The Time Tunnel: Die deutschen Episoden

Time_Tunnel_vorschauDie wilden Sechziger waren auch für TV-Serien eine feine Phase, um neue Formate auszuprobieren. 1966 kamen in den USA quasi zeitgleich zwei Science-Fiction-Serien heraus, die Kult-Potential besaßen und auch sehr erfolgreich liefen: „Star Trek“, bei uns besser bekannt als „Raumschiff Enterprise“, und „The Time Tunnel“. Während „Star Trek“ immer wieder neu belebt wurde, war für die Zeitreisenden in „The Time Tunnel“ nach 30 Folgen Schluss. In der damaligen Bundesrepublik Deutschland kamen die Fernsehzuschauer erst Jahre später in den Genuss beider Serien. 1971 übertrug die ARD 13 Folgen von „The Time Tunnel“. Nun ist „Die komplette deutsche Staffel“ wieder als DVD erhältlich.

Die beiden amerikanischen Forscher Toni Newman (James Darren) und Doug Phillips (Robert Colbert) sind in der Zeit gefangen, seit sie ihre Erfindung im Selbstversuch auf die Probe gestellt haben. Bei dem Versuch wieder in die Gegenwart zu gelangen, bewegen sich die Forscher orientierungslos durch die Zeit und landen immer wieder zufällig mitten in historischen Ereignissen.

Unterhaltung statt Wissenschafts-Show

time_tunnel_1Ausgelöst wurde diese episodische Zeitreise, weil das geheime, militärische Forschungsprojekt „Tick-Tack“ Besuch von einem Senator aus Washington bekommt der über das Budget des Projekts entscheiden soll. Seit Jahren verschlingt die Forschung in der Wüste Milliarden an Dollar und zeigt doch kein Ergebnis. Zwar haben die Forscher unter der Leitung von Lieutenant General  Heywood Kirk (Whit Bissel) schon Tiere und Gegenstände durch die Zeit transportiert, aber noch keine Menschen.

Tony Newman ergreift die Initiative, bevor seine Erfindung, der Zeit Tunnel, aufs Abstellgleis geschoben wird und geht selbst in den Zeit Tunnel. Das Experiment gelingt und Tony findet sich auf der Jungfernfahrt der Titanic wieder. Im Labor in der Gegenwart gelingt es sogar, eine Tild – und Tonverbindung zu dem Zeitreisenden herzustellen. Doch niemand glaubt Tony, dass das Schiffsinken wird. Um seinem Freund und Kollegen beizustehen, stürzt sich auch Doug Phillips in die Zeitreise. Bewaffnet mit einer Zeitung die den Untergang der Titanic dokumentiert, glaubt er, den Kapitän überzeugen zu können. Wie sich zeigt, vergeblich.

Augenzeugen der Geschichte

Dem Labor fehlt momentan noch die Möglichkeit die beiden Forscher zurückzuholen und um ihr Leben zu retten, transportiert man Tony und Doug im Augenblick der Kollision der Titanic mit dem Eisberg. Aber die Forscher sind in dem Zeitstrudel gefangen und die Bemühungen, dabei zu überleben, sind ebenso vertrackt wie die immer neue Ortung der beiden vom Labor aus.

Serien-Mastermind Irwin Allen hatte mit den beiden Erfolgsserien „Seaview“ (ab 1964) und „Lost in Space“ (ab 1965) bereits die Tiefen der Meere und die Unendlichkeit des Weltalls als Themen gefunden, bevor er sich mit „Time Tunnel“ der Zeitreise zuwandte. Die deutsche Science-Fiction-TV-Serie „Raumpatrouille – die phantastischen Abenteuer des Raumschiffes Orion“ wurde übrigens auch im September 1966 erstmals ausgestrahlt. Das Konzept von „The Time Tunnel“  ist ebenso simpel wie überzeugend und lässt die Helden wie die Zuschauer an diversen historischen Momenten teilnehmen.  Das hört sich jetzt mehr nach Bildungsauftrag an, als „The Time Tunnel“ tatsächlich leisten kann und will, denn die Serie ist als Abenteuer konzipiert und schert sich herzlich wenig um historische Genauigkeit.

Nach Hause Telefonieren durch die Zeit

time_tunnel_6Anders als die Enterprise, die tatsächlich einen Tag später bei einem anderen Sender auf Kurs zu unendlichen Welten ging, um neue Zivilisationen zu erkunden, gibt es bei „Time Tunnel“ keine oberste Direktive, die einen Kontakt oder ein Eingreifen untersagt. Freilich haben sich auch Kirk, Spock und Pille in Gene Roddenberrys Sci-Fi-Serie „Star Trek“ selten daran gehalten, sich nicht einzumischen, aber zumindest wird das Handeln hinterfragt. Bei „Time Tunnel“ dagegen, sind die Forscher Physiker und Ingenieure, Naturwissenschaftler, die vor allem wieder nach Hause in die Gegenwart wollen. Das oberste Ziel ist das eigene Überleben und ob das Eingreifen der Zeitreisenden die Vergangenheit verändert, spielt ebenso wenig eine Rolle wie  die zugrundeliegende Plausibilität der Physik, die die Zeitreisen möglich macht.

Mit solidem Selbstbewusstsein – und wenn man so will einem amerikanischen Überlegenheitsgefühl – bewegen sich Tony und Doug durch ihre Reisen. Und auch General Kirk hat keine Skrupel einen mit Maschinengewehr bewaffneten Soldaten in den Trojanischen Krieg zu schicken. Das mag man aus heutiger Sicht etwas bedenklich finden und auf moderne Weise würde man die Stories heute auch anders anlegen, aber „The Time Tunnel“ funktioniert nicht nur für damalige TV-Verhältnisse, sondern hat noch immer einen spröden Charme, der auch der Produktionsweise geschuldet ist.

