Im Grunde ist es komplett überflüssig, an dieser Stelle die Bestsellerverfilmung „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“ vorzustellen. Die im Wesentlichen weilbliche Fanschar hat schon die Trilogie der Buchvorlage von E.L. James in den Bestsellerhimmel und den Vorgängerfilm „Fifty Shades of Grey“ an die Spitze des Box Office katapultiert. Allen Unkenrufen zum Trotz werden die Fans wieder in die Kinos strömen. Insofern ist das hier vielleicht am ehesten der Selbstversuch sich einen Pop-Phänomen zu nähern.
Falls nun jemand überhaupt nicht weiß, worum es geht, hier ein fixer Überblick über die Geschichte von „Fifty Shades of Grey“ und die Rezeption: Eher zufällig lernt die Studentin Anastasia Steele (Dakota Johnson) den Milliardär Christian Grey (Jamie Dornan) kennen, als sie für eine Freundin bei einem Interview einspringt. Grey findet Gefallen an der jungen Frau. Die scheint von seiner Gegenwart leicht irritiert und er schlägt ihr eine Art Sado-Maso-Beziehung vor. Ana lässt sich darauf ein, weil sie von Christian auch fasziniert ist, doch schlussendlich scheitert das Sex-Verhältnis doch an Christans dunklen Begierden, die Ana zu weit gehen. Soweit die Handlung des ersten Buches und auch der ersten Verfilmung von „Fifty Shades of Grey“ aus der Feder der Autorin E.L. James.
Der Hype und die Kritik
Obschon sowohl Buch als auch Film von der Kritik weitgehend verrissen wurden, scherte sich das Publikum wenig darum und las fleißig über die sexuellen Eskapaden des Millionärs und der Studentin. Ursprünglich als „Twilight“-Fan-Fiktion begonnen, entwickelte sich „Fifty Shades“ zu einem weltweiten Bestseller. Der führte bei jungen Frauen und vor allem Frauen über Vierzig zu wahren Begeisterungsstürmen. Daher wird „Fifty Shades“ auch gerne als „Softporno für Muttis“ verspottet. Und auch die Verfilmung setzt auf den anrüchigen Reiz, den sadomasochistische Sexpraktiken noch immer genießen; vor allem in den ungleich prüderen USA, die gleichwohl und bigotter Weise die größte globale Pornoindustrie betreiben.
Inhaltlich ist der vielleicht schwerwiegendste Vorwurf an „Fifty Shades“, dass ein im Grunde missbräuchliche Sexualbeziehung, bei der es auch immer um Machtverhältnisse geht, extrem verharmlosend dargestellt würde. Von der Hand zu weisen ist das sicher nicht, dennoch geht es in „Fifty Shades“ um etwas ganz anderes, aber dazu später mehr.
Die filmische Fortsetzung
Nun also „Fifty Shades of Grey 2 – Gefährliche Liebe“. Im englischen Original mit „Fifty Shades Darker“ betitelt, weist dies sogleich, wohin der Hase in der Fortsetzung laufen soll und deutet etwas zwielichtig an, wie sich die Beziehung wohl entwickeln mag. Aber weit gefehlt: Die Handlung von Teil zwei folgt der Buchvorlage und setzt ein, nachdem Anastasia die Beziehung zu Christian beendet hat. Die junge Frau ist nun Belletristik-Lektorin in einem Verlagshaus und hat sich zu einer selbständigen Frau entwickelt. Doch der Milliardär will Ana zurück und zeigt sich dazu sogar bereit, seine dunklen sexuellen Neigungen hinter sich zu lassen.
Ana gibt Christian eine zweite Chance. Doch dessen Kontrollzwang äußert sich nun auch in alltäglichen Situationen. Ana muss ihre Selbstbestimmung daher ein ums andere Mal behaupten. Christian reagiert eifersüchtig auf Anas Chef Jack Hyde (Eric Johnson), der seiner Assistentin offensichtlich an die Wäsche will. Während gleichzeitig auch aus Christians Vergangenheit Personen auftauchen, die das junge Glück in der „Blümchensex“-Phase stören. Zum einen Christians „Lehrmeisterin“ Elena (Kim Basinger) und zum anderen ein ehemalige Unterwürfige von Christian.
„Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“ ist alles, aber nicht gefährlich. Erstaunlich sind an der Fortsetzung des Bestsellers und Kinokrachers zwei Aspekte. Zum einen die romantische Neuausrichtung der Beziehung und zum anderen die völlige Abwesenheit von Spannungselementen (auch emotionalen), die man aufgrund der Storyelemente und des Titels erwarten durfte. Die Frage ist, was filmisch irritierender ist?
Vollbedienung für Fans
Aber keine Bange, Fans kommen voll auf ihre Kosten. In „Gefährliche Liebe“ werden auch wieder diverse Sex-Toys durchs Bild geschwenkt. Und die romantisch veranlagte Ana ist durchaus gewillt ihrem geliebten Christian ansatzweise zu geben, wovon sie denkt, dass es ihn danach gelüstet. Dazu gibt es dann als musikalische Untermalung „Not Afraid Anymore“ von Halsey. Gerade so als mache das Vertrauensverhältnis einer romantischen Beziehung auch sexuelle Ausflüge möglich. Das Eingehen auf die Wünsche des Partners. Das dramatische Potential dieser Romanze liegt dann in der von Elena formulierten Aussage, Anastasia sei nicht die erste Frau, die versuche Christian zu retten. In wie weit man dieser Prämisse folgen mag, dass der vermeintlich sexsüchtig und sadistisch veranlagte Angebetete gerettet werden kann oder muss, mag jeder für sich selbst beurteilen.
