Man muss nicht immer nur ins Ausland blicken, um erfolgreiche und unterhaltsame TV-Formate zu entdecken. Mit der Krimi-Serie „Die Spezialisten – Im Namen der Opfer“ ist dem ZDF in kleiner Quotenhit gelungen. Ein kriminalistisches Spezialteam löst ungeklärte Fäll, so genannte „Cold Cases“. Aktuell wird wohl an einer dritten Staffel gearbeitet, nachdem im Frühjahr 2017 bereits die zweite Runde sehr erfolgreich im TV lief. Pandastorm hat nun die Auftaktstaffel der Serie „Die Spezialisten“ für das Home Entertainment veröffentlicht.
Rechtsmedizinerin Dr. Katrin Stoll (Valerie Niehaus) tritt in Berlin eine neue Stelle an. Aber mit ihrer forschen, kühlen Art macht sie es ihrem Teamleiter, Kommissar Mirko Kiefer (David Rott), nicht gerade leicht, sie als Bereicherung der Truppe anzusehen. Die IEK (Interdisziplinäre Ermittlungs-Kommission) wurde vom LKA Berlin als Spezialeinheit gegründet, um ungelöste Fälle erneut zu untersuchen, sobald sich aktuelle Indizien ergeben. Neben der Pathologin und dem Kommissar sind noch der gerichtsmedizinische Assistent Rufus Haupenthal (Tobias Licht), Kriminalkommissar Jannik Meissner (Merlin Rose) sowie die Kriminaltechnikerin Inga Biehl (Henriette Richter-Röhl) mit von der Partie.
Man sollte meinen, es könnte gemächlich zugehen, wenn Kriminalfälle eigentlich schon als ungelöst bei den Akten gelandet sind, aber Kriminaloberrätin Dr. Dorothea Lehberger (Katy Karrenbauer) ist durchaus erfolgsorientiert und will auch Ergebnisse sehen, wenn die IEK zu Werke geht. Gleich im ersten Fall, „Der verlorene Sohn“, geraten die Ermittler an eine hinterbliebene Familie, die sich höchst sonderbar verhält. Schließlich hatte man das Verschwinden des Sohnes während der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 seinerzeit einfach hingenommen, weil man glaubte, der transsexuelle Junior hätte sein Glück in der weiten Welt gesucht.
Im Lauf der weiteren Ermittlungen schwinden auch die Vorbehalte zwischen Medizinerin Stoll und Kommissar Kiefer. Die beiden stellen sogar fest, dass sie sich ganz attraktiv finden. Das ist nicht ganz unproblematisch, da im Verlauf der Serie auch noch Kiefers Ex-Freundin Samira Vaziri (Narges Rashidi) zum Team stößt und sich entscheidet, dort als Kriminaltechnikerin nicht nur auszuhelfen, sondern dauerhaft dabei zu bleiben.
„Die Spezialisten“ ist zwar als Vorabend-Unterhaltung mit entsprechender Jugendfreigabe (FSK 12) konzipiert, aber das hindert die jeweils 43-minütigen Episoden nicht daran, auch schwierigere und gesellschaftlich relevante Themen aufzunehmen und anzusprechen. Beispielsweise konvertierte Islamisten oder eben die oben erwähnte Transsexualität. Hinzu kommt, dass die Serien-Spielwiese Berlin viele Möglichkeiten bietet, vertrackte und interessante Fälle zu konstruieren. Schließlich existierten in der einstmals geteilten Stadt auf engem Raum zwei Staaten und zwei politische Systeme. Die Interaktionen sind vielfältig gewesen. Doch die Fälle der ersten Staffel springen zeitlich wild hin und her, wie man das auch erwarten sollte, schließlich braucht es erst neue Hinweise, um alte Fälle aufzurollen und die folgen in der Realität selten einer chronologischen Reihenfolge.
Serienmacher Carl-Christian Dehmke hat sein kriminalistisches Team gut aufgestellt. Die Charaktere sind gut ausformuliert und die Dynamik im Team hat Einiges an Potential. Da geht es nicht nur um Liebesbeziehungen zwischen Kollegen, sondern Nebenerwerb als Youtube-Koch oder um die Frage, wer in einer Beziehung, in der beide Partner arbeiten, für die Kinderbetreuung zuständig ist. Die Darsteller füllen ihre interessant geschriebenen Rollen mit viel Überzeugung und sichtlichem Spaß an der Sache aus. Für eine Serie, die zwar in jeder Episode jeweils einen abgeschlossenen Fall vorstellt, den Figuren aber persönliche Entwicklungen zugesteht, wie moderne Serien das eben so machen, ist das ein Gewinn. Zudem ist die Ausstattung recht gelungen und wirkt authentisch.
Auch sonst weiß die Krimi-Serie „Die Spezialisten“ zu gefallen. Man orientiert sich an einschlägigen Erfolgsformaten aus Übersee wie etwa „Bones“ oder „Cold Case“. Ich erinnere, dass der deutsche Privatsender Sat 1 im Jahr 2003 ebenfalls einem Ermittler ins Rennen um die Zuschauergunst geschickt, der sich um alte ungelöste Mordfälle kümmern sollte: Thomas Sarbacher war seinerzeit als „Der Elefant – Mord verjährt nicht“ allerdings deutlich grüblerischer und düsterer unterwegs als die Ermittler in der IEK in Berlin. Im Team von Mirko Kiefer und Katrin Stoll bekommt jeder mal seine eigenen Momente und Situationen und das Teamwork haut hin.
Die TV-Krimi-Serie „Die Spezialisten – Im Namen der Opfer“ wirkt erstaunlich frisch und kommt auch ohne explizite Action- und Gewaltszenen auf ihren kriminellen Unterhaltungswert. Die gute Besetzung, ein lockerer Tonfall und interessante Geschichten sorgen dafür, dass die Zuschauer gerne Miträtseln.
Serie-Wertung: (7 / 10)
Die Spezialisten – Im Auftrag der Opfer: Staffel 1
Genre: TV-Serie, Krimi,
Länge: ca 460 Min. (10 x 43, Extras), D, 2016
Idee: Carl-Christian Dehmke
Regie: Gero Weinreuter, Nicolai Rhode, Kai Meyer-Ricks, Samira Radsi
Darsteller: Valerie Niehaus, David Rott, Katy Karrenbauer, Narges Rashidi, Henriette Richter-Röhl, Tobias Licht, Merlin Rose
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Pandastorm, ZDF Enterprises,
DVD-VÖ: 29.09.2017
EpisodenListe der Staffel 1:
1. Der verlorene Sohn, 2.Party, 3.Der heilige Krieger, 4.Miss Mai 1988, 5.Die Mädchen aus Ost-Berlin, 6.Kleiner Engel, 7.Flowerpower, 8.Tod eines Untoten, 9.Totenkopf, 10.Zersetzt