Nighthawk – Stadt in Flammen: Is Chicago? Is not Chicago?

Wie so einge Superhelden im Marvel Comic-Universum hat auch Nighthawk seine Karriere als Schurke begonnen. Das war freilich schon Ende der 1960er und ist für die aktuelle Marvel-Serie, die nach den Ereignissen der Secret Wars spielt, ohne Belang. Autor David F. Walker verknüpft die Rassenunruhen in den USA der vergangenen Jahre mit einer gediegenen Action-Story um einen afroamerikanischen Superhelden. Der im März 2017 bei Panini erscheinende Sammelband umfasst alle sechs Ausgaben des „Nighthawk“-Neustarts, welcher in den USA wohl schon wieder eingestellt ist. Lesenswert ist die Story dennoch.

In Chicago treibt ein halbseidener Bauunternehmer sein Unwesen. Um ein Baugelände zu bekommen, auf dem momentan noch Sozialwohnungen vornehmlich für die afroamerikanische Bevölkerung stehen, schreckt der Baulöwe Dan Hanrahan auch vor kriminellen Aktivitäten nicht zurück. Beispielsweise findet Nighthawk heraus, dass er einen Haufen rassistischer Rednecks mit exklusiven Waffen versorgt.

Rednecks mit Knarren

Das aber ist nicht Nighthawks vorrangige Sorge, denn momentan befindet sich der selbsternannte maskierte Rächer namens Revelator auf einem blutigen und tödlichen Feldzug. Zwar ist Nighthawk bei seinen Ermittlungen dank Assistentin Tilda Johnson alias „Nightshade“ und dank eines technisch hochgerüsteten Stützpunktes schon weiter als die Polizei, aber noch ist der Revelator nicht unschädlich gemacht.

In David F. Walkers „Nighthawk“-Serie von 2016 geht es bezüglich der Identität des Helden unübersichtlich zu, denn der ursprüngliche Nighthawk von der Erde ist Kyle Richmond. Der hat aber nach den Secret Wars den Platz geräumt und wird von Raymond Kayne von einer Parallelwelt beerbt, der das irdische Alter Ego des Nighthawk übernommen hat. So geht es bei den Superhelden, nicht nur bei Marvel, gelegentlich zu, wenn Welten fusionieren. Für die Story selbst ist das allerdings herzlich belanglos. Also zum Wesentlichen.

Nachtschwärmer auf Patrouille

Unterstützt von allerlei Technikbrimborium ist David F. Walkers „Nighthawk“ vor allem jemand, der sich handfest einmischt. Kein Wunder also, dass die Serie recht derbe,etwas gewalttätig und auch thriller-mäßig blutig rüberkommt. Dabei kann Walker sein ganzes Wissen, das er über die Blaxploitation-Filme der 1970er und über afroamerikanisches Selbstverständnis erlangte, in einen finsteren Action-Krimi überführen. Das liest sich ausgesprochen locker und spannend weg, auch wenn der eine oder andere Spruch von Assistentin Tilda ziemlich chauvinistisch rüberkommt. Aber auch das ist gewollt. Und im Vergleich zu David F. Walkers anderer aktueller Marvel-Serie „Power Man & Iron Fist“ geht es in „Nighthawk“ deutlich finsterer zu. Vielleicht zu düster für die jugendlichen amerikanischen Comic-Leser?

Das Artwork das bei der Serie im Wesentlichen von dem kalifornischen Zeichner Ramon Villalobos stammt ist stimmig und von Tamra Bonvillain effektvoll in diverse Farbfilter getaucht und eher düster koloriert worden. Zugegebenermaßen ist Villalobos‘ Stil  mit seinen pointilistisch elementierten und relativ statischen Zeichnungen nicht ganz mein Stil, entfaltet aber auch seinen Reiz.

Wer auf hard-boiled Crime oder Action-Thriller steht, wird an „Nighthawk – Stadt in Flammen“ seine Freude habe. Eine solide Story und ein grimmiger Superheld sorgen dafür, dass die Suppe im Melting Pot Chicago nicht überkocht.

Comic-Wertung:7 out of 10 stars (7 / 10)

Nighthawk – Stadt in Flammen
OT: Nighthawk 1-6, Marvel Comics, 2016
Genre: Superhelden, Action, Fantasy, Comicserie
Autor: David F. Walker
Zeichner: Ramon Villalobos, Martin Morazzo, Leonard Kirk
Farben: Tamra Bonvillain
Übersetzung: Horus W. Odenthal
Verlag: Panini Comics, Softcover, 140 Seiten
VÖ: 21.03.2017