Als tragendes Element dieser Märchenerzählung mit diversen Sexspielzeugen reicht das durchaus hin. Und das ist keineswegs wertend gemeint, sondern lediglich eine Feststellung. Denn im Grunde variiert „Fifty Shades of Grey“ das Märchen von Aschenputtel. Die graue Maus lernt einen Prinzen kennen, oder moderner interpretiert einen Milliardär. Der hat allerdings so seine Macken, weshalb im Palast auch nicht nur eitel Sonnenschein herrscht, sondern auch gelegentlich das Gefühl aufkommt frau sitze im goldenen Käfig. Edvard Muchs „Madonna“ an der Schlafzimmerwand guckt sich das Treiben an und schweigt dann doch. Da hilft dann auch der Traumjob als Belletristik-Lektorin, der gleichfalls eine weibliche Wunschvorstellung und Projektionsfläche ist, nicht unbedingt weiter.
Die Männer hinter der Kamera
Und so erklärt sich auch die Abwesenheit von Spannung. Denn jedes Problem wird von Christian Grey mittels Finanzmacht oder guter Beziehungen auf der Stelle pulverisiert. Egal, ob sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Stalking oder das Behaupten von Anastasias Art von Selbständigkeit. Filmisch wird das von Regisseur James Foley so umgesetzt, dass jedes Spannungselement innerhalb von zwei bis drei Szenen wieder aufgelöst wird. Also bevor sich überhaupt ein Schatten auf die Romanze legen kann. Foley ist ebenso wie Drehbuchautor Niall Leonard auch für den dritten und abschließenden Teil der Trilogie verpflichtet. Mag sein, dass es am Einfluss der Autorin, die auch Leonards Ehefrau ist, gelegen hat (wie gerne mal von der Klatschpresse kolportiert wird). Auf jeden Fall funktioniert das nach den Erzählmechanismen des Märchens und lenkt nicht von der Romanze ab, die schließlich im Vordergrund steht.
Dabei haben sowohl Foley („House of Cards“, „Glengarry Glen Ross“) als auch Leonard, der vor allem für TV-Serien tätig ist („Silent Witness“) durchaus ihre Erfahrungen mit Thrillern und Beziehungen. Foley mit „Fear – Wenn Liebe Angst macht“ in dem er 1996 Reese Witherspoon in eine ungute Beziehung mit Mark Wahlberg schickte. Außerdem mit „Verführung einer Fremden“ (2007), wo Bruce Willis via Internet einer verängstigten Halle Berry auf den Pelz rückt. Auch Niall Leonard hat in der Thriller-Serie „Hautnah – Die Methode Hill“ bewiesen, dass er abgründige Drehbücher schreiben kann. Gerade in der abschließenden Doppelfolge „Unnatürliche Laster“, die die sechste und letzte Staffel des Psychologenthrillers beendete. Darin geht es um einen organisierten, kriminellen Ring von Sadomasochisten.
Das Spiel mit dem Verruchten
Aber für „Fifty Shades of Grey“ ist das alles wenig relevant. Denn hier wird vor allem die Zielgruppe gefüttert, und das ist absolut legitim – nur leider etwas fad und langweilig, sofern man sich nicht dazu rechnet. Weder gibt es die Leichtigkeit einer „Pretty Woman“ (1990) noch die immerhin vorhandene Abgründigkeit sexueller Abhängigkeit von „9 1/2 Wochen“ (1986), obwohl sich „Fifty Shades“ irgendwo auf diesem Spielfeld verorten lässt.
Wie eingangs erwähnt ist der Kinobesuch in diesem Fall auch ein Selbstversuch gewesen. Das Pop-Phänomen „Fifty Shades of Grey“ und seine Attraktivität für bestimmte Publikums-Segmente ist durchaus verständlich. Es lässt sich allerdings nicht nach cineastischen Maßstäben bemessen. Da helfen weder nett fotografierte Maskenbälle, noch ein schmissiger Pop-Soundtrack, der im Ohr hängen bleibt und vielleicht auch als Schlafzimmer-Kuschelmusik brauchbar wäre.
Am Ende stellt sich dann doch die Frage: Was soll der ganze Hype? „Fifty Shades of Grey“ mag ja Aspekte des BDSM-Sex („Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“) in die öffentliche Wahrnehmung gerückt haben, aber im Grund lebt das Phänomen „Schatten von Grau“ vom Mythos des Verruchten ohne je explizit zu werden und ist im Wesentlichen harmlos. So ist auch „Fifty Shades of Grey- Gefährliche Liebe“ vor allem eine handelsübliche, solide fotografierte, seichte Romanze mit ein wenig mehr Fleischbeschau, die mehr oder minder erotisch ausfällt.
Fifty Shades Of Grey 2 – Gefährliche Liebe
OT: Fifty Shades Darker
Länge: 117 Minuten, USA, 2017,
Regie: James Foley
Drehbuch: E.L. James, Niall Leonard
Darsteller: Dakota Johnson, Kim Basinger, Hugh Dancy, Max Martini, Jamie Dornan,
Vertrieb: Universal
Kinostart: 09.02.2017