Requisiten-Recycling

Denn für die historischen Szenen griff man (angeblich) auf abgelegte Requisiten anderer Filme zurück und schaffte es so, den Studiolook um Außenszenen zu erweitern, die damals sehr imposant gewesen sein mögen, heute aber auch wie seltsame Fremdkörper im Set-Design der Serie wirken. Zum Teil entwickelt das bei genauerem Hinschauen auch unfreiwillige B-Movie-Komik. In der „Troja“-Episode beispielsweise platzt während eines Schwertkampfs mal eben die Bronzefarbe vom Styroporschild und entblößt so die Requisite. Das Labor selbst und auch die Studioszenen mit den Protagonisten sind denen in „Star Trek“ recht ähnlich und sind wohl „State of the Art“, was damalige TV-Serienunterhaltung angeht.

time_tunnel_2In den USA flimmerte „The Time Tunnel“- 1966 und 1967 immerhin schon in Farbe gedreht – 30 Folgen lang über die Bildschirme. Die deutsche Version hat sich 1971 für die Ausstrahlung 13 Folgen herausgepickt, die dann als Serie ausgestrahlt wurden. Von der Pilotfolge, die die Ereignisse in Gang setzt abgesehen, hat man sich dabei nicht einmal an die ursprüngliche Reihenfolge gehalten, was kaum auffällt, da es in Serie zu dieser Zeit keine übergeordneten roten Fäden gab.

Die konkrete Auswahl der Folgen bleibt ein Mysterium, aber die Programmmacher der ARD haben vornehmlich solche Episoden weggelassen, die sich zu sehr mit der amerikanischen Geschichte selbst beschäftigen. Mit Robin Hood, der Französischen Revolution, Marco Polo und den Episoden in der Zukunft sah man das deutsche TV-Publikum besser unterhalten.

Die deutschen Episoden in der ARD

Diese Ausgabe der 13 deutschen Folgen folgt der ursprünglichen Synchronisation und Editierung in der ARD 1971 (Zur Info: Der Sender SAT 1 hatte die Serie vor Jahren neu synchronisiert wiederaufgelegt) was bedeutet, dass in vielen Episoden ein bis zwei Sequenzen fehlen, die in der DVD aber in untertitelter Form in die deutsche Sprachvariante eingefügt sind. In den ersten beiden Folgen sind das vor allem Dialoge, die man als überflüssig erachtete, um das deutsche (werbefreie) Format auf 45 Minuten einzukürzen. Die Synchro selbst ist im Großen und Ganzen sehr gelungen. Warum allerdings Namen geändert wurden, wie etwa in der Titanic-Folge, in der Athena Hall Irene heißt und warum in der Troja-Folge Jupiter (die römische Ausgabe der obersten Gottheit) und nicht Zeus benannt wird, lässt sich nicht mehr klären, ist letztlich auch nicht von großem Belang und nur eine Randnotiz. Bild und Ton sind reastauriert und so lässt sich „The Time Tunnel“ mit neuem Genuss wiedersehen, auch wenn von HD nicht die Rede sein kann.

Wer sich für die Pionierjahre der Science-Fiction-Unterhaltung in TV und Film interessiert, findet in „The Time Tunnel“ eine immer noch unterhaltsame Abenteuerserie, die auch sehr viel Zeitgeist und amerikanisches Selbstverständnis transportiert. Die deutsche Auswahl der Episoden ist nachträglich betrachtet ein wenig eigenwillig, bietet aber einen mehr als repräsentativen Querschnitt durch die Kultserie“. Wenn man sich nicht an das englische Original-herantraut, ist diese DVD-Box sehr empfehlenswert.

Serien-Wertung 7 out of 10 stars (7 / 10)

4052912671423_time_tunnel_2d_300dpiThe Time Tunnel – die komplette deutsche Staffel von 1971
OT: The Time Tunnel, 1966/67
Genre: TV-Serie, Sci-Fi, Geschichte
Länge: ca. 650 Minuten, Episoden ca 45 Minuten
Idee: Irwin Allen
Regie: Irwin Allen, Nathan Juran, Sobey Martin, et al.
Darsteller: Robert Colbert, James Darren, Whit Bissel,
Bonusmaterial (Ca. 80 Minuten):  die Originalsynchronisation der ARD von 1971, UT: Englisch für Hörgeschädigte, Alle deutschen Vor- und Abspänne, Original US Vorschau-Trailer (OF), Original US TV-Trailer (OF), Interviews mit den Hauptdarstellern (OF), Fotogalerien & Produktionsskizzen
FSK: ab 12 Jahren
Vertrieb: Studio Hamburg Enterprises
DVD-VÖ: 27.05.2016

Episodenübersicht:
01. Wiedersehen mit der Vergangenheit (Rendezvous with Yesterday)
02. Das Trojanische Pferd (Revenge of the Gods)
03. Neun Stunden Frist (Crack of Doom)
04. Geheimwaffe A-13 (Secret Weapon)
05. Die Nacht der langen Messer (The Night of the Long Knives)
06. Im All wartet der Tod (One Way to the Moon)
07. Billy the Kid (Billy the Kid)
08. Stadt des Schreckens (Town of Terror)
09. Die Piraten der Toteninsel (Pirates of Dead Man‘s Island)
10. Der Angriff der Mongolen (Attack of the Barbarians)
11. Die Mauern von Jericho (The Walls of Jericho)
12. Robin Hood (The Revenge of Robin Hood)
13. Die Jagd durch die Zeit (Chase Through Time)