Als die toughe Polizistin Catherine Cawood in der ersten Staffel von „Happy Valley“ ihre Ermittlungen aufnahm, wurde die BBC-Serie zu Recht hochgelobt. Da auf dem hohen Niveau nachzulegen, ist schon eine Herausforderung für die Serienmacher. Nun ist die zweite Staffel der Thriller-Serie Ende November bei Polyband auf Deutsch erschienen und bietet allen Befürchtungen zum Trotz fesselnde und psychologisch hochspannende Krimiunterhaltung.
Machmal wirkt es, als wäre die Polizistin Catherine Cawood (Sarah Lancashire) ein Magnet für Probleme, dabei war es eigentlich nur ein grausamer Streich dummer Jungs, ein Schaf zu klauen und es derbe zu massakrieren. Doch während der Ermittlungen, bei denen die alleinerziehende Landwirtin Allison Garrs sich zudem noch beschwert, dass ihr erwachsener Sohn Daryl auch verprügelt wurde, stößt Catherine auf einen anderen morbiden Leichenfund: In einer Garage findet sie eine ziemlich entstellte, misshandelte und halbverweste Frauenleiche.
Das bringt selbstverständlich wieder einen Haufen arroganter Großstadtpolizisten in das Städtchen Soverby Bridge und Catherine will nur ihrem alltägliche Dienst nachgehen. Da gilt es eine neue, junge Kollegin einzuarbeiten und sich mit betrunkenen und randalierenden Jugendlichen herumzuschlagen. Doch das Mordopfer ist die Mutter von Tommy Lee Royce (James Norton), eben jenem Psychopathen, der Catherines Familie zerstört hat. Daher ist Catherine bei den Ermittlungen außen vor, ja sie steht sogar unter Verdacht. Dabei suchen die Detectives nach einem Serienmörder, denn der Fall weist Ähnlichkeiten mit anderen Morden auf. Doch die Ermittlungen kommen nicht recht vom Fleck – auch, weil einer der Detectives nicht ganz bei der Sache ist.
Catherines Schwester Clare (Siobhan Finneran), mit der die Polizistin zusammenwohnt, lässt sich auf eine Romanze mit einem alten Bekannten ein und Catherines erwachsener Sohn hat Eheprobleme und zieht wieder zu Hause ein. Als hätte die Polizistin damit noch nicht genug um die Ohren, benimmt sich auch noch ihr Enkel merkwürdig. Denn Royce sitzt zwar im Knast, aber er hat die Aushilfslehrerin Frances Drummond (Shirley Henderson), die ihn regelmäßig besucht, manipuliert. Die setzt dem Kind nun Flausen ins Ohr, denn Tommy Lee Royce ist überzeugt, Catherine Cawood sei für den Tod seiner Mutter verantwortlich.
Die Beiläufigkeit, mit der Catherine ihrer Schwester gleich zu Beginn der zweiten Staffel den grausamen Leichenfund schildert, ist symptomatisch für die ganze Serie: Mit erstaunlicher Leidensfähigkeit bahnt sich die vom Leben gebeutelte Polizistin Catherine, erneut brillant gespielt von Sarah Lancashire, unbeirrbar ihren Weg durch die alltägliche Probleme und größten emotionalen Stress. Und Serienerfinderin Sally Wainwright („Scott & Bailey“) gelingt es, die Figur so glaubhaft und mitten im Leben stehend zu zeichnen, dass der Zuschauer das tägliche Grauen gar nicht erst hinterfragt, sondern sich in die düstere Spirale begibt, die „Happy Valley“ auch in der zweiten Runde entfaltet.
Dabei ist der zugrundeliegende Kriminalfall mit seinen Wendungen dieses Mal nicht ganz so stark konstruiert wie in Staffel eins, aber die Nebenhandlung mit Tommy Lee Royce und seiner willigen Helferin ist zutiefst verstörend und mit faszinierenden Intensität dramaturgisch zugespitzt. Insofern gelingt es Sally Wainwright, die bei vier von sechs Episoden der zweiten Staffel auch selbst Regie führt, das hohe dramatische Niveau der vorangegangenen Staffel zu halten und die Charaktere zugleich weiter zu entwickeln. Dabei führen neue, andere Herausforderungen auch zu unbekannten psychologischen Momenten. Die Kamera ist stets sehr unmittelbar bei den Figuren und mitten im Geschehen. Gleichfalls erstaunlich ist an „Happy Valley“ in der zweiten Staffel, dass diese Entwicklung nicht nur für die Heldin Catherine Cawood gilt, sondern für so ziemlich alle zentralen Charaktere. In dieser Breite ist das auch auf TV-SerienTerrain äußerst selten und trägt sehr zu Nerven aufreibenden Faszination dieser Staffel bei.
Auch die zweite Staffel der hochgelobten BBC-Thriller-Serie „Happy Valley“ überzeugt auf ganzer Linie. Die hochspannende und dramaturgisch ausgefeilte Unterhaltung wirkt vor allem mit glaubhaften und starken Frauenfiguren in düster realistischer Umgebung.
Serien-Wertung: (8,5 / 10)
Happy Valley – In einer kleinen Stadt: Staffel 2
OT: Happy Valley – Season 2
Genre: Serie, Krimi, Drama
Länge: ca. 300 Min. (6 x 50 Min.)
Idee & Drehbuch: Sally Wainwright
Regisseure: Sally Wainwright, Neasa Hariman
Darsteller: Sarah Lancashire, Siobhan Finneran, Charlie Murphy, James Norton
FSK: ab 16 Jahren
Vertrieb: Polyband / BBC
DVD-& BD-VÖ: 28.11.2016