1864 – Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges

Für unsere dänischen Nachbarn war der deutsch-dänische Krieg von 1864 ein einschneidendes Ereignis, das manchmal sogar als nationales Trauma bezeichnet wird. Anlässlich des 150. Jahrestages entstand die bislang teuerste dänische TV-Serie „1864 – Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges“ und Filmmacher Ole Bornedal musste dafür in der Heimat einiges an Kritik einstecken. Nun ist die sehenswerte und hochkarätig besetzte Serie auch hierzulande als DVD und Blu-ray bei Studio Hamburg erschienen. Ein lebendiger Ausflug in die Vergangenheit.

Für die beiden Brüder Laust (Jakob Oftebro) und Peter (Jens Saetter-Lassen), die in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf der dänischen Insel Fünen aufwachsen, ist das Leben vor allem ein großer Spaß. Als Kinder eines Landarbeiters leben sie auf einem Gutshof und freunden sich mit Inge (Marie Tourell Søderberg) an, der Tochter des Verwalters. Im Jahr 1851 kehrt dann ihr Vater aus dem dreijährigen Krieg um die Herzogtümer Schleswig und Holstein zurück. Auch Didrich (Pilou Pilou Asbæk), der Sohn des Gutsherrn kommt aus dem Krieg heim, ist aber erschüttert von den Erlebnissen.

Als Jugendliche verlieben sich beide Brüder in Inge und heimlich fängt sie mit Laust eine Beziehung an. Der hat sich zu einem schmucken Jüngling entwickelt und ist der Schwarm aller Mädchen. Sein Bruder Peter hingegen ist ein wissbegieriger junger Mann geworden, der studieren will. Didrich, der selbst ein Auge auf die lebenslustige Inge geworfen hat, versucht dem Jungen das Leben schwer zu machen.

Doch dann ändert sich die politische Lage in Dänemark. Denn im Herzogtum Schleswig, das zwar zum Dänischen Königreich gehört, aber eine gewisse Unabhängigkeit besitzt, hat sich die Lage nicht wirklich beruhigt und wieder werden Stimmen laut, die Schleswig lieber im Deutschen Bund sähen. Das dänische Parlament unter König Christian IX. verabschiedet 1863 die Novemberverfassung und bezieht Schleswig so faktisch ganz in das Dänische Reich ein. Daraufhin kommt es zu diplomatischen Verwicklungen mit Preußen. Angesichts des dreijährigen Krieges ist man sich in Dänemark sicher, die „Schleswigfrage“ nun ein für alle Mal klären zu können; wenn es nötig werden sollte, sogar durch einen Krieg.

Die Schleswigfrage

Auf preußischer Seite ist man nicht gewillt, das einfach so hinzunehmen. Der preußische Ministerpräsident Otto von Bismarck (Rainer Bock) ist verwundert, wie leichtfertig Dänemark den Frieden aufs Spiel setzt. Als es 1864 zum Krieg kommt, ist auch das Gut in Fünen davon betroffen und Laust, Peter und Didrich ziehen in den Krieg, der nicht so verläuft, wie die Dänen sich das vorgestellt haben.  In der Hauptstadt Kopenhagen, die weit vom Kampfschauplatz entfernt ist, ist der Kriegswille ungebrochen und Regierungschef Monrad (Nicolas Bro) schürt die Stimmung weiter. Währenddessen  sterben in Schleswig immer mehr Soldaten, und es zeichnet sich eine desaströse Niederlage Dänemarks ab.

Aus dramaturgischer Sicht gelingt es Regisseur und Drehbuchautor Ole Bornedal mit der Geschichte zweier junger Brüder eine lebendige und fesselnde Geschichte zu erzählen. Das erinnert in seiner Fiktionalisierung vielleicht auch an den deutschen TV-Mehrteiler „Unsere Mutter, unsere Väter“ und hat durchaus hohen Unterhaltungscharakter. Der Gutshof auf Fünen spielt dabei eine zentrale Rolle und stellt auch den Bezug zur Gegenwart her. Die junge Claudia (Sarah-Sofie Boussnina), die im Afghanistankrieg ihren Bruder verloren hat und ziemlich von der Rolle ist, versorgt eher widerwillig und als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme einen einsamen, alten Mann, der dort lebt. Die beiden finden einen Kontakt, indem sie aus alten Briefen lesen, die von Peter und Laust erzählen.

Ungebrochener Kriegswille der Herrschenden

Für die historischen Fakten des Deutsch –Dänischen Krieges stützt sich Bornedals Miniserie auf das Sachbuch „Schlachtbank Dübbel“ (Auch auf Deutsch erschienen) des dänischen Historikers Tom Buk-Swienty. Und die Schrecken des Krieges werden zwar drastisch aber nicht überdramatisiert dargestellt. Für einige historische Fehler oder auch Ungenauigkeiten  wurde die Serie in Dänemark scharf kritisiert, aber beim Zuschauen fällt das eigentlich kaum ins Gewicht. Viel eher deutet das wohl auf eine Stellvertreter-Kritik hin, weil Bornedals Charakterisierung der politischen Klasse und der siegestaumligen Stimmung in Dänemark schon auf die Spitze getrieben ist und durchaus kritisch ausfällt. Wer sich fundiert über den Deutsch-Dänischen Krieg informieren will, kann das in Sachbüchern tun oder für den Anfang mit dem Wikipedia-Eintrag vorlieb nehmen.

Als historisches Drama funktioniert „1864 – Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges“ auf hohem Niveau und mit großartiger Besetzung. Die Erzählstruktur ist ziemlich modern und bietet so auch genügend Identifikationsfläche für ein jüngeres Publikum. Quasi als personalisierter Geist des Krieges wandert der übersinnlich begabte Veteran Johann (Sören Malling) durch die Schlachtfelder.  Auch die Schauwerte, von der idyllische Landschaft Fünens bis zu den Schlachtszenen, wissen zu überzeugen. Da merkt man der Produktion das Budget von 23 Millionen Euro an, die „1864“ zur teuersten dänischen Filmproduktion machen. Der Erfolg bei den dänischen Zuschauern blieb auch nicht aus und sorgte für beachtliche Quoten: 67% des Publikums hat die Serie verfolgt. Und anders als bei den Kritikern waren die Reaktionen durchaus positiv.

Für Dänemark war die Niederlage von 1864 ein einschneidendes Ereignis und der letzte große Krieg, danach spielte das Königreich machtpolitisch in Europa und in der Welt faktisch keine Rolle mehr, wohl aber mussten die Bewohner Schleswigs im ersten Weltkrieg für die ungeliebten Deutschen in den Krieg ziehen. So vergessen der Konflikt, immerhin Bismarcks erster Krieg, außerhalb Dänemarks auch sein mag, die Geschichte ist universell. „1864 – Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges“ ist ein starkes, spannendes und empfehlenswertes Serienformat.

Film-Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

1864 – Liebe und Verrat in Zeiten des Krieges
OT: 1864
Genre: Historie, Drama,  TV-Serie
Länge: 400 Minuten, DK 2014
Regie und Buch: Ole Bornedal
Darsteller: Pilou Asbæk, Marie Tourell Søderberg,  Sarah-Sofie Boussnina, Søren Malling, Jakob Oftebro, Lars Mikkelsen, Jens Saetter-Lassen
Vertrieb: Studio Hamburg Enterprises
DVD- & BDS-VÖ: 25.09.2015

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