besen zu einem Flugobjekt und flugs darauf findet Mary sich im Reitstall der Hexenschule wieder und begegnet allerlei fantastischen Wesen. Aber die Schuldirektorin hat nicht nur die besten Absichten.
„Mary und die Blume der Hexen“ (was mich unangebrachter Weise an die „die Blumen des Bösen“ bzw. „Les Fleurs du Mal“ von Baudelaire erinnert) ist von dem Animationsstudio „Ponoc“ produziert worden, das inoffiziell die „Nachfolge“ des Studio Ghibli angetreten hat. Viele der Animationskünstler sind Yoshihaki Nishimura 2014 gefolgt, als dieser Ghibli verlassen hat. Offiziell soll die Zukunft von Ghibli vor allem wegen fehlendem Nachwuchs nicht gerade rosig aussehen.
Solange der tolle Stil der Filme aber anderweitig beibehalten wird, müssen Zeichentrickfans in aller Welt kaum Entbehrungen fürchten. Nach wie vor ist der Animationsstil, in dem auch „Mary und die Blume der Hexen“ ausgeführt ist, stilprägend und schon anzuschauen. Aber vielleicht ist das Hexenmärchen doch eher etwas für jüngere Zuschauer.
Film-Wertung: (6 / 10)
Mary und die Blume der Hexen
OT:„Meari to Majo no Hana“
Genre: Animation, Fantasy,
Länge: 104 Minuten, Japan, 2017
Regie: Hiromasa Yonebayashi;
Vorlage: Mary Stewart: „The Little Broomstick“ (1971, deutsch: Der verhexte Besen)
Vertreib: Peppermint Anime
Kinostart: 13.09.2018